Documentamäßig

Ist das das neue Vereinsheim des Bürgermeister-Fanklubs", hat mich vor drei Tagen mein Vetter Karl aus Karl gefragt, als wir im Slalom zwischen den neuen Tafeln über den Wittlicher Marktplatz gingen.

"Nein", habe ich gesagt, das ist eine Attraktion. Okay, böse Zungen behaupten, dass das Gartenhäuschen mit dem Eisblock drin ein eher schlecht gelungener Werbegag war. Aber welche deutsche Stadt kann schon von sich behaupten, als Kontrapunkt zu einem historischen Marktplatz ein Baumarkt-Holzhaus zu setzen. Das ist hohe Kunst. "Dann habt ihr ja ne halbe Documenta in den Schrebergärten am Stadtpark stehen", sagte Karl daraufhin. So richtig konnte ich ihm da nicht widersprechen. Vielleicht ist es aber auch so, dass in den Holzhäusern an der Lieser gezeigt werden soll, wie toll das eine oder andere ist. Vielleicht hat irgendein Bankinstitut in einem Häuschen mehrere Millionen Euro deponiert und ein Schild angenagelt mit der Aufschrift "Sehen Sie, Geld stinkt auch nach Jahren nicht!". Daneben sind in einer Hütte vielleicht Hinweisschilder zur römischen Villa aufgeschichtet. An der Außenwand ist eine Tafel für ein von der Stadt veranstaltetes Gewinnspiel zu sehen: "Erraten Sie, wie viele Interessierte den Weg zur Villa trotzdem finden!" In der dritten Hütte sind wohl auch Schilder drin. Nämlich die überzähligen 38 Hinweistafeln, für die bei aller Liebe kein Plätzchen mehr zu finden war. Auch an diesem Haus prangt die Werbung für ein Rätsel: "Erraten Sie, wie lange es dauert, bis die Hinweistafeln jemand vermisst."

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