HINTERGRUND

Wie es begann...FRANK UND DIE SYNAGOGE: Die Reichspogromnacht am 9. November 1938 markierte den Übergang vom diskriminierenden Antisemitismus zur systematischen Juden-Verfolgung und Ermordung.

Landauf, landab schändeten die Nazis Synagogen, auch in Wittlich. Das Leben des jüdischen Textilhändlers Emil Frank war eng mit der Wittlicher Synagoge verbunden: Franks Großvater war Rabbiner, sein Vater hatte sich maßgeblich für den Bau des Gotteshauses eingesetzt, Frank war von 1926 bis 1936 Vorsteher der jüdischen Gemeinde. Die Reichspogromnacht entzog auch ihm die Existenzgrundlage. Er flüchtete ins amerikanische Exil, wo er 1954 starb. Zurück blieb sein Wäscheschrank, den Franks Haushälterin ihrer Nichte, der in Köln lebenden Journalistin Ursula Junk, vererbte.DER SCHRANK UND DIE STADT: Ursula Junk verfolgte die Geschichte ihres Erbstücks zurück bis nach Wittlich. "Eine Stadt, die sich nicht erinnern will" titelte sie ihre 1987 für den Westdeutschen Rundfunk produzierte Hörfunk-Reportage. Ende der 80er Jahre war jüdische Geschichte noch kein Thema in Wittlich - eine Erfahrung, die Junk immer wieder bei ihrer Recherche machte.SCHRANK UND ARBEITSKREIS: Für eine Gruppe engagierter Leute, die für den 50. Jahrestag der Reichspogromnacht 1988 eine größere Gedenkveranstaltung als die üblichen Mahnwachen planten, gab die Hörfunk-Reportage den letzten Anstoß zur Gründung des Arbeitskreises "Jüdische Gemeinde Wittlich". Als Ursula Junk 1991 in Wittlich ihren Film "Es war ein Stück seines Herzens" drehte, hatte der Arbeitskreis zur 700-Jahr-Feier der Stadt auch Wittlicher Juden eingeladen, ihre einstige Heimat zu besuchen. SCHRANK UND ERINNERN: Wittlich begann, sich zu erinnern. Wohl auch deshalb hat Ursula Junk kurz vor ihrem Tod im vergangenen Jahr den Wunsch geäußert, dass der Schrank wieder in die Stadt kommt, die Frank über alles geliebt hat. Wohl auch als Anerkennung für die Erinnerungsarbeit, die in Wittlich geleistet wurde. (scho)

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