Zeichen setzen

Spätestens zum Beginn des neuen Jahres, vielleicht aber auch schon im Herbst kommt es, das Rauchverbot an rheinland-pfälzischen Schulen. Das Cusanus-Gymnasium in Wittlich ist schneller: Bereits nach den Sommerferien wird die Schule zur rauchfreien Zone. Wer dennoch zum Glimmstängel greift, muss mit Sanktionen rechnen.

Wittlich. Eigentlich gibt es gar nicht so viele Raucher am Wittlicher Cusanus-Gymnasium. Zumindest, wenn man den Worten von Michaela Schüssler-Schwab, Beratungslehrerin für Suchtfragen, Glauben schenkt: Auf 15 bis 20 schätzt sie die Zahl derer, die zur Kippe greifen. 15 bis 20 Schüler und zwei Lehrer rauchen

Christian Thiel, zuständig für Suchtprävention bei der Caritas, der eng mit dem Gymnasium zusammenarbeitet, hält sich da eher an die Zahlen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: "Danach sind es 18 bis 20 Prozent der zwischen Zwölf- bis 17-Jährigen, die rauchen." Hinzu kämen laut Schüssler-Schwab noch zwei Lehrer, denen es regelmäßig nach Nikotin verlange. Keine ausgeprägte Raucherfraktion, wenn man bedenkt, dass das Cusanus-Gymnasium knapp 850 Schüler und rund 50 Lehrer hat. Also auch kein Wunder, dass diese sich weder bei der Abstimmung zur rauchfreien Schule in der Lehrerkonferenz, noch bei der Befragung aller Schüler im Schuljahr 2005/2006 durchsetzen konnte. Doch bis zur tatsächlichen Einführung der rauchfreien Schule zum kommenden Schuljahr war es noch ein langer Weg, denn eines war allen Beteiligten klar: "Kein Verbot funktioniert ohne Sanktionen", sagt Christian Thiel. Und so wurde in vielen Diskussionen zwischen Lehrern, Schülern und Eltern ein Verhaltenskodex erarbeitet. Wer ab dem neuen Schuljahr im Gebäude des Wittlicher Cusanus-Gymnasiums qualmt, dem drohen Konsequenzen: Gemeinnützige Arbeit ist da noch eher harmlos, ein schriftlicher Tadel ins Klassenbuch und eine schlechte Verhaltensnote ärgern die Schüler schon eher. Und bei mehrmaligem Griff zum Glimmstängel können sie sogar bis zu drei Tage vom Unterricht ausgeschlossen werden. An Sanktionen für Lehrer wird zurzeit noch nicht gedacht. Nicht alle Schüler sind mit den Maßnahmen des Katalogs einverstanden. Was bringe es etwa, unbelehrbare Qualmer zu Beratungsgesprächen oder Drogenberatungsstellen zu schicken, fragt sich eine Schülerin in der Schülerzeitung "Reflex": "Diese Maßnahmen können nur erfolgreich sein, wenn der Schüler selbst mit dem Rauchen aufhören möchte." Erst eine Erprobungsphase

Schulleiter Paul Lütticken dagegen vertraut ohnehin darauf, dass die Sanktionen nicht oft angewendet werden müssen: "Schließlich haben wir erstaunlich wenige Schüler, die rauchen." Aus dem gleichen Grund geht er auch nicht davon aus, dass künftig mit Beschwerden von Anwohnern zu rechnen sei, weil verhinderte Raucher des Cusanus-Gymnasiums in Heerscharen die Kurfürstenstraße vor dem Schulgebäude bevölkern - ein Argument, das von Schülern im Vorfeld immer wieder gegen das Rauchverbot angebracht worden war. "Die Jugendlichen hatten die Befürchtung, dass das Gymnasium dadurch ein negatives Image bekommen könnte", erzählt Schüssler-Schwab. Sie sieht das erste rauchfreie Schuljahr ohnehin als Erprobungsphase: "Wir müssen beobachten, wie sich solche Dinge entwickeln - aber manchmal muss man auch mal etwas wagen."Meinung Ausgequalmt Kein Zweifel, das Nichtraucherschutzgesetz, das landesweit die Glimmstängel aus den Schulgebäuden verbannt, kommt. Und zwar schon bald. Insofern könnte man sich auf den Standpunkt stellen, es sei vergebliche Liebesmüh', dass das Wittlicher Cusanus-Gymnasium unmittelbar vor Gesetzeseinführung noch rauchfreie Schule werden muss. Doch zum einen wurde der Stein bereits vor über zwei Jahren ins Rollen gebracht, und zum anderen sind die Verantwortlichen am Cusanus-Gymnasium dem Gesetzgeber immerhin einen Schritt voraus: Denn sich allein auf die Existenz eines Verbots zu verlassen, senkt nicht die Zahl der rauchenden Schüler. Insofern braucht es Sanktionen, die greifen, sollte ein Schüler sein Verlangen nach Nikotin nicht unterdrückt bekommen. Mit dem vorgezogenen Rauchverbot setzt die Wittlicher Schule ein deutliches Zeichen. Die Hardcore-Raucher unter den Schülern wird das zwar nicht vom Griff zur Zigarette abhalten - da sind wohl auch Beratungsgespräche oder verpflichtende Kurse vergebens. Doch vielleicht wird der ein oder andere Mitläufer, der bislang allein wegen des Coolness-Faktors gemeinsam mit seinen Freunden in der Raucherecke qualmte, auf seine Kippe verzichten. Und allein dafür lohnt es sich schon, schneller als der Gesetzgeber zu sein. n.ebner@volksfreund.de

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