Zeichen stehen auf Sturm

In den kommenden drei Monaten wird sich zeigen, ob und wie es mit der Firma BKS-Label in Wittlich weitergeht. Während der Betriebsrat in Management-Fehlern den Grund für die Insolvenz sieht, macht der Geschäftsführer fehlendes Entgegenkommen der Mitarbeiter für die Situation verantwortlich.

Wittlich. Unbeeindruckt von der wirtschaftlichen Schieflage des Betriebs werden bei BKS-Label in Wittlich weiterhin täglich bis zu 100 Millionen Etiketten produziert. Ob die Produktion auch noch im April läuft, wirdweitgehend davon abhängen, ob es dem vorläufigen Insolvenzverwalter gelingt, die Finanzen der Firma zu ordnen (der TV berichtete). Richard Johnen, Chef der Johnen-Gruppe, macht vor allem den von der Gewerkschaft Verdi unterstützten Betriebsrat für die Situation verantwortlich. Grund dafür sei, dass Betriebsrat und Mitarbeiter sich nicht im verlangten Umfang für eine Betriebsvereinbarung entscheiden konnten. Diese Vereinbarung hatte die auf die Sanierung von mittelständischen Unternehmen spezialisierte CFC Industriebeteiligungen GmbH & Co. KGaA (CFC) als Gegenleistung für den Einstieg bei BKS Label gefordert. Inhalt der Vereinbarung waren unter anderem die Aufstockung der Arbeitszeit von 38,5 auf 40 Stunden ohne Lohnausgleich, die Einführung der Sechs-Tage-Woche sowie der zweimalige Verzicht auf Urlaubsgeld. Im Gegenzug sollte es eine Gewinnbeteiligung geben. Außerdem wollte CFC sechs bis acht Millionen Euro in neue Maschinen investieren, um laut Johnen ab 2009 mit dem Betrieb schwarze Zahlen zu schreiben.Probleme seit dem Jahr 2002

 Bei BKS-Label geht während der Insolvenz die Arbeit erst einmal weiter. TV-Foto: Harald Jansen

Bei BKS-Label geht während der Insolvenz die Arbeit erst einmal weiter. TV-Foto: Harald Jansen

"Trotz intensiver Gespräche lag die Zustimmungsquote nur bei 60 Prozent", sagt Johnen. Die CFC habe daraufhin ihr Angebot zurückgezogen. "Um den Unternehmensteil Johnen-Druck nicht zu gefährden, dort die Arbeitsplätze zu sichern und dieses Unternehmen in eine gute Zukunft zu führen, musste ich für BKS-Label Insolvenz anmelden." Ingesamt sind derzeit rund 250 Menschen bei der Johnen-Gruppe beschäftigt. Martin Kappes, Betriebsratsvorsitzender bei BKS-Label, sagt, dass es bereits seit 2002 Probleme im Unternehmen gegeben habe. Mehrfach habe das Management gewechselt und es falsche Entscheidungen gegeben. Das müssten die Arbeitnehmer nun ausbaden. "Die Stimmung war zuletzt sehr schlecht", sagt Kappes. Die Bedingungen der Betriebsvereinbarung seien für viele Kollegen nicht annehmbar gewesen. "Es muss weitergehen", sagt Kappes. Es gebe Arbeit genug, "wenn auch vielleicht nicht für alle." Die Insolvenz habe auch eine positive Seite: "Jeder weiß jetzt, was los ist." Meinung Hoher Einsatz Niemand verzichtet gerne und freiwillig auf Lohn für seine Arbeit. Besondere Situationen und begründete Umstände können diesen Verzicht jedoch notwendig machen. Dies hat auch eine Mehrheit der Mitarbeiter der nun insolventen BKS-Label so gesehen. Dass diese Mehrheit dem Investor nicht groß genug war, ist tragisch. Vor allem deshalb, weil eine Minderheit mit ihrem "Nein" zu Mehrarbeit ohne Lohnausgleich und zeitlich befristetem Verzicht auf Urlaubsgeld möglicherweise über die Jobs der Mehrheit mitentschieden hat. Schließlich befindet sich nun der komplette Betrieb in der Insolvenz, finanzstarke Investoren werden nun dringender gesucht denn je. Vielleicht steht am Ende dieser schwierigen Phase eine Übernahme durch ein anderes Unternehmen. Dessen Chefs werden dann die gleichen Ziele durchsetzen wollen, die bereits CFC angehen wollte: Längere Maschinenlaufzeiten bei weniger Personalkosten. Mutmaßlich eine nicht mehr so große Rolle wird dabei spielen, ob das 80 Prozent der Beschäftigten gefällt. Und es wird sicher weniger Rücksicht darauf genommen, ob dieses Ziel mit 50, 75 oder 100 Prozent der heutigen Belegschaft erreicht wird. h.jansen@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort