Sachlichkeit statt Emotionen

Anne-Dorothee Bose, Galeristin in Wittlich und zweite Vorsitzende des Georg-Meistermann-Museumsförderkreises, und das Vorstandsmitglied des Förderkreises Jürgen Waxweiler, Bildhauer in Traben-Trarbach, nehmen Stellung zum CDU-Antrag um Ausstellungen in der Stadt Wittlich. In deren Zuge haben angebliche "Nazi-Verstrickungen" von Hanns Scherl für Wirbel gesorgt.

 Das Georg-Meistermann-Museum im Alten Rathaus Wittlich, dessen Arbeit von einem Freundes- und Förderkreis unterstützt wird. TV-Foto: Sonja Sünnen

Das Georg-Meistermann-Museum im Alten Rathaus Wittlich, dessen Arbeit von einem Freundes- und Förderkreis unterstützt wird. TV-Foto: Sonja Sünnen

Wittlich. "Die verschiedenen TV-Beiträge zum CDU-Kunstantrag werfen viele Fragen auf", schreiben Anne Bose und Jürgen Waxweiler. Die so genannte "geheime Scherl-Debatte" habe bekanntermaßen ihren Ursprung in dem CDU-Kunstantrag. Und "statt mit dem Museumsleiter direkt zu sprechen, wurde ihm über die Presse mitgeteilt, welche Künstler er laut CDU-Kunstantrag in den nächsten fünf Jahren auszustellen habe". Die beiden Aktiven im Georg-Meistermann-Museumsförderkreis sind der Meinung: "Zu offenkundig geht es hier nicht nur um eine politische Einflussnahme auf die Kulturarbeit, sondern um die Instrumentalisierung der Kunst und Kultur für die kommenden Bürgermeister- und Kommunalwahlkämpfe. Statt mit Qualität zu punkten und mit überregionaler Strahlkraft zu überzeugen, will man sich per CDU-Kunstantrag mit Heimatkünstlern (Scherl, Schöfer, Schulze) im Meistermann-Museum und Synagoge beim Wahlvolk andienen." Jedoch sei der Museumsleiter laut dienstlichem Aufgabenprofil verpflichtet, "sich eindeutig für eine fachlich qualifizierte Kultur- und Museumsarbeit auf hohem Niveau einzusetzen". Dieser hohe Qualitätsanspruch sei auch "die zentrale Voraussetzung für die Gründung des Georg-Meistermann-Museums, der Städtischen Galerie für Moderne Kunst und folglich für die Einstellung eines fachlich kompetenten Kulturamts- und Museumsleiters" gewesen. So belege der "internationale Ausstellungskalender der Frankfurter Allgemeinen Zeitung mehrfach", dass es dem Kulturamtsleiter Justinus Maria Calleen in seiner siebenjährigen Museumsarbeit gelungen sei, das "Wittlicher Meistermann-Museum neben führende Museen der Welt zu positionieren".Und wer ausgestellt werden solle, müsse sich an Leben und Werk von Meistermann messen lassen. "Genau da liegt das Problem bei Hanns Scherl", schreiben Anne Bose und Jürgen Waxweiler: "Seine volkstümliche Kunst ist nur von regionaler Bedeutung und hat niemals Anschluss an die Kunst der Gegenwart gefunden. Bei den meisten Werken handelt es sich um gefällige Auftragswerke." In diesem Sinne attestiere der Freund und Scherl-Experte Jürgen Wichmann im Katalogtitel von 1975 Scherl "eine heile Bilderwelt". Die Galeristin und der Bildhauer argumentieren: "Eine künstlerisch eigenständige Auseinandersetzung mit den aktuellen, kritischen Themen seiner Zeit führte Scherl nicht. Dass Leben und Werk nicht voneinander zu trennen sind, zeigen die völlig unterschiedlichen Biografien von Scherl und dem ein Jahr jüngeren Meistermann in der Zeit des Nationalsozialismus. Einen solchen Sachverhalt kann man nicht unter den Teppich kehren, wenn es um eine Ausstellung im Meistermann-Museum geht. Der eine führte die Existenz eines verfemten Künstlers, während der andere sich in den Dienst der neuen Machthaber stellte." Erste "Scherl-Debatte" bereits im Jahr 1989

Das Wirken Scherls in der Zeit des Nationalsozialismus sei 1989 schon einmal Gegenstand kontroverser Diskussionen in Wittlich gewesen, in dessen Ergebnis Scherl nicht mit der Ehrenbürgerschaft der Stadt Wittlich, sondern nur mit einer Ehrenplakette bedacht worden sei. Die Stellungnahme schließt mit den Worten: "Auch hier hat sich gezeigt, dass mit einer sachlichen Diskussion mehr erreicht werden kann als mit Emotionen." Im öffentlichen Teil der Kulturaussschusssitzung am Montag, 21. Mai, ab 18 Uhr, soll auch über den "CDU-Ausstellungs-Antrag" beschlossen werden.

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