Bausünden der alten Römer

Leserbrief zum Artikel "Aufgemacht - reingeschaut - zugemacht" (TV, 26. Juli)

Wittlich hat ein neues Thema: Seine römische Villa. Das Landesmuseum in Trier widmet ihr eine Ausstellung; der TV berichtet ausführlich. Vor vier Jahrzehnten hätte eine öffentliche Diskussion Sinn gemacht. Da wäre wohl klar geworden, warum das Baurecht für die Autobahn so und nicht anders ausgefallen ist. Damals wurde in einem Planfeststellungsverfahren geklärt, ob die Trasse wie vor dem Krieg begonnen weitergebaut werden sollte oder im Interesse der römischen Villa zu verschieben war, wie dies nach den Ausgrabungen von 1940 überlegt worden war.1968 kam ich als Leiter der zuständigen Straßenbaubehörde nach Wittlich. Zu der Zeit war die römische Villa praktisch nicht mehr vorhanden. Ein Nachbar weiß zu berichten, dass die Ruine Ende des Krieges von einer Bombe getroffen wurde. Alles verwertbare Baumaterial war abtransportiert. Die Lieser hatte große Teile des Bauwerkes abgeschwemmt. Zu sehen waren nur einzelne kleine Mauerreste, die anscheinend von Amateurarchäologen freigelegt und ausgekratzt worden waren.Für den Erhalt der "spärlichen Überreste" (Karin Goethert, kommissarische Leiterin des Landesmuseums) erhob sich in Wittlich keine einzige Stimme. Wer hat bloß das Märchen von den "heftigsten Protesten" gegen den Bau der Autobahnbrücke mit einem Pfeilerpaar im Bereich des Südflügels der Villa erzählt?Wenn es den heute Interessierten ein Trost sein kann, will ich noch darauf hinweisen, dass die römische Villa in Wittlich kein Bauwerk für Jahrhunderte sein konnte. Sie wurde an einem weichen Prallhang der Lieser auf einer mehrere Meter dicken Tonschicht gebaut. Auch die alten Römer haben also schon Bausünden begangen.Hans Gaß, Wittlich Römische Villa

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