Statt Speisen für die Klasse Essen für die Masse
Küchenleiter Karl-Heinz Lux hat in Hotels an der Mosel, in Norddeutschland, Bayern und der Eifel gearbeitet. Vor 16 Jahren hat er eine Entscheidung getroffen, die sein Leben als Koch auf den Kopf gestellt hat. Er tauschte die Gastronomiebranche gegen das Gefängnis ein. Seitdem kocht er für Sträflinge statt für Touristen.
Wittlich. (sys) Karl-Heinz Lux schätzt die Vorteile für sein Familienleben: In der JVA Wittlich ist immer Saison, die Arbeitszeiten sind geregelt, und auf das Einkommen ist Verlass.
670 Essen bereitet er mit Hilfe von 24 Gefangenen jeden Mittag zu. Seine Helfer arbeiten in der hauseigenen Metzgerei, als Reiniger, als Spüler und in der Schälküche. Wer als Koch eingesetzt wird, erhält den besten Verdienst unter den arbeitenden Gefangenen: rund 330 Euro im Monat. Wenn Lux und seine beiden Küchenmeister-Kollegen Glück haben, finden sie unter den Häftlingen sogar ausgebildete Köche. Den übrigen bringen sie das Handwerk bei.
Die Knast-Küche bringt es mit sich, dass Lux außer Kochen noch andere Aufgaben hat: Er ist für die Sicherheit in der Küche verantwortlich, muss besonders streng auf die Hygiene achten und viel Zeit mit Finanzen zubringen. Auch Extrawürste sind gesetzlich verordnet: Je nach religiöser Zugehörigkeit kochen Lux und sein Team schweinefleischfrei für Moslems und rindfleischfrei für Hindus. Diabetiker kriegen eine Extrakost, genauso wie Allergiker, Magersüchtige oder Fettleibige. Ganz wie es der Arzt verordnet hat. Jeder achte Inhaftierte erhält zurzeit Krankenkost. Aber damit noch nicht genug der Sonderwünsche: Wer bei der Aufnahme angibt, kein Fisch und kein Fleisch zu essen, erhält ebenfalls ein alternatives Gericht.
Auch der Ramadan wird eingehalten
Lux jongliert bei seinem Essensplan mit großen Größen: Heute sind es 110 Kilogramm Nudeln und 110 Kilogramm Hackfleischsoße - ein besonders beliebtes Essen in der Jugendstrafanstalt. Beschwerden gibt es kaum, sagt Lux. Bei Graupensuppe sind sie allerdings garantiert. Dafür stehen Fleisch, besonders Schnitzel in allen Variationen, und der gemischte Sommersalat ganz hoch im Kurs. Über Fleischmangel kann sich kein Häftling beklagen. Nach deutscher Manier gibt es das fast jeden Tag. "Wir brauchen uns nicht zu verstecken. Unser Essen ist schmackhaft und reichlich", beurteilt Lux das Ergebnis der Küchenschlacht.
Der Koch arbeitet täglich acht Stunden mit den Gefangenen zusammen. "Je nachdem, welche Granate dabei ist, ist das schon aufregend", sagt er. Hin und wieder gibt es eine Prügelei zwischen den Gefangenen. Für solche Fälle haben die gelernten Köche eine zweijährige Ausbildung in der JVA genossen. Ängstlich ist Lux nicht. Die Küchenmesser sind nummeriert, unter Verschluss und werden nur mit Unterschrift ausgehändigt. Es kommt schon mal vor, dass ein Häftling bei der Arbeit damit rumfuchtelt. Dann ist er seinen Job quitt. Auch wer Lebensmittel stiehlt, wird direkt vor die Küchentür gesetzt. Zusätzlich gibt es eine Anzeige. Wie 2004 geschehen, als ein Küchenarbeiter Knoblauchpulver, Kaffee und Milch im Wert von 1,41 Euro klaute. Das brachte ihm eine Haftverlängerung und Gerichtskosten ein. "Gut für uns", sagt Lux, "danach ist für ein paar Wochen Ruhe".
EXTRA
Tagesrationen: Das Justizministerium schreibt Tagesrationen vor, die jedem Gefangenen mindestens zustehen: 2700 Kilokalorien muss das Essen im Durchschnitt liefern. Das sind beim Mittagessen beispielsweise 200 Gramm Gulasch mit Soße, zwei große Knödel und 220 Gramm Rotkohl. Dazu gibt es Obst. Die Richtschnur für die Verpflegungskosten gibt das Ministerium ebenfalls vor: Pro Tag darf die JVA im Jahresdurchschnitt nicht mehr als 2,96 Euro für den einzelnen Gefangenen ausgeben. 2007 schlugen Frühstück, Mittag- und Abendessen mit insgesamt 577 817 Euro zu Buche. (sys)
