Stadt am Fluß: Man trägt Bauhelm in Wittlich

Wittlich · Seit zwei Wochen rollen die Bagger vor dem Platz an der Lieser in Wittlich. Das bringt Probleme mit sich, macht so manchem Einzelhändler aber auch ein bisschen Spaß. Ein Rundgang durch das Getöse der Baustelle.

Stadt am Fluß: Man trägt Bauhelm in Wittlich
Foto: Klaus Kimmling

Mit lautem Scheppern wühlt sich der Stahlbohrer in einen Gesteinsbrocken. Immer wieder gesellt sich dazu ein Piepsen. Dann fährt der Lastwagen, der die Überreste des ehemaligen Hochbeetes abtransportiert, rückwärts. Das sonore Brummen des Baggers hat dem Scheppern und Piepsen nur wenig entgegen zu setzen.

Ja, so eine Baustelle macht Lärm. Das ist wie überall sonst auch derzeit am Lieserufer so. Seit zwei Wochen tragen Arbeiter einen Teil der Feldstraße ab, sie soll in Richtung Altstadt verlegt werden (der TV berichtete mehrfach). Das mache Probleme, sagt Jürgen Werner, Inhaber des Restaurants Carpe Diem. "Bei dem Lärm setzt sich keiner draußen hin." Trotz angenehmer Frühlingstemperaturen sind auf der Terrasse des Lokals nur wenige Tische besetzt. "Das Hauptproblem ist der Bauzaun", sagt Werner. Der versperrt die Wege so, dass jeder der vom großen Rommelsbach-Parkplatz kommt oder dorthin will, einen großen Bogen laufen muss. Das schrecke die Laufkundschaft ab, glaubt Werner.

Eher logistischer Natur sind dagegen die Sorgen von Jürger Herber. Er führt ein kleines Elektro-Geschäft gleich nebenan. Seit die Feldstraße und der Stich zur Himmeroder Straße gesperrt sind, hätten es Kunden und Lieferanten schwer, Herber zu finden. Insbesondere an Markttagen sei kein Durchkommen. "Dann sind Neustraße, Oberstraße und Marktplatz gesperrt", sagt Herber. Besucher müssten also durch die Himmeroderstraße kommen. Die ist aber eine Einbahnstraße, eine Durchfahrt in Richtung Markt und zu Herbers Geschäft ist nicht möglich. Er hat den Stadtoberen schon vorgeschlagen, wenigstens an den Markttagen die Einbahnstraße aufzuheben. "Das wäre aus meiner Sicht nicht viel Aufwand." Eine Antwort auf seine Bitte hat er noch nicht bekommen.

Selbst geholfen hat sich Axel Mertes vom Weingut Mertes in der Himmeroder Straße. An einer Absperrung in der Nähe der Synagoge haben er und andere Winzer Schilder angebracht, die den neuen Weg erklären. Es scheint zu funktionieren, die Kunden finden sich zurecht. "Der eine oder andere klagt über den Umweg, sonst hören wir wenig", sagt Mertes. Er hätte sich gewünscht, dass die Initiative vom Bauträger ausgegangen wäre. "Solche Hinweisschilder müssen aus einer Hand kommen und einheitlich gestaltet sein."

Dennoch zeigen sich die Geschäftsleute meist versöhnlich. Jürgen Werner vom Carpe Diem meint: "Das hier war gewusst. Und es hilft ja nichts, es muss gearbeitet werden." Auf lange Sicht, glaubt er, wird er profitieren. "Wenn die Anlage zum Ufer hin erst mal fertig ist, kommen sicher mehr Gäste."

Seine Nachbarin Ingrid Schmidt freut sich nicht nur aufs Ergebnis, sie kann auch der Baustelle selbst einiges abgewinnen. "Es ist viel mehr Leben auf dem Platz, irgendwie lustig. Eine gute Stimmung", sagt die Besitzerin einer Mode-Boutique.

Und sie ist nicht der einzige Einzelhändler hier, den die Baustelle in gute Stimmung versetzt. In direkter Nachbarschaft des Getöses von Bohrer, Lastwagen und Bagger, betreibt Christian Brauch eine Apotheke. Er befürwortet das Projekt Stadt am Fluss und glaubt, dass auch andere Wittlicher ihre Skepsis bald verlieren werden. "So langsam kommt die Erkenntnis, dass das schön werden könnte." Am Treiben vor seiner Tür hat er offenbar Spaß. "Sehen Sie mal, jetzt wäre der Bagger fast gekippt!", ruft er - sichtlich amüsiert.

Die Baustelle wird zum Theater. Was man zur Vorstellung trägt, weiß Ingrid Schmidt. Sie hat ihre Schaufensterpuppen nicht nur mit Sommerkleidern, sondern auch mit Warnwesten und Bauhelmen ausstaffiert. Baustelle? Ja, bitte. Aber mit Stil!

Extra: Kein Anlass zum Zweifeln Zwei Wochen nach Baubeginn geht die Stadt Wittlich nach wie vor davon aus, die angepeilten 2,5 Millionen Euro Baukosten einhalten zu können. Man habe allerdings noch nicht alle Aufträge vergeben - bis eine endgültige Summe feststeht, werde es deshalb noch dauern. Auch der Zeitplan könne wohl eingehalten werden: "Derzeit gibt es keinen Anlass, die Fertigstellung der Verlegung in Frage zu stellen", sagt Jan Mußweiler, Sprecher der Stadt.

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