Rechts ist überall

Rechtsextreme Einstellungen gibt es im gesamten Bundesgebiet, auch in der Region. Im Wittlicher Haus der Jugend stellte Experte Herbert Heitland Strategien vor, mit denen Rechtsextreme vor Ort agieren. Viele erkennt man erst auf den zweiten Blick.

Sie tragen Bomberjacken und Springerstiefel, haben kahlrasierte Köpfe und grölen Naziparolen. So oder so ähnlich stellt man sich die Rechten vor, die - dem Gefühl nach vornehmlich in den neuen Bundesländern - immer wieder für Schlagzeilen sorgen. Doch die Messer-Attacke auf den Passauer Polizeichef mit einem mutmaßlich rechtsextremen Hintergrund, das rechte Skinhead-Konzert Ende September in Wittlich-Bombogen oder der Versuch, im Hunsrück ein Schulungszentrum der Rechten zu etablieren, zeigen deutlich: Rechtsextreme Einstellungen gibt es überall und quer durch alle Gesellschaftsschichten.

Und die Strategien der rechten Szene werden immer schwerer durchschaubar. Die "neuen Rechten" geben sich inzwischen bürgernah und unauffällig, organisieren Straßenfeste und sitzen in Elternräten. Besonders Jugendliche sind gefährdet, in den Rechtsextremismus abzurutschen. Im Rahmen einer Informationsveranstaltung präsentiert Herbert Heitland vom Landesjugendamt zahlreiche Beispiele rechter Einflussnahme auf junge Menschen. Eingeladen sind "Multiplikatoren" aus den Bereichen Schule, Jugendarbeit und öffentlichem Leben. Neben Lehrern, Ortsbürgermeistern und Elternvertretern kommen aber auch viele junge Besucher ins Wittlicher Haus der Jugend. Eine Gruppe des Cusanus-Gymnasiums ist dabei, "um sich zu informieren - freiwillig", wie die Schülervertreter betonen.

Rechtsextreme wissen, was junge Leute wollen

"Musik, Internet, Lifestyle, dass sind Themen, die die Jugendlichen interessieren", sagt Heitland, der als Leiter des Projekts "(R)auswege", Aussteiger aus der rechten Szene betreut. "Das hat keine Gruppierung besser erkannnt als die Rechten." Beliebt sind sogenannte "Schulhof-CDs" der NPD: Rechtlich nicht zu beanstanden, aber vollgepackt mit der gesamten Bandbreite rechter Musik.

Auf einem selbstgebrannten "Party-Sampler" hat Heitland das Stück "DJ Adolf - Es spricht der Führer" entdeckt - Stücke aus Hitlers Nazi-Propaganda, unterlegt mit den Rap-Melodien des schwarzen US-Rappers 50 Cent. Einige der anwesenden Jugendlichen grinsen, sie kennen das Lied. "Wo ist die Grenze zwischen Parodie und Ernst?", will einer der Anwesenden wissen. Was die einen einfach nur lustig finden, falle vor allem bei unsicheren Jugendlichen auf fruchtbaren Boden, weiß der Experte. Wer Anerkennung sucht, findet sie in rechtsex tremen Gruppen. Außerdem, so Heitland, ist es gegenüber den Mitschülern "cool" und gegenüber den Eltern provokativ, verbotene Songs zu hören.

Rechte Inhalte finden sich auch massenhaft und nur auf den zweiten Blick also solche erkennbar im Internet. So existiert mit "Metapedia" ein Klon der Enzyklopädie Wikipedia im Netz, der Nazi-Ideologie pur vermittelt. "Vor allem Menschen mit geringer Bildung glauben, dass die Seiten im Internet auf ihre Richtigkeit geprüft werden", sagt Heitland.

Den Anwesenden rät er, auf keinen Fall wegzusehen, wenn sie bei ihrer Arbeit auf Rechtsextremismus stoßen. Informationen und Hintergründe brächten dabei mehr als elterliche Moralpredigten. Heitland: "Sinnvoll ist eine Balance zwischen Ignorieren und Dramatisieren."

Kindernachricht: Was ist eigentlich "rechts"?
(eg) "Rechtsextreme" oder kurz "Rechte" sind Leute, die, das steckt schon im Wort, extrem sind. Sie haben eine extreme politische Einstellung und lehnen die Demokratie, die Grundordnung in Deutschland, ab. Rechte glauben zum Beispiel, dass Deutsche mehr wert sind als andere. Sie verachten Menschen, die aus dem Ausland kommen und die eine andere Hautfarbe oder Kultur haben.

Das Wort "rechts" hat sich im Lauf der Zeit entwickelt. Politische Parteien, die es wichtig finden, dass viele Dinge bleiben, wie sie sind, und einen mächtigen Herrscher im Staat wollen, sitzen im Parlament traditionell auf den Plätzen ganz rechts.

Die Rechtsex tremen werden auch Neonazis genannt. "Neo" kommt aus dem Griechischen und heißt übersetzt "Neu". Für die Rechten ist eine Zeit, die Herrschaft der Nationalsozialisten, kurz Nazis, besonders wichtig. Diese hatten vor mehr als 60 Jahren in Deutschland das Sagen. Unter ihrem Anführer Adolf Hitler haben sie den Zweiten Weltkrieg begonnen. Damals wurden Millionen Menschen umgebracht. Also sind Neonazis "neue Nazis".

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