Nur mit Ausweis

Mein Nachbar Paul ist ja eigentlich ein ganz lässiger Typ. Der regt sich so schnell nicht auf. Aber gestern, als wir mal wieder unser Feierabendbier in der Kneipe getrunken haben, da war er außer sich.

"Ich muss jetzt einen Antrag bei der Stadt stellen!", ruft er aufgeregt in die Runde. Er gehe doch immer mit seinem Enkel ins Wittlicher Schwimmbad und der Kleine wolle jetzt auch Schwimmen lernen. Da Paul ein guter Schwimmer ist, wolle er das natürlich selbst machen, und da liege jetzt das Problem. "Das ist kein Problem", ruft Franz vom Nebentisch. Diese Woche habe am Schwimmbad ein Zettel gehangen, auf dem stand, dass man innerhalb der Familie durchaus Schwimmunterricht geben dürfe, nur eben nicht anderen Kindern. Paul ist beruhigt, aber dann sinniert er weiter. "Was ist denn, wenn ein Paar in ,wilder' Ehe lebt, und der Mann will den Kindern seiner Freundin das Schwimmen beibringen?", fragt er. Nachdenklich blicken alle in ihre Biergläser. "Naja", sagt Franz, dann muss der Mann auf jeden Fall aufs Amt, entweder zum Heiraten oder um einen Antrag zu stellen." Wieder bedächtiges Schweigen. "Und was ist, wenn eine Frau mit ihrem Kind und dem Nachbarkind zum Schwimmen geht, und beide sollen Schwimmen lernen?", gebe ich zu bedenken. "Das ist doch auch gar kein Problem", sagt Franz. "Dann muss sich das Nachbarkind eben immer die Augen zuhalten, wenn die Mutter ihrem Kind die Schwimmbewegung vormacht." Jetzt schaltet sich auch die nette junge Frau, die immer so leckere Bierchen zapft, ein. "Das ist mir alles zu kompliziert, da warte ich bis zum Sommer und fahre ans Pulvermaar. Dort kann ich mit meinem Sohn, dessen Freund, meinem Freund, Oma und Opa baden, und jeder kann jedem das Schwimmen, Kraulen, Tauchen oder sonst was beibringen!" Paul überlegt noch ganz was anderes. "Wie will der Bademeister denn eigentlich feststellen, ob es sich um das eigene Kind oder das Nachbarkind handelt?" "Ausweiskontrolle!" schlägt Franz vor. "Mit dem Eintritt ins Schwimmbad bekommt jeder Besucher künftig eine wasserfeste Tasche, wahlweise zum Umhängen oder um den Bauch zu binden, je nach Figur und modischer Vorliebe, und darin steckt man den Personalausweis, den Kinderausweis und das Familienstammbuch". Große Begeisterung - auf diesen Vorschlag hin gibt Paul eine Runde. "Auf die Tasche könnte man noch ein Schweinchen drucken und schon hat Wittlich wieder ein Alleinstellungsmerkmal", schlägt er vor. "Toll", ruft Franz, "das kurbelt die Taschen-Wirtschaft an, und Bürgermeister Bußmer könnte zur Einführung selbst den Praxistest machen und sich eine Tasche um den Hals hängen mit allen erforderlichen Unterlagen und vom Fünfmeterbrett ins Wasser springen. Dann kommt auch sicher jemand von der Zeitung, macht ein Foto und alle sind wieder froh!" Bis dann, Euer

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