Doppelt hält besser: DIE Rede

Salve! Wittlich 2006, das ist die klassische Antike, nicht nur der Villa sei Dank. Wir haben Vitelliuspark, den kleinen Vitellius, das unsterbliche Pichtermännchen, das mit den Römern verschwippschwagert sein soll.

Ja, römische Kultur fasziniert bis heute. Warum macht Trier sonst so ein Geschiss um Konstantin? Trier stellt deshalb so einen Fuß in die Stadt, überall gibt es Plakate mit dem Lockenkopf. Milliuuunen Leut sollen so gelockt werden. Das schaffen die Wittlicher auch! Und haben eine neue, alte Kunst entdeckt: die Rede! Ich sage nur Platon. Der konnte so gut reden, das man ihn noch heute kennt. Okay, Platon hat was mit Athen zu tun, gehört also in die griechische Ecke. Das ist wunderbar! Denn unser römisches Erbe haben wir ja praktisch schon "durch". Jetzt ist Zeit für Neues, aber bitte mit KUNST und KULTUR, was sonst. Dazu haben wir den Amtsleiter. Der hat Ideen: Jetzt bereitet er die Renaissance des griechischen Altertums in Wittlich vor. Sein Konzept: Reden. Das ist nichts Neues. Aber jetzt geht es um DIE Rede an sich: revolutionär, aufklärerisch, eine Verteidigung einer großen, ja globalen Sache. Die Rede fürs Volk! Titel: "Wider die geistige Fettleibigkeit". Toll! Genial! Vor allem weil der Redner selbst per se dadurch die geistige Dürre personifiziert. Endlich einer, der eine Verteidigungsrede nach Platons Art hält! Wachgerüttelt hat DIE Rede schon bei der Festveranstaltung des Männerchores. 20 Minuten vom Blatt abgelesen, DIE Rede. Die Zuhörer waren so sprachlos, das sie das mit Tuscheln vertuschten. Dass die Kunst "über elementare, geistes- und seelenpflegerische Kräfte" verfügt und so weiter. Das soll manchem die Augen so geöffnet haben, dass sie ihm vor Erschöpfung zufielen. DIE Rede: Reiner Sprengstoff als Trance-Mantra getarnt. Unerhörte Erkenntnis! Die Landrätin zum Beispiel hatte Glück. Sie hatte das Privileg, genau dieselbe Rede bei der Kulturpreisverleihung nochmal hören zu dürfen! Platons Apologie, also seine berühmte Verteidigungsrede des Sokrates, die wurde ja auch vervielfältigt, sonst würde die ja keiner mehr kennen. Vielleicht will der Redner auch nur testen, woran er feilen kann, um DIE Rede zu verfeinern, um sie zu jedem Anlass halten zu können. Für Museumsführungen, Medaillenübergaben oder fürs Medium Fernsehen. Der offene Kanal überträgt sie in Endlosschleife! Dann kann der Redner sie auch irgendwann auswendig. Und Wilma hat gehört, sie wird an Silvester am neuen Stadttor gehalten. Der Bürgermeister leiht seinen "Beamer", und der Text wird in den Nachthimmel projeziert. Zum Mitsingen fürs Volk: Bis dahin hat sie nämlich der Männerchor vertont, und Wittlich wird Weltkulturhauptstadt. Bis dann, Euer

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort