Statt Abriss Ärmel hochgekrempelt

Gransdorf · Schönheit in Stein: So lautet der Titel einer Ausstellung, die derzeit im Kreismuseum in Bitburg zu sehen ist. Im Mittelpunkt: zehn vorbildlich sanierte eifeltypische Häuser. Der TV stellt einige vor. Heute: die Biermühle in Gransdorf.

Statt Abriss Ärmel hochgekrempelt
Foto: (e_eifel )

Gransdorf Wer die alte Biermühle in Gransdorf betritt, hat das Gefühl, durch eine Zeitschleuse zurück ins Mittelalter gelangt zu sein. Die Wände sind mit Lehm verputzt. Der Boden ist mit dicken Sandsteinen gefliest, die Türgriffe aus stabilen Eisen geschmiedet. Im größten Raum der Mühle steht eine lange Tafel aus dunkler Eiche, vom Hausherrn selbst zusammengezimmert.
Die Biermühle wurde 1261 erstmals urkundlich erwähnt, als sie an die Abtei Himmerod verkauft wurde. Besitzer Arthur Weyns schätzt aber, dass sie noch älter ist. Als der Belgier sie zusammen mit seiner Frau, Heidi Weyns-Zwanziger, 2003 entdeckte, war sie bereits fast 60 Jahre unbewohnt. Und in einem unbeschreiblich schlechten Zustand. "Absolut schrecklich", sagt sie. "Es war nur noch eine Ruine", sagt er. Während er sein Traumhaus gefunden hatte, sah sie nur einen Albtraum vor sich stehen.
Weyns, Diplom-Ingenieur, war damals für die Firma Philipps als strategischer Berater in der ganzen Welt unterwegs. Sein Fachbereich waren medizinische Geräte, promoviert hat er über Ultraschall. Während er beruflich in Schlips und Kragen um die Welt jettete, freute er sich darauf, zu Hause in den Blaumann zu schlüpfen und handwerklich zu arbeiten.
"Alte Häuser zu renovieren war immer mein Hobby", sagt er. Schon seine Eltern haben mit ihm und seinen fünf Geschwistern zusammen aus reinem Abbruchmaterial ein Haus gebaut. Diese Erfahrung hat ihn geprägt.
"Ich möchte meinen Beitrag dazu liefern, mit einem minimalen ökologischen Fußabdruck die Erwärmung der Erde zu verhindern." So hat er auch für die Restaurierung der alten Biermühle ausschließlich altes Material verwendet. Wie er es gefunden hat? "Über Anzeigen im Trierischen Volksfreund", sagt er und lacht.
Geholfen haben ihm seine Kinder, deren Freunde und Verwandte. "Manchmal waren an einem Wochenende 30 bis 40 Menschen da", sagt seine Frau. Die Erzieherin und Lehrerin unterrichtet heute ehrenamtlich Flüchtlinge.
Unter den Studenten war es bald richtig hip, am Wochenende in die Eifel zu fahren, um mit an der alten Mühle zu arbeiten, zu feiern und die Gemeinschaft zu genießen. Geschlafen wurde in einem riesigen Tipi-Zelt im Garten.
Für den fachgerechten Ausbau hatten Weyns einen auf alte Häuser spezialisierten Architekten engagiert. Kleine Handwerksfirmen aus der Region übernahmen die Spezialarbeiten. "Wir haben die dummen Aufgaben übernommen. Wände rausgebrochen, Steine sortiert, Balken abgeschliffen", sagt Weyns und lacht.
Lob gab es später von allen Seiten. Detlef Kleintitschen, heutiger Kreisdenkmalpfleger, bescheinigte den Bauherren, dass sie wesentlich höhere Maßstäbe angesetzt hätten als die Behörde.
So heimsten die Weyns und ihre Handwerker für ihre Arbeiten an der Mühle viele Preise ein. 2010 sogar den Bundespreis für Handwerk in der Denkmalpflege. Darauf sind sie ganz besonders stolz.
"Ich habe immer gesagt, das Geld liegt auf der Straße - man muss es nur sehen. Im Jahr 2000 habe ich durch einen Börsencrash viel Geld mit Aktien verloren. Danach habe ich meine Kinder gefragt, ob ich für sie ein Sparbuch anlegen soll oder ob ich ihnen zeigen soll, wie man verborgene Schätze aufspürt. Sie haben sich für Letzteres entschieden", sagt Weyns. Daraufhin habe er die Mühle gekauft. "Das ist mein letztes Projekt, meine Geldanlage für die Kinder, da habe ich keine Kompromisse gemacht." Er will auch anderen Menschen Mut machen, alte Häuser zu renovieren. Das muss nicht zwangsläufig teuer sein, wenn man viel selbst macht. Und: "Man muss altes Material benutzen. Das gibt es schon, dafür muss man keine Energie verschwenden." Als Nächstes will er wieder ein Wasserrad an seiner Mühle anbringen. Um damit Strom für die Heizung zu gewinnen.
Und dann ist der 68-Jährige seit Juli Jungunternehmer. Er verkauft Bonsai-Bäume. Heimische Pflanzen wie zum Beispiel Mini-Buchen. Die findet er in verwilderten Gärten. Und die Kinder? Sind alle mit dem Alte-Haus-Virus infiziert. "Meine Tochter renoviert ein denkmalgeschütztes Haus in Belgien, mein ältester Sohn sucht ein altes Haus und mein anderer Sohn hat bereits ein altes Haus umgebaut."
Und an den Wochenenden kommt oft viel Besuch. Deshalb hat das Ehepaar Weyns kürzlich auch das ehemalige Gesindehaus neben der Mühle umgebaut. Als Nächstes wird ein riesiger Kinderspielplatz hinter dem Haus angelegt. Fehlt noch ein größerer Parkplatz. "Wir sind noch lange nicht fertig", sagt Heidi Weyns-Zwanziger und strahlt. "Ich bin am 1.1. um Mitternacht auf die Welt gekommen. Ich glaube, die Sterne standen gut."Extra: AUSSTELLUNG UND BUCH

Heidi Weyns-Zwanziger und Arthur Weyns vor dem neu renovierten ehemaligen Gesindehaus. Heute wohnen dort die Gäste, die zu Besuch kommen.

Heidi Weyns-Zwanziger und Arthur Weyns vor dem neu renovierten ehemaligen Gesindehaus. Heute wohnen dort die Gäste, die zu Besuch kommen.

Foto: (e_eifel )
Statt Abriss Ärmel hochgekrempelt
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Blick aus dem Gesindehaus rüber auf die alte Biermühle (links). Dort steht im Esszimmer eine lange Tafel, an der das Ehepaar gern Freunde und Verwandten bewirtet (rechts). Gekocht wird in der stilecht eingerichteten Küche (oben rechs). TV-Fotos (4): Stefanie Glandien

Blick aus dem Gesindehaus rüber auf die alte Biermühle (links). Dort steht im Esszimmer eine lange Tafel, an der das Ehepaar gern Freunde und Verwandten bewirtet (rechts). Gekocht wird in der stilecht eingerichteten Küche (oben rechs). TV-Fotos (4): Stefanie Glandien

Foto: (e_eifel )


"Schönheit in Stein" ist der Titel der Ausstellung im Kreismuseum in Bitburg, in der Fotos von zehn vorbildlich sanierten alten Häusern in der Südeifel gezeigt werden. In Anlehnung an das gleichnamige Buch, das Kuratorin Barbara Mikuda-Hüttel herausgegeben hat, widmet sich die Schau in rund 80 großformatigen Fotos von Anita Burgard und Heike Matzat der Vielfalt und dem Charme der heimischen Architektur. Öffnungszeiten des Kreismuseums (Trierer Straße 15, Bitburg): dienstags und mittwochs, 11 bis 17 Uhr, donnerstags bis sonntags, 14 bis 17 Uhr; ab November: sonntags 14 bis 17 Uhr und nach Vereinbarung (Telefon 06561/ 683888). Der Eintritt beträgt drei (ermäßigt zwei) Euro. Das Buch "Schönheit in Stein - Ländliche Architektur in der Südeifel" kostet 17,90 Euro und ist erhältlich im Kreismuseum sowie bei Bernd Fröhlich, IG Bauernhaus, Telefon 0531/512108, E-Mail: froehlich@ igbauernhaus.de Info: www.igbauernhaus.de

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