Wenn der Bach gefährlich groß wird

Wittlich · In der Kreisstadt Wittlich setzt ein unscheinbarer Bach plötzlich eine Kita unter Wasser, in den Dörfern machen sich ebenfalls harmlose Rinnsale gefährlich breit: Warum das so gekommen ist? Ein Fachmann warnt vor Wiederholungen.

Wittlich. An der Mosel ist sie bekannt, die Hochwassergefahr. Aber an ihren kleinen Nebengewässern? Dass selbst kleine Bäche plötzlich monströs anschwellen, um diese Erfahrung, auf die jeder gern verzichtet, ist die Region jetzt reicher (der TV berichtete mehrfach).
Die Frage ist: Warum ist das so und ist mit Wiederholungen zu rechnen? Antworten hat der Wittlich-Bombogener
Joachim Gerke, Abteilungsleiter Wasserwirtschaft, Fischerei, Abfallwirtschaft, Bodenschutz bei der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord in Koblenz. Der Behördenleiter hat dazu im Wittlicher Stadtrat mit Fokus auf die Kreisstadt und der vergangenen Hochwassersituation an Rommelsbach und weiterer Nebengewässer eine Analyse aus fachlicher Sicht vorgetragen.
"Normalerweise kennen wir das Problem Hochwasser aus dem Winter. Dann ist die fehlende Vegetation ein Problem, und die Versickerungsfähigkeit ist nicht so gut wie im Sommer. Aber Hochwasser findet dann üblicherweise an größeren Gewässern statt. Jetzt war das anders: Wenn es die Campingplätze nicht gegeben hätte, hätte man die Mosel aktuell nicht groß erwähnt. Im Sommer sind speziell kurze aber sehr heftige Starkregen problematisch, wobei der Regen nicht so schnell versickern kann, wie er fällt. Das führt zu lokalen Überschwemmungen."
In Wittlich habe es am 30. Mai 42 Millimeter Niederschlag gegeben (das sind 42 Liter je Quadratmeter), davon 20 in der Zeit zwischen 13 und 16 Uhr. "Das ist nicht wirklich viel, und eigentlich kann man sich damit nicht erklären, warum das zu Hochwasser führt", so Joachim Gerke, "Aber man muss den heftigen Vorregen beachten. Die Äcker, die Wiesen standen schon unter Wasser. Wenn auf diesen Vorregen so ein Starkregen folgt, dann ist das schon katastrophal. Das ist eigentlich eine Situation, die im Sommer sehr, sehr selten ist." Der Fachmann weiter: "Diese Nassphase ist etwas Neues, das wir infolge des Klimawandels häufiger erleben werden. Und wir können nicht für jedes Ereignis Abhilfe schaffen. Jeder für sich selbst muss etwas machen."
In Wittlich sei es "Spitz auf Knopf" gewesen, sonst wäre die Innenstadt nicht so relativ ungeschoren davon gekommen.
Im Blick auf die Lieser sagte er, hier hätten Unwetter nördlich von Daun, zu 20 Prozent Einzugsgebiet des Flusses, zu dem schnell anspringenden Pegel geführt. Die Feuerwehr hätte angesichts der Prognose mit ihren Vorsorgemaßnahmen richtig gehandelt und, im Hinblick auf kritische Kommentare, der Hilfskräfteeinsatz sei übertrieben gewesen: "Das sage ich jetzt als Stadtrat: Nicht jeder Senf verbessert das Gericht."
Im Hinblick auf die Zukunft seien auch Hauseigentümer gefragt, machte Stadtwerkechef Lothar Schaefer klar. "Solche Unwetter kommen und zeigen auch die Defizite auf. Und bei solchen Unwettern versagt auch schon mal der Kanal. Wenn die Gullys anfangen zu rülpsen, dann ist gleich Ende, dann saufen die Keller ab, die keine funktionierende Rückstaueinrichtung haben. Deshalb ist jedem zu raten, zu gucken, ob die Rückstauungsklappe funktioniert." sos

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