Vom Dienst her alles ganz normal

WITTLICH. (peg) Besseres Essen, aber ansonsten Schicht wie immer: Alle Jahre wieder müssen Beamte des Justizvollzugs in den sauren Apfel beißen und über die Feiertage Dienst schieben.

"Ich werde die ganze Weihnachtswoche Nachtdienst haben", erzählt Helmut Schönhofen, seit über 20 Jahren Schichtführer im Männergefängnis. Insgesamt hat er schon 31 Jahre hinter Gittern "auf dem Buckel". Dieser Nachtdienst wird sein allerletzter überhaupt sein: Schönhofens innere Uhr findet nach solchen Wochen irgendwie nicht mehr in ihren Rhythmus zurück. Das sie als Justizvollzugsbeamte unangenehme Dienste zu machen haben, wussten alle, bevor sie diesen Beruf ergriffen haben. So erwischt es jeden auch einmal zu Weihnachten oder Silvester. Ihren ersten Weihnachtsdienst versieht in diesem Jahr Gaby Sholar. Nur keine Panik, meint die junge Frau, bei der zuhause noch keine Kinder allein am Weihnachtsbaum stehen müssen. Die Kinder werden mit dem Schichtdienst groß

Und wenn, würde man diese Angelegenheit lösen wie Anja und Thomas Möhn, Eltern dreier Kinder: "Wenn einer von uns am Heiligen Abend Dienst hätte, würden wir eben die Bescherung am Morgen des ersten Weihnachtstages machen, genau wie bei den Amerikanern." Die Kinder werden mit dem Schichtdienst groß, sagen beide, und "Dramen" in den Familien spielten sich nur dann ab, wenn unvorhergesehene Ereignisse eintreffen würden, etwa der nächtliche Krankheitsfall eines Häftlings, der so schwer ist, dass er im Gefängniskrankenhaus nicht behandelt werden kann und in ein öffentliches transportiert werden müsste. Der müsse dann natürlich auch außerplanmäßig bewacht werden: Blöde für den Schichtführer, der dann einige seiner Mitarbeiter aus den trauten vier Wänden heraustelefonieren muss. Ansonsten sei der eigentliche Dienst zu Weihnachten nicht anders als jeden Tag, sagen alle vier einhellig, nur das Essen sei besser: echter Bohnenkaffee, Hirschgulasch, Kaisergemüse, abends Braten zum Brot, und für jeden einen echten Christstollen. Dass jetzt bloß keiner neidisch werde, winkt Möhn ab. Zufriedene Gefangene erhöhten nachgewiesenermaßen die Sicherheit in der Anstalt. Sholar und Schönhofen freuen sich bereits auf Silvester: Dann werden die beiden frei haben, als Ausgleich sozusagen für den entgangenen Heiligen Abend. Die Arbeitspläne werden lange im Vorfeld besprochen. Zum Jahreswechsel kann es schon mal laut werden in den Zellen, weshalb einige Stunden mehr Personal als üblich eingesetzt wird. Und dann gibt es ja auch noch die Spezies der Feiertagsflüchtlinge, jene Zeitgenossen, die lieber arbeiten als beim Christbaum zu stehen. Die genießen dieser Tage im Kollegium eine besondere Wertschätzung.

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