Schunkeln mit Schirm in Wittlich - Premiere: Rathauserstürmung im Regen geht auch

Wittlich · "Wittlich, Kreiau!": Die Macht über Wittlich nebst Stadtschlüssel haben die Möhnen in der Hand, denn sie sind wasserfest. Erstmals musste die Eroberung des Rathauses bei Regen gelingen. Es hat geklappt. Die Säubrenner stehen den rebellischen Damen einfach gut beschirmt zur Seite. Dann wird geschunkelt und Suppe gegessen.

 Treffpunkt Karrstraße: Die Jugend feiert bei Wind und Wetter einfach draußen. Die Polizei hat das Partyvolk hier und am Markt per Video im Blick.

Treffpunkt Karrstraße: Die Jugend feiert bei Wind und Wetter einfach draußen. Die Polizei hat das Partyvolk hier und am Markt per Video im Blick.

Foto: klaus kimmling (m_wil )
 Treffpunkt Karrstraße: Die Jugend feiert bei Wind und Wetter einfach draußen. Die Polizei hat das Partyvolk hier und am Markt per Video im Blick.

Treffpunkt Karrstraße: Die Jugend feiert bei Wind und Wetter einfach draußen. Die Polizei hat das Partyvolk hier und am Markt per Video im Blick.

Foto: klaus kimmling (m_wil )
 Macht Spaß: Gute gelaunte Clowns freuen sich über den Machtwechsel.

Macht Spaß: Gute gelaunte Clowns freuen sich über den Machtwechsel.

Foto: (m_wil )
 Der schönste Platz ist an der Theke? Nein: auf der Bühne: beim Schunkeln!

Der schönste Platz ist an der Theke? Nein: auf der Bühne: beim Schunkeln!

Foto: klaus kimmling (m_wil )
 Wasserdicht und kämpferisch mit den Waffen einer Frau: Martha Lex kapert als erste Möhne das Alte Rathaus per Leiter. TV-Fotos(5): Klaus Kimmling

Wasserdicht und kämpferisch mit den Waffen einer Frau: Martha Lex kapert als erste Möhne das Alte Rathaus per Leiter. TV-Fotos(5): Klaus Kimmling

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Wittlich. Die Amerikaner von der Air Base Spangdahlem wundern sich. Sie erleben im Alten Rathaus hautnah eine Kapitulation: So geht also Kriegsführung ohne F 16 und Blutvergießen. Dafür schäumt Sekt und wärmt später Erbsensuppe. Mission "Ober Möhn" heißt das sozusagen in Wittlich. Als schweres Gerät reicht eine Holzleiter. Uniformen braucht kein Mensch: Möhnenkleidung reicht.

Eiskalt erobern so die Damen wie im Handstreich die Macht über die Kreisstadt: Die Spitzenhandschuhe wärmen sie einfach nicht genug bei dem Regen, der erstmals ihre Mission erschwert. No Problem. Es gibt ja die Waffen einer Frau, die bei jedem Wetter Wirkung zeigen und Radar-resistent sind: Bein zeigen und Schere zücken. Nur eines haben sich die Damen beim Militär abgeguckt, oder ist es anders herum? Die Geheimdienste müssen über chiffrierte Nachrichten knobeln, Geheimcode: Weddlia Platt. Doch der Reihe nach:

Kostüme: Wer die Rathauserstürmung der Möhnen miterlebt, verkleidet sich: als Schwein, als Zebra, Clown, Hai, Engel, Schneemann, Teufel, Held oder Zivilist. Nur so zum Beispiel. Dieses Jahr ist neben der passenden Kopfbedeckung von der Zipfelmütze bis zur Perücke auch ein Schirm unverzichtbar. Selbst die Feuerwehr wirft sich in Schale: Historische Uniform und silberner Helm (der goldene Helm ist exklusiv für die Säubrennerkirmes). Der Bürgermeister, dem es später an den Schlips und den Stadtschlüssel geht, ist als eine Art Kurfürst verkleidet. Seine Frau ist übergelaufen: Sie sympathisiert mit den Möhnen und trägt schwarz-rot und viel Spitze.

Regen: "Ober Möhn" steht auf dem Abzeichen am schwarzen Mantel von Jutta Weisenfeld. Sie ist Möhne im 27. Jahr und sagt angesichts des Regens: "Das hab' ich noch nicht erlebt. Normalerweise ist der Herrgott ja ein Wittlicher, aber so was!" Die ganze Nacht habe sie gebetet, umsonst. Aber kapituliert wird nicht! Die rebellischen Damen sind wasserdicht: Martha Lex steigt als Erste, lila behütet, auf die Leiter hoch ins Alte Rathaus. Drinnen wird sie von innen befeuchtet: Es gibt Sekt. Dort haben sich neben den Amerikanern, einer Abordnung des 52nd Fighter Wing, Verwaltungsmitarbeiter und Stadträte verschanzt. Ihnen ist mittlerweile alles egal: Sie zeigen sich gegenseitig ihre schicken Kostüme, gucken aus dem Fenster, plaudern in Grüppchen und lassen sich fotografieren.

Essen: Aus den Fenstern regnet es für die Sympathisanten Popcorn und Süßes. Das freut die Kinder, etwa die von der Grundschule Friedrichstraße, die etwas über Heimatgeschichte, Frauenbewegung und psychologische Kriegsführung gleichzeitig lernen. Später gibt es Erbsensuppe fürs kämpferische Volk. 200 Liter werden am Markt ausgeschenkt, gekocht von den Maltesern. Dazu haben die neuen Machthaberinnen 50 Liter Gulaschsuppe von Metzger Haep organisiert. Dazu passen an Fastnacht selbst gemachte Mäuschen!

Irritation: Die schmucken Feuerwehrmänner sollen eigentlich paramilitärisch das Rathaus vor dem Ansturm der Möhnen schützen. Um sie abzulenken, wollen zunächst die Möhnen à la Mata Hari selbst die Herren bezirzen. Als das nicht klappt, verschwestern sie sich an der Ecke Marktplatz/Himmeroder Straße mit den Frauen der Feuerwehr, die dann erfolgreicher ihre Männer ablenken: Deren Hirn setzt aus, sie lehnen ergeben die Leiter ans Rathaus und halten sie zudem für die Damen fest. Das hilft. Die Musik spielt: "Oh wie ist das schön!"

Außenbühne: Rein ins Rathaus, raus aus dem Rathaus, rauf auf die Außenbühne: Dort spielt die Band "Dat Trömmelche", die Wittlicher schunkeln gut beschirmt. Der Bürgermeister trägt abgeschnittenen Schlips und übergibt den Stadtschlüssel an die Obermöhne, die in ihrer Regierungserklärung darauf hinweist, dass die Möhnen einfach "die besser' Taktik honn". Genau. Und jetzt kann das US-Militär etwas über Deeskalation lernen: Die beiden Parteien vereinbaren stillschweigend, dass der Putsch am Dienstag, 9. Februar, endet. Die Ära der Möhnenregentschaft wird im Gasthaus Schneck gegen 19 Uhr friedlich mit der Schlüsselrückgabe an Bürgermeister Joachim Rodenkirch ad acta gelegt.

So lange weht die weiße Fahne über dem Rathaus, und alle freuen sich. Der Bürgermeister kündigt auf der Außenbühne noch schnell die nächste Einwohnerversammlung an: Sie soll im März sein. Thema: die Lieser, also auch was mit Wasser. Passt zum Regen. Jetzt spielt die Band: "Rot sind de Ruuuuusen."

Und sonst noch: Albert Klein, Erster Beigeordneter, hat vor der Leiterkletterei versucht, mit einer Ansprache aus dem Rathausfenster vom Wetter abzulenken. Er sagt zum Regen: "Wir haben heute mit ein paar Wolken zu rechnen. Was haben die mit den Bernkastelern gemeinsam? Wenn sich beide verziehen, haben wir noch einen schönen Tag." Bernkasteler waren offensichtlich keine da: Die Wittlicher amüsieren sich später in den Gaststätten. Da haben die Wolken keinen Zutritt. Kreiau!
volksfreund.de/fastnacht

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