Stadt schreibt rote Zahlen - Wittlich hat mehr Einnahmen und rutscht trotzdem ins Minus

Wittlich · 32,8 Millionen Euro Schulden wird die Stadt Wittlich zum Jahresende haben. 2017 rechnet man unterm Strich mit einem zusätzlichen Minus von rund 889 000 Euro. Das steht im Entwurf für den Haushalt. Der kann noch geändert werden, etwa wie 2015. Damals wurde durch Korrekturen und Kürzungen fast 700.000 Euro gespart.

Zwei Millionen Euro mehr in der Tasche: Wittlich hat nicht im Lotto gewonnen, sondern die Firmen gute Geschäfte gemacht. Daran hat die Stadt mitverdient: Sie hat in diesem Jahr zwei Millionen Euro mehr an Gewerbesteuer eingenommen als geplant, und man geht davon aus, dass das so bleibt. Das steht jedenfalls im Entwurf für den kommenden Haushalt, also dem Zahlenwerk, das die städtischen Aufgaben für 2017 dokumentiert. Das sind 270 Seiten Papier voller Prognosen, was getan wird und was was kostet, zum Teil Erfahrungswerte, zum Teil feste Größen, zum Teil Schätzungen. Schätzungen wie eben der Haupteinnahmeposten, die Gewerbesteuer. Und da hat man sich eben beispielsweise vor gut einem Jahr um zwei Millionen Euro verschätzt. Mal sehen, wie es dieses Mal ausgeht. Insgesamt wird mit 13,3 Millionen Euro Einnahmen aus der Gewerbesteuer gerechnet. Doch dieser Posten auf der Haben-Seite, der Wittlichs Wirtschaftskraft dokumentiert, führt dennoch nicht zu einem Jahresüberschuss. Denn auf der anderen Seite der Rechnung für die Stadt steht unterm Strich ein Minus von rund 889.000 Euro im Ergebnishaushalt.
Das heißt, die Stadt muss wieder mehr ausgeben, als sie einnimmt. Und nicht nur Gewerbesteuer bringt Geld. Wittlichs Haushaltsplanentwurf listet noch weitere Steuern für 2017: Etwa 6,7 Millionen Euro Einkommens-, 1,85 Millionen Euro Umsatz-, 3,07 Millionen an Grundsteuer B, 66.000 Euro Hundesteuer. Und auch Spielhallen und Bordelle müssen zahlen, nämlich Vergnügungssteuer und die macht 500.000 Euro aus.
Dann bekommt die Stadt noch Extra-Geld, sogenannte Schlüsselzuweisungen, in Höhe von 1,7 Millionen Euro. Und die Stadt ist Immobilieneigentümer und rechnet mit 750.000 Euro Mieteinnahmen. Das ist weniger als bisher. Der Grund. Durch den Wegzug des Nettomarktes aus dem Stadthaus in den Vitelliuspark fehlen 100.000 Euro.Und was ist der dickste Ausgabenposten? Naturgemäß das Personal.
Damit sind die geschätzten Einnahmen fast alle weg: 11,5 Millionen Euro kostet die Verwaltung sozusagen, inklusive einer Million Euro für Pensionsrückstellungen.
Und wer viel hat, von dem wollen die anderen auch viel: Die Kreisumlage wird auf 11,12 Millionen Euro geschätzt. Wenn es Wittlich besser geht, hat also ganz Bernkastel-Wittlich etwas davon. Und so sind inklusive Personal auf einen Schlag schon wieder 22,62 Millionen Euro weg.
Und noch mehr wird ausgegeben, nämlich in geplante Hauptinvestitionen. Gelistet sind: Umbau des Bürgerbüros im Stadthaus, Umgestaltung des Lieserufers, Erweiterung der Georg-Meistermann-Grundschule. Angegeben ist eine Gesamtsumme von 9,4 Millionen Euro für Investitionen. Erwartet werden dazu Zuschüsse von 6,5 Millionen Euro. 2,9 Millionen Euro müssten also durch Kredite finanziert werden.
Und was bedeutet das alles im Hinblick auf die Schulden? Im Haushaltsplanentwurf steht ein Gesamtschuldenstand der Stadt Wittlich zum Stichtag 31. Dezember von 32,8 Millionen Euro. Zum Vergleich 2015 waren es 32,6 Millionen und 2014 33,5 Millionen Euro. Und vor fünf Jahren 2011 lag der Schuldenstand noch bei 19,4 Millionen Euro. All diese Zahlen sind Teil des Entwurfes für den kommenden Haushalt. Änderungen sind noch möglich. Auch Bürger können sich noch beteiligen.Extra

Drei Fragen an
…Nicole Rees, seit vier Jahren Kämmerin bei der Stadt Wittlich.

Soviel mehr Gewerbesteuer und dennoch ein Minus: Was ist aus Ihrer Fachkenntnis der Hauptgrund?
Nicole Rees: Die kalkulierten Mehrerträge für 2017 betragen rund 3,1 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr und sind im Wesentlichen auf steigende Realsteuererträge zurückzuführen. Dem gegenüber steht allerdings auch ein höherer Gesamtaufwand von Millionen Euro. Die steigenden Realsteuererträge haben jedoch zur Folge, dass der Stadt Wittlich zustehende Zuweisungen sinken und abzuführende Umlagen steigen. Hierbei ist eine mögliche Erhöhung der Kreisumlage noch nicht eingerechnet. Ferner steigen die Personalkosten infolge der Tarifabschlüsse und schließlich steigen die Abschreibungen auf das Anlagevermögen als Folge der hohen Investitionstätigkeit. Die Entwicklung des Kapitalmarktes führt letztendlich zu sinkenden Zinserträgen. Glücklicherweise können wir die vorgenannten Auswirkungen durch die steigenden Realsteuererträge weitestgehend kompensieren.
Wie sehen Sie Wittlich langfristig finanziell aufgestellt?

Rees: Ziel einer soliden Finanzpolitik ist die Vermeidung von Haushaltsdefiziten, also die Herbeiführung eines Haushaltsausgleichs. Mittelfristig gehen wir davon aus, dass wir diesen erreichen und langfristig wieder Überschüsse erwirtschaften werden. Nach wie vor ist die Stadt Wittlich finanziell vergleichsweise gut aufgestellt. Die gleichbleibend hohe Nachfrage nach Gewerbegrundstücken ist ein Zeichen dafür, dass wir auch weiterhin mit einer Zunahme ansiedlungswilliger Unternehmen und in der Folge auch mit steigenden Gewerbesteuereinnahmen rechnen können. Darüber hinaus verzeichnen wir weiterhin eine rege Bautätigkeit, auf Grund derer wir ebenfalls mit einer Steigerung des Grundsteueraufkommens rechnen.

Falls Sie das ausrechnen können: Man stelle sich vor, künftig muss Wittlich nie mehr einen Kredit aufnehmen: Wie lange wird es bei den heutigen Bedingen denn die bestehenden zurück zu zahlen haben?
Rees: Aktuell beläuft sich der Gesamtbetrag der Kredite der Stadt Wittlich auf insgesamt 33,6 Millionen Euro. Die Tilgungshöhen der bestehenden Kreditverträge sind auf unterschiedliche Laufzeiten festgeschrieben. Der Mittelwert aller Darlehensaufnahmen ergibt eine jährliche Steigerung der Tilgungsrate von rund 55?000 Euro. Theoretisch hätten wir - unter den heutigen Bedingungen - ohne etwaige Vertragsänderungen oder -anpassungen -, die städtischen Schulden im Jahr 2033 auf null Euro zurückgefahren. sos

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