HINTERGRUND

Von den Anfängen im Weiber-GefängnisGESCHICHTE: 1902 startete die Justizvollzugsanstalt (JVA) Wittlich ihren Betrieb. Damals gab es noch keine Jugendstrafanstalt, aber ein Weiber-Gefängnis.

"Man merkte aber recht schnell, dass der Bedarf für ein Frauen-Gefängnis nicht groß war", sagt Otto Schmid, Leiter der heutigen Jugendstrafanstalt. Die wurde 1912 im einstigen Weiber-Gefängnis eingerichtet. Schmid: "Das war damals die erste und damit auch größte Jugendstrafanstalt von Preußen - wenn nicht in ganz Europa." Und bis 1991 (da wurde Schifferstadt gebaut) die einzige Jugendstrafanstalt in Rheinland-Pfalz. DIE HÄFTLINGE: In der Jugendstrafanstalt Wittlich sitzen 14- bis 21-Jährige aus den Amtsgerichtsbezirken Trier und Koblenz. Manche Häftlinge sind auch älter als 21 Jahre, da der Zeitpunkt der Tat ausschlaggebend für die Inhaftierung im Jugend- oder Erwachsenengefängnis ist (Durchschnittsalter: 19,5 Jahre). Von den derzeit 180 jungen Inhaftierten (zum Vergleich: 1992 waren es 82) sind 20 in Untersuchungshaft. Im Schnitt beträgt die Haftdauer 13 bis 14 Monate. Derzeit gibt es im Jugendgefängnis 20 russische Aussiedler. Diese Gruppe kapselt sich nach Erfahrung der Anstaltsleitung und des Beirats ab und ist stark hierarchisch organisiert. Das Problem lässt aber nach: Vor Jahren zählte die Jugendstrafanstalt um die 50 Russland-Deutsche, die bewusst auf verschiedene Wohngruppen verteilt werden. DIE DELIKTE: Die Jugendlichen sind mit dem Gesetz meist wegen Körperverletzung und Gewaltkriminalität sowie Drogenhandel und Beschaffungskriminalität in Konflikt geraten. Hinzu kommen derzeit zehn Sexualstraftäter. Anstaltsleiter Schmid betont, dass Medien dabei aber oft ein verzerrtes Bild vermitteln: "Bei manchen war einfach die Freundin zu jung und es wurde Anzeige wegen Verführung Minderjähriger erstattet."DAS WOHNGRUPPEN-PRINZIP: Zwischen 1996 und 2000 wurde die Jugendstrafanstalt vom so genannten panoptischen System (keine durchgezogenen Decken, dafür Fallnetze in der Mitte des Atrium-Baus) Wohngruppen-System umgebaut. Vorteil: Die Häftlinge sollen soziales und eigenverantwortliches Leben lernen. Die Wohngruppen sind eigentlich für 13 Häftlinge pro Gruppe ausgerichtet, zählen derzeit aber bis zu 20 Häftlinge. Zudem sind wegen Platznot auch zwei Stockwerke im Erwachsenengefängnis mit jugendlichen Straftätern belegt. Das Problem der Überbelegung soll mit der Erweiterung der JVA Wittlich (der TV berichtete mehrfach) zum größten Gefängnis in Rheinland-Pfalz gelöst werden.SCHULE UND AUSBILDUNG: Fast die Hälfte der Straftäter hat noch nicht mal einen Hauptschulabschluss. Den können die Häftlinge in der JVA-Schule nachholen. Zudem werden Ausbildungen in der Schreinerei, der Schlosserei und im Maler- und Lackiererbetrieb angeboten. Das Problem: Die Haftzeiten sind meist so kurz, dass die begonnene Ausbildung nicht abgeschlossen werden kann. Deshalb wird derzeit ein Modul-System entwickelt, in dem auch nach einem Jahr Zertifikate in einem Bereich erworben werden können. (scho)

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