Unerwünschte Post

Weil sie mit einer Anzeige in russischer Sprache warben, ist ein Wittlicher Wirtsehepaar zur Zielscheibe eines anonymen Briefschreibers geworden. Ein laut Integrationsberater der Caritas einmaliger Fall.

Wittlich. Seit mehr als einem Jahr betreiben Olga und Viktor Jürgens das Restaurant Vikoria im Wittlicher Kolpingshaus. Bisher ohne Probleme, versichert das Wirtsehepaar. Doch das hat sich geändert. Denn sie erhielten einen anonymen Brief mit der Post, in dem sie übel beschimpft wurden. ",Scheiß russische Mafia' und ,Parasiten' sind noch eher harmlosere Beleidigungen gewesen", sagt Viktor Jürgens. Grund für die Schmähungen ist eine Werbeanzeige in einem lokalen Anzeigenblatt. Darin hatten sie in russischer Sprache und in kyrillischer Schrift für ihr Restaurant geworben. Schließlich gibt es in ihrem Restaurant deutsche und russische Gerichte. "Dementsprechend sind unsere Werbemaßnahmen in beiden Sprachen", sagt der Restaurantbetreiber.Geboren wurde das Ehepaar in Kasachstan und Kirgisien, seit 1991 lebt die Spätaussiedlerin Olga Jürgens in Deutschland, seit 1993 ihr Mann Viktor. "Wir lassen uns nicht beschimpfen, nur weil wir zwei Sprachen gut beherrschen", sagt Olga Jürgens, die so etwas wie den anonymen Brief noch nie erlebt hat. Die Sache mit dem anonymen Brief wollen sie nicht auf sich beruhen lassen.Von solch einer Entgleisung gegenüber Mitbürgern mit Migrationshintergrund hat Klaus Schrodt von der Caritas Wittlich nach eigenem Bekunden noch nie gehört. Er kümmert sich bei der Caritas um Flüchtlings-, Ausländer- und Aussiedlerberatung und hat deshalb tagtäglich mit Menschen zu tun, die in anderen Ländern geboren wurden. Schrodt verweist in Sachen Integration der so genannten Russlanddeutschen auf die ins Wittlich Stadtteil Bombogen geleistete Integrationsarbeit durch eine Fachkraft und den Runden Tisch, der sich mit dem Thema ebenfalls beschäftigt.Es gibt Defizite bei der Integration

Adelheid Wax sitzt mit am runden Tisch und sagt "Es gibt Defizite in der Integration." Es werde zwar nach Wegen gesucht, die einzelnen Gruppen zu integrieren. Das gelinge aber nur teilweise. Als Beispiel nennt sie Reibereien im Haus der Jugend. Wax sieht zudem die Notwendigkeit, einen Integrationsbeauftragten von Seiten der Stadt zu installieren. Der könnte als Ansprechpartner fungieren und so für ein besseres Miteinander sorgen. "Bisher war solch ein Beauftragter nicht gewollt", glaubt Wax, die für Bündnis90/Grüne im Wittlicher Stadtrat sitzt. Ob es solch einen Beauftragten wie in anderen Städten längst üblich geben wird, ist derweil fraglich. Die Wahl zum Ausländerbeirat brachte aufgrund mangelnder Beteiligung kein verwertbares Ergebnis.

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