Verschwitzte Läufer beim Ministerbesuch

Die Möglichkeiten, aber auch die Probleme bei der Resozialisierung waren ein Thema beim Besuch des rheinland-pfälzischen Justizministers Heinz Georg Bamberger im Kreis Bernkastel-Wittlich.

 Der rheinland-pfälzische Justizminister Hans Georg Bamberger (Zweiter von links) informierte sich in Wittlich unter anderem über das Marathonprojekt in der Justizvollzugsanstalt. TV-Foto: Holger Teusch

Der rheinland-pfälzische Justizminister Hans Georg Bamberger (Zweiter von links) informierte sich in Wittlich unter anderem über das Marathonprojekt in der Justizvollzugsanstalt. TV-Foto: Holger Teusch

Wittlich. (teu) Auf der einen Seite der Justizminister in Anzug und Krawatte, auf der anderen Strafgefangene im durchgeschwitzten Sportdress. Doch diese Gegensätze sind Katalysatoren, nicht Hemmschuh für das Gespräch von Heinz Georg Bamberger und dem SPD-Landtagsabgeordneten Dieter Burgard mit den Häftlingen. Die Politiker erkennen die Leistung derjenigen, die in der Wittlicher Justizvollzugsanstalt (JVA) für einen Marathonlauf über mehr als 42 Kilometer trainieren, an. "Ich finde, das ist auch mental gut", sagt Bamberger. "Ohne dieses Projekt hätte sich die Einstellung zu meinem Leben nicht geändert", erzählt ein Häftling. Auf Augenhöhe sprechen Justizminister und Strafgefangenen. Ein Signal: Die Gesellschaft möchte die Häftlinge aufnehmen, wenn sie ihre Strafe verbüßt haben.

Doch die Resozialisierung ist genauso wenig wie das Marathontraining ein Selbstläufer, sondern von Personen abhängig. JVA-Personalabteilungsleiter Rainer Schuler hat das Ausdauersportprojekt initiiert, und nebenan in der Sporthalle spielen Justizbeamte in ihrer Freizeit mit Häftlingen Volleyball. Auch der Sozialdienst katholischer Frauen und Männer (SKFM) arbeitet mit drei hauptamtlich beschäftigten Sozialpädagoginnen und mehr als 100 Ehrenamtlichen unter anderem in der Vollzugshilfe. Doch geeignete Menschen zu finden, die sich ehrenamtlich in der Vollzugshilfe oder im zweiten Hauptaufgabengebiet des Vereins, der rechtlichen Betreuung, engagieren, ist schwer. "Man bekommt eher 20 Euro als zwei Stunden Freizeit. Die Leute, die man ansprechen könnte, sind schon so engagiert, dass sie keine Zeit mehr finden", erklärt der SKFM-Vorsitzende Rolf Richartz. Gerade angesichts der JVA-Erweiterung sei man verstärkt auf der Suche nach ehrenamtlichen Vollzugshelfern.

Bamberger informierte sich nicht nur über die Probleme bei der Suche nach Ehrenamtlichen, sondern hörte sich auch die Probleme derjenigen an, die bereits engagiert sind. "Ich will dieses Gespräch als Vorbild für weitere Besuche nehmen", verspricht der Justizminister.

Verdienstorden für Irmgard Sittler: Stellvertretend für die vielen ehrenamtlich Tätigen wurde SKFM-Vorstandsmitglied Irmgard Sitter mit dem Verdienstorden des Landes Rheinland-Pfalz ausgezeichnet. Sie engagiert sich nicht nur im katholischen Sozialdienst, sondern ist auch federführend im Freundschaftskreis Wittlich-Boxtel-Brunoy-Wellingborough.

Extra "Knastmarathon" in Wittlich: Ein Marathon in der neuen Justizvollzugsanstalt sei ein langfristiges Ziel, sagte deren Leiter Franz Kohlhaas am Rande des Besuchs von Justizminister Hans Georg Bamberger. "Vielleicht erst intern", schränkt Kohlhaas ein. Wenn die Möglichkeiten des neuen Geländes es zulassen, ist aber auch eine Veranstaltung, an der auch eine begrenzte Zahl Nicht-Häftlinge mitlaufen kann, denkbar. Der einzige "Knastmarathon" Deutschlands in Darmstadt gab die Initialzündung für das Projekt in Wittlich. Im Mai nahmen Häftlinge der JVA Wittlich an diesem Lauf teil.

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