Die Brötchen meiner Kindheit

Niemals geht man so ganz …", sang Trude Herr. Die Frau hat Recht. Ein Stück von mir ist in meinem saarländischen Heimatort zurückgeblieben. Bei jedem Besuch wird es lebendig. Wenn ich an der Eisdiele vorbeifahre, denke ich an die vielen vergnüglichen Stunden dort, vor allem, wenn eigentlich Kirchgang angesagt war.

Sehe ich die Schulturnhalle, erinnere ich mich an stundenlanges Tischtennistraining und die ersten Liebeleien. Überall Erinnerungen. Doch bei den gelegentlichen Besuchen bei meinen Eltern ereilen mich auch immer wieder Schocks. Der Ort verändert sich und will partout nicht als Museum meiner Erinnerungen fungieren. So wurde der Marktplatz ziemlich zugebaut, was jedoch nicht ganz so schlimm ist, weil der Platz in meinem Leben eine untergeordnete Rolle gespielt hat. Schlimmer war da schon die Nachricht, dass das Freibad wegen Geldnot schließt, das Bad, in dem ich das erste Mal vom Fünfer gesprungen bin. Schlimm auch zu sehen, dass der Spielplatz unweit meines Elternhauses einfach abgeräumt wurde. Da ist jetzt nur noch Wiese. Die Schaukel, auf der wichtige Entscheidungen fielen - einfach weg. Wie meine Eltern, so ist das ganze Wohnviertel gealtert und ein Kinderspielplatz an dieser Stelle nicht mehr nötig. Kalt erwischt hat mich dann zuletzt die Nachricht, dass "unser Bäcker" schließt. Er kam täglich in unser Viertel gefahren, um das leckere Brot zu verkaufen und die besten aller Brötchen, die Brötchen meiner Kindheit eben. - Seltsam, was kann einen Kindheit sentimental machen. Dabei frage ich mich, warum. Denn neben all den schönen Erinnerungen waren da auch genug Ängste und Fragen. Was kommt? Was wird? Wo will ich hin? Nicht, dass ich heute alle Antworten gefunden hätte, aber ich habe immerhin eine Ahnung, wohin es gehen könnte. Und da bin ich mir sicher, dass es dazu gehört, dass ich beim nächsten Elternbesuch wieder ganz sentimental werde…

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