Vor dem Entern Planken putzen

Wittlich · Heut´e geht die Säubrennerkirmes los: Doch vor dem Vergnügen steht die Arbeit. Stahl-Teile, Plastik-Figuren und Lebkuchen-Herzen wollen an den richtigen Stellen zusammengebracht werden.

Es klappert, es hämmert, es dröhnt, jemand schreit: "Hey, du musst noch die Petroleumlampen sauber machen." Es ist Michael Schneider. Der Schausteller aus Lippstadt gibt seinem Team letzte Anweisungen. Jedes Detail muss stimmen. Das Geschäft des Familienunternehmers in sechster Generation ist das "Pirates Adventure". In dem Abenteuer-Parcours gibt es singende Piraten und sogar einen Schiffsuntergang zu erleben. Es ist eines der größten und neuesten Fahrgeschäfte auf der Kirmes. Hinter lebensgroßen Piraten und einer überbordenden Dekoration verbirgt sich modernste Technik. "Die Anlage ist keine zehn Jahre alt. Ich habe sie damals für 1,8 Millionen Euro gekauft". Die Technik verlangt viel Arbeit. Auch ein paar Wittlicher Jungs opfern ihre Sommerferien und helfen beim Aufbau mit - dafür gibt es schon mal freien Eintritt.

Schneiders westfälischer Einschlag in der Stimme ist eine Ausnahme. Russisch dominiert die Kirmesbaustellen. Wenn es heißt "Junger Mann zum Mitreisen gesucht" melden sich offenbar vor allem Menschen aus Osteuropa. Die Betreiber der Stände sind aber noch traditionelle Familienunternehmen. So wie bei den Barth-Löws. Ihr Autoscooter wirkt, genauso wie die Berg- und Talbahn am Kirmeseingang, ein wenig nostalgisch. "Er ist immer noch der Treffpunkt", sagt Klaus Löw und steckt sich mit ölverschmierten Händen eine Zigarette an. "Auch wenn sich die Kundschaft wandelt und das Geld für die Kirmes nicht mehr so locker sitzt." Die Wirtschaftskrise ist bei den Schaustellern angekommen. "Wir haben immer höhere Kosten", sagt Achim Müller, der gerade gegenüber des Autoscooters seine Imbiss-Bude auf Hochglanz bringt. Er ist Vorsitzender des Landes-Schaustellerverbandes. "Viele kleine Kirmesveranstaltungen fallen mittlerweile aus, weil die Schausteller da nicht mehr hinfahren." Der nüchternen Bilanz folgt aber Optimismus. "Ich hoffe auf gutes Wetter und gute Geschäfte." Das sieht auch Karl-Hermann Reinhardt so. Die Pfeilwurfbude des Gerolsteiners ist in vierter Generation und gehört auch zu den Kirmes-Klassikern. "Es läuft nicht mehr so gut wie früher. Aber solange es irgendwie geht, macht man weiter. Da steckt eben Herzblut drin." Reinhardts Sohn Pascal nimmt einen Schlauch in die Hand und spritzt die Bude von oben bis unten sauber.

Weitere neue Fahrgeschäfte sind der "Sky Trip", bei dem sich Gondeln in 23 Metern Höhe drehen, und "Amazonas", bei dem es fremde Kulturen und exotische Reptilien zu entdecken gibt.

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