Nackte Tatsachen

Da kommt der Stadtrat sicher komplett vorbei, wenn am Sonntag um 11 Uhr (ist da nicht Hochamt?) die neue Ausstellung eröffnet wird. Im Blättchen steht, sie sei „aufregend“, weil: „Zeigt sie doch unzählige wunderschöne und zumeist völlig unbekleidete junge Frauen.

Die Modelle der Bilder sind allerdings bereits alle verstorben, da die Grafiken in der Regel 100 Jahre alt sind.“ Aha. Dass jetzt extra darauf hingewiesen wird, dass die Modelle von Kunstwerken tot sind. Und adeln 100 Jahre per se alles? Oder soll das schlicht beruhigen? Immerhin geht es ja um „Das gefährliche Weib“. Dazu habe ich bis jetzt Wilma gerechnet, aber ich muss umdenken. Der Bürgermeister hat gesagt, das sei eine ganz, ganz hochkarätige oder exklusive, jedenfalls sensationelle Schau. Was der wieder alles weiß! Vermutlich müssen Bürgermeister heute auch noch unterscheiden können, wann das Bild einer nackten Frau Kunst ist und wann nicht! Ich muss das noch üben.Weiter heißt es, damals hätten sich Männer von den sich emanzipierenden Frauen „hilflos verführt“ gefühlt. Deshalb die Darstellung als gefährliche Weiber. Meine armen Artgenossen! Heutzutage gucken wir natürlich ganz, ganz anders auf all die gezeichneten Brüste und so weiter. Das ist ja Kunst! Ich mit meinem heutigen Männerbild kriege deshalb in der Ausstellung so eine Angst, dass ich die nackten Frauen gar nicht mehr als nackte Frauen wahrnehme und nur noch schnell heim will. Hmmm. Ich habe ein bisschen den Verdacht, man muss sich nur eine gute Geschichte ausdenken, irgendwas aus den griechischen Sagen zum Beispiel, dann kann man die Frauen bildlich ausziehen und alles dient der Bildung. Aber deshalb muss man noch Titel dazu dichten: „Eva, Teufel und Sünde“ zum Beispiel: Da hat man die Bibel sogar gleich mit drin, Halleluja! Und was sieht Mann? Eine sich rekelnde Nackte, eine Halbnackte mit Schlange und einen Mann (angezogen) mit Äpfelchen. Heiliger Bimbam: Mehr große Kunst geht nicht. Und das ist ja nicht zu vergleichen mit den banalen Pin-ups, die im Metallschrank oder auf dem Kalender blankziehen. Als ob wir Männer uns von denen nicht „hilflos verführt“ fühlen würden. Ich finde, ein paar moderne Bilder hätten sie mal bei der Ausstellung auch dazu hängen können. Oder Video-Installationen. Nebenbei gefragt: Was macht eigentlich Cicciolina? Mal den Sammler aus Leipzig fragen. Vielleicht hat der noch eine Sammlung. Oder ist das Ganze nur Auftakt einer neuen Ausstellungsreihe? Haben sich eigentlich die Aktivistinnen von Femen angekündigt? Das wird ja interessant! Noch was: Ich hätte noch eine Kracher-Idee: Wie wäre es mit freiem Eintritt für alle unsere Helfer von der Feuerwehr?

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