Trauzeugen als Museumsbesucher

Mehr als 6000 Besucher sind im Georg-Meistermann-Museum in diesem Jahr gezählt worden. Nur ein Teil davon kam jedoch der Kunst wegen ins Alte Rathaus. Einige wollten nur bei einer Trauung dabei sein, andere nur an einer Ausschuss-Sitzung teilnehmen.

 Sie alle gehen in die Statistik des Meistermann-Museums ein: die Brautpaare des Hochzeitertags 2008. Foto: Stadtverwaltung

Sie alle gehen in die Statistik des Meistermann-Museums ein: die Brautpaare des Hochzeitertags 2008. Foto: Stadtverwaltung

Wittlich. Das Alte Rathaus ist viel mehr als nur ein Museum für Werke Georg Meistermanns. Dort gibt es mehrere Ausstellungen pro Jahr, finden Trauungen statt, werden Eintrittskarten verkauft oder trifft sich der Kulturausschuss zur Sitzung im alten Ratssaal. Trotz der doch unterschiedlichen Ziele eint ein Merkmal alle Nutzer. Sie alle gehen ein in die Besucherstatistik des Georg-Meistermann-Museums.

Gezählt wird überhaupt erst seit September 2007

 Das Scherl-Schwein vor der Rathaustür sieht alle Kunstfreunde und andere Museumsbesucher ein- und ausgehen. TV-Foto: Archiv/Sonja Sünnen

Das Scherl-Schwein vor der Rathaustür sieht alle Kunstfreunde und andere Museumsbesucher ein- und ausgehen. TV-Foto: Archiv/Sonja Sünnen



"Bis zum 18. November wurden im Georg-Meistermann-Museum 6150 Personen gezählt", teilt Stadtsprecher Ulrich Jacoby auf TV-Anfrage mit. Erfasst seien dabei alle Besucher, die ins Alte Rathaus gekommen sind. Der Grund des Besuchs spiele keine Rolle. Enthalten sind in dieser Zahl rund 600 Kindergartenkinder und Schüler, die in diesem Jahr das Museum besucht haben. Gezählt werden die Gäste im Alten Rathaus übrigens erst seit dem 27. September 2007. Zuvor gab es keine Informationen über die Frequentierung der Einrichtung.

Basierend auf diesen Zahlen geht Kulturamtsleiter Dr. Justinus Maria Calleen in der vom Kulturausschuss in seiner jüngsten Sitzung verabschiedeten Produktbeschreibung für den Bereich Kultur von 6000 Besuchern im Alten Rathaus aus. Für die ehemalige Synagoge sind rund 1500 Besucher angesetzt.

Nötig geworden ist die Produktbeschreibung, da der aktuelle Haushalt der Stadt Fragen offen lässt. Bisher gab es nur nur rudimentäre Erläuterungen zu den Ein- und Ausgaben der einzelnen Produkte wie Volkshochschule, Säubrennerkirmes oder Gemeindestraßen. Auch mit der Produktbeschreibung gibt der Finanzplan der Stadt keinen Aufschluss darüber, wie teuer Alte Synagoge und Altes Rathaus die Stadt jährlich kommen. Nach Auskunft von Stadtsprecher Jacoby sind es für das Meistermann-Museum 75 000 Euro, für die Begegnungsstätte in der Himmeroder Straße 38 600 Euro. Darin enthalten sind Kosten fürs Aufsichtspersonal, die Reinigung, die Versicherungen und die Bewirtschaftungskosten. Nicht enthalten darin sind die Personalkosten für den Kulturamtsleiter und zwei Beschäftigte, teilt Jacoby mit.

Meinung

Zweifelhafte Zahlen

Steht Kulturamtsleiter Dr. Justinus Maria Calleen mit dem Rücken an der Wand? Oder warum präsentiert er eine solch zweifelhafte Besucherzahl für das Meistermann-Museum dem Stadtrat und den Bürgern Wittlichs? Die Zahl 6150 sagt nur wenig über den Museumsbesuch aus. Sie dokumentiert allenfalls, wie viele Menschen die Eingangstür des Alten Rathauses benutzt haben. Das ist ein fragwürdiger Indikator für den Erfolg des Museums. Und dieser Erfolg muss trotz aller künstlerischer Freiheit Ziel der Arbeit eines Kulturamtsleiters sein. Ansonsten verkommt das Museum zum Selbstzweck. Und den zu finanzieren, kann nicht Aufgabe einer Stadt sein. Daraus ergeben sich zwei Anforderungen an den Kulturamtsleiter. Ab sofort werden nur noch diejenigen Besucher in die Statistik aufgenommen, die wirklich die Meistermann-Werke oder die anderen Ausstellungen sehen wollen. Außerdem muss die dann valide Besucherzahl eine Größe sein, an der sich der Kulturamtsleiter messen lassen muss. Er hat durch seine Arbeit dafür zu sorgen, dass sich die bisher nur beschworene kulturelle Strahlkraft auch im entsprechenden Besucherzuspruch widerspiegelt. Ansonsten kommt die Kehrseite der Medaille zum tragen, auf deren Vorderseite Intendantenvertrag und damit verbundene künstlerische Freiheit geschrieben steht: Auf der Rückseite steht, dass solche Verträge irgendwann enden können. Spätestens dann, wenn der Arbeitgeber der Meinung ist, dass die Arbeit nicht die gewünschten Ergebnisse zeigt. In der freien Wirtschaft wäre das Vorlegen solch dubioser Fakten wie die Besucherzahlen im Alten Rathaus übrigens bereits Anlass, sich hinters Licht geführt zu fühlen und entsprechend zu reagieren. Wittlichs Stadtpolitik schaut bei dieser Zahlentrickserei hingegen nur weg. Warum? h.jansen@volksfreund.deEXTRA Meistermann-Werke: Bei der Suche nach Beschlussgrundlagen für das Georg-Meistermann-Museum hat die Verwaltung auch die Meistermann-Verträge studiert. Darin sind laut Sitzungsvorlage für den Kulturausschuss "keine Festlegungen zur Einrichtung eines Museums" enthalten. Es sei nur festgelegt, wie die überlassenen Exponate zu verwahren sind und sie genutzt werden dürfen. Die Stadt ist verpflichtet, die Meistermann-Werke in geeigneten Räumen aufzubewahren sowie eine "Sonderung der Werke von anderen künstlerischen Exponaten vorzunehmen". Zudem hat die Stadt das Recht, die Werke in eigenen und fremden Räumen auszustellen oder ausstellen zu lassen. (har)

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