Und im Frühjahr kamen die "Äschpiddler"

Holzasche war in früheren Zeiten ein gut bezahltes Abfallprodukt in jedem Haushalt. Im Raum Manderscheid gab es vor rund 200 Jahren 19 Pottaschsiedereien. Diese erzeugten im Nebenerwerb mittels Auslaugen der Asche in einem Pott (Kessel) das bei Glasherstellern ebenso wie bei Seifenproduzenten und Eisenschmelzern begehrte Material.

 Bei der Produktion von Seife war der Verbrauch von Pottasche enorm. Die Region Manderscheid war in der Zeit vor und nach 1810 ein regionales Zentrum der Pottasche-Herstellung. TV-Foto: Christine Catrein

Bei der Produktion von Seife war der Verbrauch von Pottasche enorm. Die Region Manderscheid war in der Zeit vor und nach 1810 ein regionales Zentrum der Pottasche-Herstellung. TV-Foto: Christine Catrein

Manderscheid. Die Region Manderscheid war in der Zeit vor und nach 1810 ein regionales Zentrum zur Herstellung von Pottasche. Die Pottasche ist ein grauweißes, gelegentlich bläuliches Salz, das in der Chemie als Kaliumcarbonat oder kohlensaures Kalium bezeichnet wird. Pottasche war die Vorform des heute industriell gewonnenen Düngemittels Kali.

Bei der Seifen- und Farbenproduktion war der Pottascheverbrauch enorm. Große Nachfrage herrschte auch bei Bleichern, Garnkochern, Salpetersiedern, Gerbern, Eisenschmelzern sowie in der Glasherstellung.

Auch in privaten Haushalten wurde Pottasche verwendet. Hier diente sie insbesondere zum Waschen der Leinenwäsche. Im Bereich der Landwirtschaft wurden Pottasche und die bei ihrer Herstellung anfallenden Rückstände an ausgelaugter Asche als Dünger für den Feldbau verwendet. Beim Pottaschsieden, das mehrere Tage dauerte und viel Wasser verbrauchte, wurde Holz- oder Pflanzenasche in einem Kessel ("Pott") ausgelaugt und nach dem Verdampfen des Wassers als Salzkristalle in einem Behälter gesammelt.

Die Forstwirtschaft war der wichtigste Aschelieferant. Die beim Fällen der Bäume entstehenden Holzabfälle wurden verbrannt und die Asche gesammelt. Ebenso lieferte jeder Haushalt Asche. Für viele Gemeinden bildete der Verkauf von Haushaltsasche im 18. Jahrhundert eine zusätzliche Einnahmequelle. Offenbar handelte es sich um ein altes Gemeinderecht, das den Gemeinden erlaubte, die Asche meistbietend zu versteigern oder sie namens der Einwohner an Interessenten zu verkaufen.

Aus Eisenschmitt ist für das Jahr 1760 das Protokoll einer gemeindlichen Aschenversteigerung überliefert. Der Einwohner Mathias Flesch war mit 100 Reichstalern für neuneinhalb Jahre der Meistbietende. Der Erlös der Versteigerung war zur Begleichung von Gemeindeschulden vorgesehen. Lediglich die Asche, die Eisenschmittner Einwohner zum Waschen der Wäsche benötigten, durften sie behalten. Die Asche sollte im vierzehntägigen Turnus eingesammelt werden.

In Orten ohne dieses Gemeinderecht wurde die Asche aus den Haushalten direkt an Aschensammler verkauft. Diese zogen mit Pferd und Wagen von Ort zu Ort und kauften die Buchenholzasche. Die sogenannten "Äschpiddler" kamen meistens im Frühjahr, um die Asche zu sammeln. Die meiste Asche wurde von den "Äschpiddlern" an die Pottaschesiedereien weiterverkauft. 19 von insgesamt 89 der in der Region gemeldeten Pottaschsiedereien befanden sich im Raum Manderscheid.

Sie verteilten sich auf die Dörfer Bettenfeld, Laufeld, Schladt, Wallscheid, Pantenburg, Eckfeld und Oberöfflingen. Sie produzierten nebengewerblich 67 Zentner Pottasche jährlich.

In der Mitte des 19. Jahrhundert erfolgte der rasche Niedergang der Pottaschsiederei. Allmählich geriet das handwerkliche Können in Vergessenheit, das in den Dörfern einen einträglichen Zuerwerb gesichert hatte.

1802 produzierten Pottasche: Bernard Thiel, Jean Gritten (alle Bettenfeld), Jean Etzig (Rodenbüsch), Theodore Otten (Wallscheid), Pierre Schmitz (Pantenburg), Guilleaume Weber, Nicolas Reitz (alle Schladt), Nicolas Schmitz, Jean Saurens, Hilaire Schleidweiler, Mathieu Bours (alle Eckfeld), Antoine Bender, Nicolas Weiler, Mathieu Schleidweiler (alle Laufeld), Guilleaume Schleidweiler (Neuhof), Adam Letsch, Hubert Becker, Caspar Klaus und Thomas Simonis (alle Oberöfflingen). (Quelle: Staatsarchiv Luxemburg, B 24. Salins, Tableau sur la fabrication de la potasse)

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