Zahlen, an die nicht jeder glaubt

Der Stadtrat hat um eine Besucherstatistik im Georg-Meistermann-Museum gebeten. Diese Zählung ergab rund 6000 Personen, die in einem Jahr das städtische Gebäude betreten haben. Die Fraktionen beurteilen Qualität und Aussagekraft dieser Zahlen unterschiedlich.

Wittlich. Für Diskussionsstoff sorgt derzeit eine Information, um die der TV den Pressesprecher der Stadtverwaltung, Ulrich Jacoby, gebeten hatte. Es ging um die vom Stadtrat vom Kulturamtsleiter Dr. Justinus Maria Calleen gewünschte Besucherzählung im Georg-Meistermann-Museum. Ulrich Jacoby hatte dazu mitgeteilt: "Bis zum 18. November 2008 wurden im GM-Museum 6150 Personen gezählt. Erfasst werden bei dieser Zählung alle Besucher, die ins Alte Rathaus kommen. Hierbei spielt der Grund keine Rolle, mitgezählt werden also beispielsweise auch die Teilnehmer an den Trauungen. Mit den Zählungen wurde am 27. September 2007 begonnen. Die Zählung erfolgt von Hand mittels Strichliste. Besucher von Gruppen (Kindergarten, Schulen) werden auf rund 600 Personen geschätzt." Weil sich nach der TV-Berichterstattung eine Debatte entfacht hat, hat der TV alle Fraktionen im Stadtrat gebeten, ihre Haltung zur Qualität und Aussagekraft dieser Zählung in Bezug auf das Georg-Meistermann-Museum mitzuteilen.

Hier die Stellungnahmen, geordnet nach ihrem Eingang:



Dr. Klaus Petry (FWG)
: "Das Interesse am GM-Museum verdeutlicht ein simpler Zahlenvergleich: Strohn, Dorf in der Eifel, circa 500 Einwohner, Vulkanmuseum, circa 15 000 Besucher jährlich; Wittlich, Kreisstadt und stärkstes Wirtschaftszentrum zwischen Trier und Koblenz, circa 20 000 Einwohner, GM-Museum, nach Angaben des Betreibers ein ,Leuchtturm mit nationaler und internationaler Strahlkraft', circa 6000 Eintretende jährlich, darunter auch Besucher. Damit erübrigt sich ein weiterer Kommentar!"



Elfriede Meurer (CDU):
"Die CDU-Fraktion verlangte in der Diskussion um ein zukunftsorientiertes Kulturkonzept eindeutige, differenzierte Auskünfte über die Besucherfrequenz des Georg-Meistermann-Museums, nicht des Alten Rathauses. Dies entspricht bundesweit üblichen Mindeststandards zur Sicherung einer qualitätsvollen Museumsarbeit. Die vorgelegten Zahlen sind ungeeignet, um den Erfolg und Wirkungsgrad des Museums inhaltlich und betriebswirtschaftlich bewerten zu können."



Joachim Gerke (SPD):
"Die Zählungen wurden vom Rat gefordert. Sie sind Teil der Berichtspflichten der Verwaltung gegenüber dem Rat. Die SPD hält die Diskussion über die Art der Ermittlung für nebensächlich, immerhin wird dargelegt, wie die Zahlen zustande kamen. Entscheidend ist, dass nach nunmehr 14 Monaten Kulturdebatte immer noch die Frage unbeantwortet bleibt, welche Kompetenzen dem Kulturamtsleiter gegeben sind."



Jörg Hosp (FDP)
: "Es ist bedauerlich, dass abermals ein Anliegen des Stadtrats so fragwürdig umgesetzt worden ist. Unsere Anfrage im Jahre 2002 wurde mit Kopien des Gästebuchs beantwortet. Die ständige negative Diskussion, verursacht durch den Kulturamtsleiter, schadet dem Image der Kultur in Wittlich. Kosten und Nutzen eines hauptamtlich Beschäftigten müssen erheblich in Frage gestellt werden."



Michael Wagner (Grüne)
: "Es kann nicht allein darum gehen, wie hoch die Besucherzahl in welcher Institution ist. Das Georg-Meistermann-Museum ist ein nicht zu unterschätzender Standortfaktor und eine wichtige Kultur- und Bildungseinrichtung, die immer auf Subventionen angewiesen ist. Dieses zu erhalten ist wichtig und von uns politisch gewollt. Es ist bemerkenswert, dass offensichtlich jetzt auch der Volksfreund versucht, hier einen Keil hineinzutreiben. Ein wie ich finde durchsichtiger Akt, der eher der Stimmungsmache dient, als einer Versachlichung des Themas."

Meinung

Fakten zählen

Es gibt keinen Zweifel: Das Meistermann-Museum ist eine wichtige Einrichtung in der Stadt. Wie viele kulturelle Einrichtungen, ist es auf Subventionen angewiesen. Es ist eine vornehme Aufgabe der Stadt, den Zugang zu kulturellen Gütern zu ermöglichen - auch weil es ein weicher Standortfaktor ist. Gerade weil an diesen Fakten niemand zweifelt, überrascht es, dass auf den berechtigten Wunsch des Rates nach einer mit Besucherzahlen fundierten Erfolgsbilanz mit Daten geantwortet wird, die zumindest zweifelhaft sind. Erst damit macht man sich angreifbar. Tatsächlich lässt sich der Wert einer kulturellen Einrichtung nicht allein an Besucherzahlen messen. Genauso wenig ist aber eine geringe Besucherzahl ein Beleg für besondere Qualität. Deshalb sollten ab sofort nur die tatsächlichen Museumsbesucher gezählt werden, und das Ziel, die ausgestellten Werke möglichst vielen Menschen nahe zu bringen, muss als Herausforderung und nicht als unzumutbarer Eingriff in die Kunstfreiheit begriffen werden. l.ross@volksfreund.de

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