Verschütteter Wein

Zur Säubrennerkirmes gehört, von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, der Empfang der Behördenvertreter im Alten Rathaus am Samstagspätnachmittag. Ein leider schon verstorbener Teilnehmer bei einem der ersten Empfänge in den 1950er Jahren, als Kirmeserfinder Matthias Joseph Mehs noch Bürgermeister war, hat bereits vor etlichen Jahren von einem humorvollen Erlebnis beim Kredenzen des edlen Wittlicher Weines erzählt.

Wittlich. (ger) Die Geschichte wörtlich wiederzugeben, mag nicht mehr möglich sein. Aber in den frühen 1950er Jahren ist das Malheur passiert. Bürgermeister Mehs war vom Wittlicher Wein so begeistert, dass er es sich nehmen ließ, die Weinflasche nach seiner Rede im Rathaus selbst in die Hand zu nehmen und die ersten Gläser damit zu füllen. Der damalige Hausmeister des Rathauses war verantwortlich dafür, dass immer genügend Wein vorhanden war. Als nicht geladener Gast stand der Hausmeister etwas abseits am Türrahmen und beobachtete das Geschehen. Da plötzlich geschah es. Bürgermeister Mehs entglitt die Weinflasche unversehens aus den Händen.

Diese fiel zu Boden und mit ihr der kostbare Inhalt besten Wittlicher Weins, mühsam vom Hausmeister mehrere Treppen hoch in den Rathaussaal transportiert. Der Hausmeister erschrak es daher am allermeisten, und es entfuhr ihm voller Entrüstung "Herr Bürgermeister, was seid Ihr für ein Schwein, den guten Wein zu verschütten". In Wittlicher Mundart hatte der Hausmeister dies dermaßen laut gesprochen, dass alle Gäste die Bemerkung mitbekamen. Aber niemand nahm es dem guten Mann übel.

Der Ausspruch wurde keinesfalls als Beleidigung aufgefasst. Wie sollte man auch, denn im Zentrum der Wittlicher Säubrenner-Kirmes steht seit 1950 Jahr für Jahr die Geschichte vom Schwein, dass mit seinem Tun im Mittelalter zwar allerhand Schaden anrichtete, das aber ebenso dafür verantwortlich ist, dass die Wittlicher alljährlich im August ausgiebig ihre Säubrenner-Kirmes feiern können.

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