Die Verbindung zur Heimat

Reiner Staudt berichtet aus der Geschichte des Wittlicher Bahnhofs. Die in Wittlich stationierten französischen Soldaten nutzten den Bahnhof zur Fahrt in die Heimat und zurück. Auch Panzer wurden verladen.

 Das Wittlicher Bahnhofsgebäude im Winter 2010. Im ehemaligen Bahnhof wurden gelegentlich auch Panzer verladen, wie die heutige Geschichte beschreibt. TV-Foto: Erich Gerten

Das Wittlicher Bahnhofsgebäude im Winter 2010. Im ehemaligen Bahnhof wurden gelegentlich auch Panzer verladen, wie die heutige Geschichte beschreibt. TV-Foto: Erich Gerten

Wittlich. "Wir hatten viel mit den Franzosen zu tun", berichtet Reiner Staudt, von 1957 bis 1989 als Bahnbeamter im ehemaligen Bahnhof in Wittlich beschäftigt. Damals gab es auch eine Kaserne in Wittlich, die von 1945 bis 1999 von französischen Soldaten belegt war. Zeitweise waren mehr als 6000 Soldaten inklusive ihrer Familienangehörigen in Wittlich stationiert. Da gab es einen häufigen Reiseverkehr zwischen Wittlich und der französischen Heimat.

"Die Franzosen haben ihre Soldaten zum Heimaturlaub am Wochenende mit Militärfahrzeugen nach Wengerohr gebracht." Von dort ging die Reise mit Militärtickets nach Frankreich. Aber bei der Rückkehr in die Kaserne Montagfrüh funktionierte das Abholen in Wengerohr nicht immer.

Dann fuhren die Soldaten mit dem Zug weiter nach Wittlich, obwohl ihre Fahrkarte nur bis Wengerohr galt. Das wurde zwar im Zug bei der kurzen Fahrt nach Wittlich nicht bemerkt. Aber weil es bis weit in die 70er Jahre eine Sperre vom Bahnsteig in das Bahnhofsgebäude und damit raus aus dem Bahnterrain gab, fiel es dem Kontrolleur an der Sperre auf, dass der Fahrschein der Soldaten nicht bis Wittlich gültig war. Seinerzeit musste jeder Passagier beim Verlassen des Bahnsteiges seine Fahrkarte vorzeigen. "Wir standen an der Sperre, und jeder Soldat ohne gültige Fahrkarte musste 80 Pfennig nachzahlen. Manchmal waren das bis zu 30 Personen an einem Montagvormittag".

Da kam es immer wieder vor, dass die Soldaten nicht das passende Kleingeld hatten, zudem es damals in Deutschland und Frankreich unterschiedliche Währungen gab. Aber die Bahnbeamten wussten, dass die Soldaten die 80 Pfennig zahlen würden. Daher notierten sie den Namen und ließen die Soldaten passieren. Noch am selben Tag oder am Tag danach kamen die Franzosen zur Zahlung ihrer Schulden an den Bahnhof. "Wenn das mal nicht klappte, wirkte ein Anruf bei Frau Thul im Vorzimmer des französischen Standortkommandanten. Die machte den Soldaten Dampf, und meist standen die dann eine halbe Stunde später auf der Matte und entrichteten die Gebühr. Das funktionierte immer.

"Ähnlich war es auch bei der Verladung von Panzern. Wenn die Panzer ins Manöver transportiert wurden, erfolgte das über den Bahnhof Wengerohr. Wenn aber ein Panzer in die Werkstatt sollte, war der Bahnhof Wittlich gefragt. Bei der Rückkehr in den Bahnhof reichte ein Anruf in der Kaserne, und prompt wurden die Panzer abgeholt. Funktionierte das nicht, griff man zur selben Methode wie bei nicht bezahlten Fahrkarten. Frau Thul wurde informiert. Und schon kamen die Soldaten, um ihr Kriegsgefährt abzuholen.

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