Schulleitung in der Kritik

Fünftklässler an der Realschule plus in Salmtal wurden von älteren Schülern mehrfach mit dem Unterleib gegen Laternen gestoßen. "Stängeln" nennt sich diese Körperverletzung. Eltern haben die Polizei eingeschaltet (der TV berichtete). Sie sagen, die Schule habe nicht ausreichend informiert.

 Schulleiter Peter Riedel fühlt sich zu Unrecht kritisiert. TV-Foto: Sonja Sünnen

Schulleiter Peter Riedel fühlt sich zu Unrecht kritisiert. TV-Foto: Sonja Sünnen

Salmtal/Wittlich. "Für mich ging fast die Welt unter". Die Mutter, die das sagt, hat erst vor kurzem erfahren, was ihr Kind erleiden musste. Der Junge war von Mitschülern an Armen und Beinen hochgehoben und bei gespreizten Beinen gegen einen Laternenmast gestoßen worden. Der Junge hat geschwiegen, genau wie seine Leidensgenossen. Drohungen wie "Wenn du was sagt, dann bist du weg oder du erkennst dein eigenes Gesicht nicht wieder" haben den Opfern Angst gemacht. Manches Kind schweigt immer noch. Dasselbe gilt für Eltern, die um die Sicherheit ihres Kindes fürchten, oder fürchten, dass es Nachteile in der Schule hat. Sie wollen deshalb anonym bleiben, erheben aber schwere Vorwürfe gegen die Schulleitung.

Dabei wissen die Eltern der Schüler der betroffenen unteren Klassen offiziell nichts vom "Stängeln". "Wir haben gefordert, dass es einen Elternbrief an alle unteren Klassen gibt. Das hat die Schulleitung abgelehnt", sagen Betroffene, die durch selbst organisierte "Telefonketten" informiert wurden. "Da bringt ein Kind den Mut auf und redet drüber, und es passiert nix", sagt eine Mutter und: "Ich hätte erwartet, dass man von der Schule angerufen wird. Das ist doch keine Lappalie!" Bis heute habe sich die Schule nicht dazu bewegen lassen, etwa einen Elternabend zu den doch schwerwiegenden Vorfällen zu organisieren.

Schulleiter Peter Riedel entgegnet dazu: "Wir wollten die im Schulumfeld bestehende Hysterie nicht noch mit einem Elternbrief oder -abend verstärken. Die Eltern, die es angeht, sind alle informiert und stehen, wenn gewünscht, in Kontakt mit mir und der Schul-Sozialarbeiterin." Das Vorgehen der Schule sei mit dem Schulelternbeirat abgestimmt. Die Schule verharmlose nichts und stelle seit den Herbstferien sicher, dass sich derartige Fälle nicht wiederholen würden.

"Wir haben der Schule die Chance gegeben zu reagieren. Als zu wenig passierte, sind Eltern zur Polizei gegangen, obwohl die Schule davon abgeraten hat", sagt eine Betroffene und: "Die Täter werden mehr geschützt als die Opfer."

"Die Schule wollte in erster Linie nur ihren guten Ruf wahren", sagt eine andere Frau. Dabei hätten Opfer nicht nur unter den körperlichen Folgen gelitten.

Schlimm sei die Angst, noch mal "rangenommen" zu werden. Manch einer versteckte sich in den Pausen auf der Toilette, andere hätten vor dem Unterricht erbrochen oder wollten nicht mehr mit ihren Peinigern im Bus fahren.

Allein die Polizei habe umfassend reagiert. Sie sei feinfühlig mit den Kindern umgegangen, habe den Opfern wieder Sicherheit gegeben: "Ein dickes Lob an die Polizei. Die haben uns ernst genommen und unterstützt." Man vertraue darauf, dass dank der Ermittlungen "die, die unseren Kindern das angetan haben, nicht ohne Konsequenzen davonkommen".

Schon vor Jahren haben Schüler an der Realschule plus Kinder der unteren Klassen gestängelt. Das bestätigen zwei Ex-Schüler. Tabu war das Thema jahrelang. Vor den Herbstferien dann hat ein Junge beim Arzt sein Schweigen gebrochen. Seitdem ermittelt auf Elterninitiative die Polizei. Sie kennt bislang zwölf Geschädigte. In der Realschule plus gibt es fünf fünfte Klassen mit 100 Schülern. Wie viele Kinder bereits Opfer der Repressalien wurden, weiß keiner. In einer der fünf Eingangsklassen sollen sich zehn Jungen auf Nachfrage gemeldet haben.

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