Auf dem Sprung nach ganz oben

Trier · Er ist gerade mal 18 Jahre alt und schon Nationalspieler für sein Heimatland: Sebastian Herrera von den Gladiators Trier spielt mit Chile die Südamerikameisterschaft in Venezuela und trifft dabei auch auf so manchen Star. Und wenn es gut läuft, stehen ihm vielleicht schon bald zahlreiche NBA-Stars gegenüber.

Auf dem Sprung nach ganz oben
Foto: Felipe Trueba (g_sport

Trier. Bevor das große Abenteuer losgehen konnte, musste Sebastian Herrera noch eine Hürde überwinden. Noch einmal hinsetzen, noch einmal konzentrieren, noch einmal was aufs Papier bringen: Klausur, Leistungskurs Sport lautete die Aufgabe. "Das lief gut", berichtet der 18-jährige Schüler des Trierer Max-Planck-Gymnasiums (MPG). "Ich bin zufrieden, jetzt fühle ich mich so frei, das kann man gar nicht beschreiben." Verständlich, schließlich wartet nun an das wohl größte Abenteuer seines Lebens auf Herrera: Der Spieler von Basketball-Zweitligist Gladiators Trier ist von Chiles Basketball-Nationalmannschaftstrainer zum ersten Mal in das Aufgebot des A-Teams berufen worden. Das heißt: Herrera nimmt mit dem Team vom 26. Juni bis zum 2. Juli an der Basketball-Südamerikameisterschaft teil. "Das war unglaublich, als sich der Nationalcoach bei mir gemeldet hat", erinnert sich Herrera. "Er hat mir bei Facebook geschrieben und fragte, ob ich Lust hätte, im Juni und Juli nach Südamerika zu kommen und für Chile zu spielen - ich wusste zuerst gar nicht, was ich antworten sollte". Nach Gesprächen mit seinen Eltern in Chile entschließt er sich, zuzusagen. "Das war ja nicht so einfach, schließlich gehe ich noch zur Schule, besuche die 12. Klasse des MPG - das musste ich natürlich erstmal mit meinen Lehrern absprechen." Aber, so erzählt das Basketballtalent, die Schule habe sich nicht in den Weg gestellt. "Die waren alle total kooperativ, dafür bin ich so dankbar - ich verpasse nun eine Klausur, aber die kann ich nach meiner Rückkehr vor den Sommerferien nachholen."
So ist der Flügelspieler vor wenigen Tagen von Luxemburg über Paris nach Lima in Peru geflogen, wo die chilenische Nationalmannschaft bis zum Turnierstart ein Trainingslager abhält. Später geht es weiter in die venezolanische Hauptstadt Caracas zur Campeonato Sudamericano de Baloncesto, wie die Basketball-Südamerika-Meisterschaft aus Spanisch genannt wird. Auf über 1000 Metern Höhe ("daran muss man sich erstmal gewöhnen, die Luft ist echt dünn, aber nach ein paar Tagen geht das") kämpfen Sebastian Herrera und seine Chilenen dort mit neun weiteren Ländern um den Titel, darunter die starken Nationen Argentinien, Brasilien und der amtierende Titelträger und Gastgeber Venezuela, der mit NBA-Star Greivis Vásquez von den Milwaukee Bucks antritt.
Noch vor wenigen Wochen kämpfte Sebastian Herrera gegen Spieler aus Kirchheim und Rhöndorf in der 2. Bundesliga um Rebounds und Punkte - jetzt tritt der 1,93-Meter-Mann gegen NBA- und Euroleague-Größen an. "Dass ich gegen solche Top-Stars spielen kann, ist natürlich wie ein Traum. Ich will einfach nur möglichst viel Erfahrung sammeln."
Herrera gehört zu den größten Basketballtalenten seines Jahrgangs in Deutschland. Gladiators-Trainer Marco van den Berg sieht den Mann mit der Trikotnummer 24 über kurz oder lang in der 1. Bundesliga. Der Sohn einer deutschen Mutter und eines chilenischen Vaters lebt seit 2014 in Trier. Es ist der ehemalige sportliche Leiter der TBB Trier, Frank Baum, der Herrera an die Mosel lotst. Baum entdeckt Herrera 2014 beim sogenannten Albert-Schweitzer-Turnier, der inoffiziellen U-18-Weltmeisterschaft in Mannheim.
Dort spielt er mit dem chilenischen Nationalteam. In Chile ist Herrera vor seinem Wechsel bereits in der ersten Liga aktiv, wird mit seinem Team Universidad Cátolica de Chile 2014 sogar chilenischer Meister. Viele Clubs wollen das Talent verpflichten, doch Herrera entscheidet sich für Trier. "Die TBB hat sich sehr um mich bemüht, mir die Möglichkeit gegeben, hier zur Schule zu gehen, außerdem gab es ein Bundesligateam, bei dem ich Spielpraxis sammeln durfte", erzählt Herrera dem TV. Also entscheidet sich Herrera mit 16 Jahren für den Schritt in das ferne Land. Mittlerweile fühlt sich Herrera pudelwohl in Trier, im kommenden Jahr wird er sein Abitur am MPG machen.
In Trier absolvierte Herrera eine starke Saison in der Pro A. 29-Mal stand er auf dem Parkett, erzielte im Schnitt knapp fünf Punkte.
Nur zum Staunen fahre er nicht zur Südamerikameisterschaft nach Caracas, betont der junge Mann. Auch wenn der Titelgewinn aufgrund der starken Konkurrenz eher unrealistisch erscheint, haben die Chilenen ein anderes Ziel vor Augen: Die ersten fünf Teams der zehn Teilnehmerstaaten schaffen den Sprung in die Qualifikation für die Weltmeisterschaft 2019. "Das sollte machbar sein", findet Herrera. Gelingt der Sprung in die WM-Quali, stünde der junge Gladiator womöglich vor seinem nächsten Abenteuer, denn dort würden dann sogar die USA als Gegner infrage kommen - und die haben ja bekanntlich auch den einen oder anderen NBA-Star in ihren Reihen.

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