Viel Bemühen um die deutsche Sprache

Um Sprachdefizite bei Migranten zu beseitigen, hat ein Wittlicher Lehrer Ministerpräsident Kurt Beck vorgeschlagen, Deutschkurse im öffentlich-rechtlichen Rundfunk oder Fernsehen anzubieten. Becks Antwort: "Rheinland-Pfalz hat seine Hausaufgaben in Sachen Integration gemacht." Stimmt das? Das Beispiel Wittlich.

Wittlich. Das Problem mangelnder Deutschkenntnisse von Migranten und ihren Kindern kennt Hermann Hillebrand aus dem Alltag. Der Gymnasiallehrer in Altersteilzeit hat Sprachkurse für Mütter an zwei Wittlicher Kindergärten angeboten. Sein Fazit: Aufgrund der unterschiedlichen Herkunft der Frauen konnte er nur Grundlagen der Sprache vermitteln. Viele Frauen waren über das Angebot nicht zu erreichen.Daraufhin schlug Hillebrand Ministerpräsident Kurt Beck in einem Brief vor, Deutschkurse in den öffentlich-rechtlichen Programmen von Rundfunk oder Fernsehen anzubieten. Beck ist Mitglied des ARD-Rats. Er verwies in seinem Antwort-Brief auf die vielen geförderten Kursangebote im Land und schrieb: "Rheinland-Pfalz hat seine Hausaufgaben in Sachen Integration gemacht. Weitere Anstrengungen sind allerdings auch künftig nötig."Der TV hat sich daraufhin in Wittlich angeschaut, was an Deutsch-Kursen angeboten wird. Das Ergebnis: Die Vielfalt ist groß, und die Anbieter der Sprachkurse sind immerhin durch den runden Tisch der Integrationspartner vernetzt. Dennoch: Den rechten Überblick, wie gut die Menschen von den zum Teil verpflichtenden Kursen erreicht werden, hat niemand. Der, der das am ehesten wissen könnte, ist Pascal Schleder, Integrationsbeauftragter der Kreisverwaltung. Er ist erst seit Oktober im Amt und ermittelt laut Pressesprecher noch die Basisdaten.Grundlegend im Kurs-Angebot sind die Integrationskurse (siehe Extra), die seit 2005 für Neuzuwanderer Pflicht sind. Sie werden im Landkreis Bernkastel-Wittlich von der Organisation Target GmbH und dem Verein Phönix angeboten. Laut Bärbel Mörseburg von Target ist der Großteil der Teilnehmer sehr motiviert bei der Sache."Integrationskurse sind ein Schritt nach vorne"

Zuschüsse für diese Kurse zahlt das Bundesamt für Migration. Doch Heide Erz, Regionalkoordinatorin für Integration dieses Amts in Trier, kann aus mehreren Gründen nicht sagen, wie viele Menschen in der Region die Integrationskurse bereits besucht haben. Ein Grund: Nicht alle Teilnehmer erhalten Unterstützung vom Bundesamt und werden so auch nicht von ihr registriert. Doch Erz stellt fest: "Die Integrationskurse sind ein Schritt nach vorne." Die Kurse hätten einen hohen Qualitätsstandard und würden gut angenommen, da jeder zu ihnen Zugang habe. Schwierig sei, dass sie im ländlichen Raum oft nur in den großen Zentren angeboten werden könnten. Zudem werde geplant, niedrigschwellige Frauenkurse anzubieten, um beispielsweise türkische Frauen, die nicht gern mit Männern unterrichtet werden, zu erreichen.Weitere Sprachkurse gibt es bei der Volkshochschule Wittlich — Stadt und Land. Sie bietet unter anderem einen Workshop zur Vorbereitung auf die Deutsch-Prüfung im Integrationskurs an, Deutsch-Grundkurse für Ausländer, insbesondere auch für Türkinnen sowie Alphabetisierungskurse für Migranten. Das Stadtteilbüro Jugendraum Bombogen organisiert verschiedene Kurse, zum Beispiel für Jugendliche und für Mütter. Dann gibt es noch die aus Landesmitteln geförderten Deutsch-Kurse in Kindergärten und Schulen. In den Kindergärten St. Markus und Jahnplatz besuchen etwa ein Drittel der jeweils mehr als 100 Kinder einen solchen Sprachkurs. Meinung Es bleibt viel zu tun Beck hat recht, wenn er sagt, dass in Sachen Integration weitere Anstrengungen nötig sind. Noch kommen zu viele Kinder ohne jegliche Deutschkenntnisse in den Kindergarten, noch beklagen Erzieherinnen, dass sie sich mit den Müttern aufgrund von Sprachproblemen nur schwer austauschen können. Die zum Teil verpflichtenden Integrationskurse, die es seit 2005 gibt, und auch die Sprachkurse in Schulen und Kindergärten sind ein Schritt in die richtige Richtung. Allerdings ist auch klar: Menschen, die bereits deutsche Staatsbürger sind, aber dennoch wenig Deutsch sprechen, sind so auch weiterhin schwer zu erreichen, sofern sie nicht von der Arbeitsvermittlung zu Sprachkursen verpflichtet werden. Dies dürfte insbesondere Frauen betreffen, die sich um Kinder kümmern. Deutsche Sprachkurse im Radio oder Fernsehen wären da sicherlich hilfreich. Eins der Grundprobleme können sie jedoch auch nicht lösen: Eigeninitiative ist nötig. Die Migranten müssen Deutsch lernen wollen. m.maier@volksfreund.deExtra Integrationskurse: Mit dem Zuwanderungsgesetz wurden Anfang 2005 Integrationskurse für Ausländer ins Leben gerufen. Sie bestehen aus 600 Stunden Sprachkurs und einem landeskundlichen Orientierungskurs von 45 Stunden. Die Integrationskurse sind für alle Neuzuwanderer, die dauerhaft in Deutschland bleiben können und nicht Deutsch sprechen, verpflichtend. Auch Ausländer, die schon länger mit rechtmäßiger Aufenthaltsgenehmigung im Land leben (also nicht Asylbewerber) können zu solchen Kursen verpflichtet werden. Seit 2007 kann auch die arbeitsvermittelnde Behörde Nicht-Deutschsprechende zu einem Integrationskurs verpflichten. Wer den Kurs nicht innerhalb von zwei Jahren besucht, dessen Leistungen werden gekürzt. (mai)

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