ZUM ADVENT

Viele Erwachsene wären an Weihnachten - speziell in der Adventszeit - gerne noch einmal Kind. Zumindest geht es mir so. Dies vor allem, weil es meinen Eltern nicht nur immer wieder gelungen ist, mich an Weihnachten wirklich zu überraschen, sondern auch, weil ich mich so gerne an die eine oder andere Gegebenheit erinnere, die sich kurz vor dem Fest zutrug.

Ich muss sechs oder sieben Jahre alt gewesen sein, da nahm mich mein Vater nach der Arbeit mit in den Wald. Es war schon dunkel, und der Philosophenpfad in Prüm, den wir hinaufstapften, war tief verschneit. Während ich die Taschenlampe halten durfte, trug mein Vater eine alte Ledertasche, deren Inhalt ich nicht kannte. Ich muss gestehen, dass ich selten so aufgeregt war: Denn nicht nur, dass es mein Vater ausgezeichnet verstand, mir während des Marsches eine wunderbare Geschichte zu erzählen; allein zu so später Stunde im verschneiten Wald zu sein, trieb mir doch ganz schön Ehrfurcht ein. Jedenfalls befindet sich die Stelle, an der mein Vater den Baum schlug, heute noch deutlich in meiner Erinnerung. Damals hatte ich - wohl wegen der Aufregung - sogar das Gefühl, sie sei kilometerweit von zu Hause weg. Erst als Erwachsener wurde mir klar, dass sie nur wenige hundert Meter vom Elternhaus entfernt lag. Also, wenn ich heute einen speziellen Wunsch hätte, dann würde ich meinen Sohn nehmen und ihm das gleiche Abenteuer gönnen, wie es mein Vater mir vor gut 40 Jahren geboten hat. Ich fürchte nur, das käme beim Revierförster nicht besonders gut an. Die Zeiten haben sich geändert. Wie unromantisch! Manfred Reuter

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