Rechnungshof schockiert die Räte

Wittlich · Stadtrat und Wittlichs Bürgermeister geben nicht auf. Sie wollen herausfinden lassen, ob der Rathausneubau wirtschaftlicher ist als die weitere Anmietung von Flächen im Rathaus. Der Landesrechnungshof ist der Meinung, dass ein Neubau nicht notwendig ist.

 Zu teuer für die Stadt Wittlich? Rund zehn Millionen Euro soll das neue Rathaus kosten. Der Landesrechnungshof Rheinland-Pfalz hält den Bau in der Oberstadt für überflüssig. Foto: I-Stock

Zu teuer für die Stadt Wittlich? Rund zehn Millionen Euro soll das neue Rathaus kosten. Der Landesrechnungshof Rheinland-Pfalz hält den Bau in der Oberstadt für überflüssig. Foto: I-Stock

Wittlich. Der Brief der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) Trier traf Wittlichs Bürgermeister Joachim Rodenkirch wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Das Schreiben aus Trier ist eine Zusammenfassung eines Briefs des Landesrechnungshofs. Quintessenz der Nachricht: Die Nikolaus-Koch-Stiftung als Vermieterin der Unterkunft von Stadtverwaltung und Stadtwerken möchte künftig nur noch sieben Euro Kaltmiete pro Quadratmeter haben.
Bisher sind es 9,71 Euro. Aufgrund dieses neuen Mietpreises erübrigen sich eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung des Rathausneubaus und das Vorhaben insgesamt. Die Verwaltung solle weiter im Stadthaus untergebracht bleiben (der TV berichtete).
"Ich bin schockiert", sagt angesichts dieser Entwicklung Bürgermeister Joachim Rodenkirch bei einem Pressegespräch im Alten Rathaus. "Es ist ärgerlich, dass sich der Rechnungshof nicht an das abgesprochene Verfahren hält", sagt er. "Es sei nicht in Ordnung, wie mit der Stadt umgegangen wird."
Bereits 500 000 Euro Kosten


Auch die Fraktionsvorsitzenden im Stadtrat sind unabhängig von ihrer politischen Gesinnung unzufrieden. Elfriede Meurer (CDU) verweist darauf, dass die Stadt das Stadthaus gekauft hätte, dies jedoch an den überzogenen Preisvorstellungen der Stiftung gescheitert sei. Joachim Gerke (SPD) erinnert daran, dass sich aufgrund der aktuellen Beschlusslage die Frage nach einem Mietpreis derzeit gar nicht stellt. So wie seine Kollegen und Bürgermeister Joachim Rodenkirch besteht er darauf, dass es eine Wirtschaftlichkeitsberechnung und eine Nutzwertanalyse für das Neubauprojekt gibt. Unabhängig von einem Schreiben des Landesrechnungshofs an die ADD, das der Stadt nicht vorliegt.
Michael Wagner (Bündnis90/Grüne) bringt den Inhalt des Schreibens für sich so auf den Punkt: "Sieben Euro Kaltmiete wiegen stärker als das Ergebnis eines Wirtschaftsgutachten? Das kann nicht sein." Für die FDP fragt Karl-Heinz Grünfelder: "Wie sollen wir den Menschen in der Stadt erklären, was hier geschieht?" Und Klaus Petry (FWG) ist der Ansicht, dass das Land sich wohl den 70-prozentigen Zuschuss zu den Baukosten sparen möchte. "Das Land ist auf Euro-Klau, um die Finanzfront aufrecht zu erhalten."
Sollte es kein neues Rathaus geben, sind in den vergangenen Jahren nach erster Schätzung wohl rund 500 000 Euro umsonst ausgegeben worden. Hinzu kämen weitere Zahlungen. Unter anderem an den Architekten wegen dessen entgangenen Gewinns.
Wie geht es nun weiter? Die Stadt will laut übereinstimmender Aussage das Wirtschaftsgutachten beauftragen. Die Zählungen für das Parkraumgutachten beginnen vermutlich Ende Februar/Anfang März. Zudem will Bürgermeister Rodenkirch gemeinsam mit seinem Amtskollegen aus Wittlich-Land, Christoph Holkenbrink, mit Innenminister Roger Lewentz sprechen.
Der Minister entscheidet letztlich über die Gewährung des Landeszuschusses. Beide Bürgermeister hofften auf den Bau des neuen Rathauses, sagt Rodenkirch. Einerseits wegen der angestrebten Zusammenarbeit, andererseits wegen der Raumnot in beiden Behörden.Meinung

Eine neue Chance
Es ist verständlich, dass die Wittlicher Räte und der Bürgermeister darüber klagen, dass der Landesrechnungshof den Bau eines neuen Rathauses für überflüssig hält. Zumal die Wittlicher in den vergangenen Monaten stets kooperativ waren. Schade um die viele Arbeit und das viele Geld, das in den Wunsch nach einem repräsentativen Bau gesteckt worden ist. Statt nun Trübsal zu blasen oder mit dem Kopf durch die Wand zu wollen, werden Bürgermeister Rodenkirch und seine Stadträte gut daran tun, mit der neuen Situation umzugehen. Und die sieht nach aktuellem Stand so aus: Die Verwaltung bleibt da, wo sie ist. Und die Stadt muss möglicherweise für eine weitere Brachfläche im Zentrum eine sinnvolle Verwendung finden. Schotterparkplätze sind jedenfalls aus Dauer keine Impulse für eine Kernstadt mit Leerstandsproblem. Diese Flächen sollten als Chancen verstanden werden. Das Grundstück in der Kurfürstenstraße ist ein Filetstück, aus dem sich - auch ohne dass die Stadt selbst etwas baut - viel machen lässt, um die Innenstadt zu beleben. In Bitburg hat man mit einem Investorenwettbewerb gute Erfahrungen gemacht. Angesichts der Größe und Bedeutung Wittlichs und der guten Lage des Grundstücks wäre alles andere als eine Reihe von ambitionierten Investoren, die dort ihre Vorstellungen umsetzen wollen, verwunderlich. h.jansen@volksfreund.de

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