Basketball: „Evans ist nicht so einfach zu ersetzen“

Trier · Nach mehr als drei Monaten spielfreier Zeit startet Basketball-Zweitligist Römerstrom Gladiators Trier am Montag in die Vorbereitung. Trainer Marco van den Berg hat vorher mit TV-Redakteur Marek Fritzen über Neuzugänge, Trierer Zynismus und einen Wunsch-Spieler gesprochen, der dann doch nicht gekommen ist.

 Marco van den Berg. TV-Foto: Archiv/Marek Fritzen

Marco van den Berg. TV-Foto: Archiv/Marek Fritzen

Foto: (g_sport

Herr van den Berg, das letzte Playoff-Spiel liegt mehr als drei Monate zurück - vermissen Sie den Basketball und Ihre neue Heimatstadt Trier?
Marco van den Berg: Ich vermisse die Stadt sehr. Da ich mit sehr vielen positiven Eindrücken zurückschaue auf die erste Saison an der Mosel. Ich war im Sommer viermal in Trier. Ich war richtig müde am Ende der Saison, zwei Wochen lang danach richtig fertig. Aber jetzt bin ich voller Elan, ich will, dass es wieder losgeht.

Wie haben Sie den Sommer verbracht?
vdB: Ich war den Sommer über fast täglich in Kontakt mit Michael Lang, Achim Schmitz und unserem neuen Co-Trainer Christian Held. Da wir allerdings unsere Kaderplanung sehr schnell abgeschlossen hatten, konnte ich nun zum Abschluss noch zwei Wochen Urlaub mit meiner Tochter und den Hunden an der holländischen Nordsee machen. Aber natürlich habe ich mich auch sehr viel mit Basketball beschäftigt, mich mit anderen Trainern getroffen, um neue Dinge zu lernen, mich weiterzubilden, das ist ganz wichtig.

Ist Ihr erstes Jahr in Trier so verlaufen, wie Sie es sich vorgestellt haben?
vdB: Sich Vorstellungen zu machen, ist sehr schwierig, wenn man wie ich im Sommer 2015 vom einen auf den anderen Tag in einer neuen Stadt bei einem neuen Club anfangen muss. Allerdings war der vorherrschende Zynismus und der fehlende Glaube daran, dass wir in Trier wirklich wieder etwas aufbauen können, für mich am Anfang sehr gewöhnungsbedürftig. Das hat sich im Laufe der Saison glücklicherweise geändert. Ich habe das Gefühl, dass die Leute an uns glauben, sie stehen wieder hinter uns. Der Club wird mittlerweile anders angesehen.

Woran machen Sie das fest?
vdB: Allein daran, wie die Neuzugänge an uns herangetreten sind. Sie wollten alle zu uns. Es ist jetzt nicht mehr so, dass wir wie im letzten Jahr zu Spielern wie Dwayne Evans oder Kwadzo Ahelegbe sagen müssen: "Hey, kommt doch zu uns und nutzt Trier als Sprungbrett." Das ist jetzt anders. Wir haben nun ein Gesicht, etwas geschaffen. Die Neuzugänge haben teilweise sogar große Opfer gebracht, um zu uns kommen zu können.

Sie sprechen die Veränderungen im Kader an - es hat sich einiges getan: es sind viele gegangen und viele Neue dazugekommen. Fängt man nicht ein Stück weit wieder bei null an?
vdB: Nein, nein, gar nicht. Mit Simon Schmitz ist der Kopf der Mannschaft diesmal von Beginn an dabei, er ist verletzungsfrei im Gegensatz zum letzten Jahr. Hinzu kommt, dass wichtige Spieler wie Kevin Smit, Brandon Spearman, Jack Eggleston und Kilian Dietz bleiben - die Umkleide lebt also schon. Das ist kein Neuanfang.

Das heißt, auch der Spielstil der Mannschaft bleibt bestehen - also wieder Defense first?
vdB: Natürlich ist die Defense enorm wichtig, aber weil wir andere Spielertypen als im letzten Jahr geholt haben, müssen wir uns Offensive verändern.

Inwiefern?
vdB: Das Screening (Blockstellen) und die Bewegung ohne den Ball müssen deutlich besser werden. Während wir in der letzten Saison sehr viel auf Eins-gegen-Eins-Situationen kreiert haben, werden wir in der neuen Saison viel mehr Wert auf das Spiel ohne Ball legen. Das heißt: Teamplay wird noch wichtiger.

Mit Lüttich, Ludwigsburg und Mons warten prominente Testspielgegner in der Vorbereitung - wie kam der Kontakt zustande?
vdB: Also Ludwigsburg hat uns eingeladen. Viele andere Testspiele hat Helge Patzak für uns klargemacht. Er hat das alles ehrenamtlich organisiert und uns wirklich viel geholfen. Er hat aktuell noch kein offizielles Amt, das können wir ihm noch nicht bieten. Aber es wäre schön, wenn er über kurz oder lang auch offiziell für uns arbeiten würde.

Mit Dwayne Evans, Justin Raffington und Kwadzo Ahelegbe haben drei Leistungsträger den Club verlassen - wie schwer wiegen die Abgänge?
vdB: Evans hat sicher eine sehr gute Saison gespielt, leider konnte er das im Playoff-Halbfinale gegen Jena nicht mehr bestätigen. Anders war das bei Justin, er war richtig gut in den Playoffs. Von ihm wussten wir schon lange, dass er in seiner zweiten Saison in Deutschland lieber in einer größeren deutschen Stadt spielen wollte. Das war okay für uns, genauso wie bei Dwayne. Die Jungs haben uns sehr geholfen, genauso wie wir ihnen auch geholfen haben.

Dennoch - wie schwer wiegen die Abgänge?
vdB: Klar, der Abgang von Evans ist nicht so einfach zu kompensieren. Wir haben versucht, einen Ersatz für ihn zu finden, wollten einen altmodischen Center, der mit dem Rücken zum Korb den Ball bekommen und die Punkte machen kann. Das war allerdings nicht möglich, leider. Dafür haben wir mit Ryan Nicholas einen ganz tollen Allrounder, der andere Qualitäten hat als Dwayne, aber überall auf dem Feld präsent ist. Er ist hoch motiviert und sehr erfahren - er wird uns weiterhelfen.

Ist es nicht doch ein Nachteil, dass euch so ein echter Big-Man fehlt?
vdB: Alles hat Vor- und Nachteile. Mit Johannes Joos haben wir einen 2,06-Meter-Mann geholt, der sehr lange Arme hat. Er ist der Ersatz für Justin und stand schon länger auf meiner Liste - genauso wie übrigens Paul Albrecht, der nun nach Hanau gegangen ist. Joos ist ein echter Athlet, hat eine starke linke Hand und kann gut mit dem Rücken zum Korb agieren. Er kann es in die BBL schaffen.

Auf den Flügelpositionen sind Smit, Herrera und Spearman geblieben, hinzu kommt Pablo Coro aus Chile. Was ist das für ein Spieler?
vdB: Man braucht ab und zu auch mal einen Spieler, der den Ball einfach nur in den Korb haut - das kann er sehr gut. Er ist uneigennützig und kann sowohl auf Position eins als auch auf Position zwei spielen. Er gibt uns durch seine internationale Erfahrung einfach mehr Flexibilität auf der Aufbauposition. Wenn Simon Schmitz eine Pause braucht, ist es gut, wenn man eine zweite Größe auf der Position hat. Hinzu kommt mit dem Luxemburger Thomas Grün ein weiteres Riesentalent für die Point-Guard-Position.

Ist das Team besser als in der vergangenen Saison?
vdB: Mein Ziel ist es, besser zu spielen als im Vorjahr. Ob uns das gelingt, wird sich zeigen. Es hängt von vielen Faktoren ab.

Von welchen?
vdB: Zum Beispiel davon, inwieweit Spieler wie Kevin Smit, Brandon Spearman und Jack Eggleston ihre Leistungen noch konstanter abrufen können als im vergangenen Jahr. Und natürlich auch davon, wie schnell die Neuen sich zurechtfinden.

Ist die Mannschaft individuell besser besetzt als im letzten Jahr?
vdB: Keine Ahnung, das kann ich nicht sagen. Mein Ziel ist es, dass sich die Rückkehrer im Vergleich zu ihrer ersten Saison in Trier verbessern, und dass das Team als Kollektiv funktioniert. Ich will qualitativ einen Schritt nach vorne machen, ob sich das auch quantitativ auf die Tabellenplatzierung auswirkt, kann ich nicht sagen.

Wie viele Trierer Jungs haben denn die Chance in die 12er Rotation zu kommen?
vdB: Thomas Henkel ist in der 12er Rotation, Nils Maisel, Lars Hopp und Sasa Milosevic haben auch gute Chancen. Sie werden ihre Gelegenheiten bekommen, sich zu zeigen.

Mit Benedikt Breiling, Marian Dahlem und Nicolas Ensch sind drei Trierer Jungs nicht mehr dabei - spricht das nicht gegen Ihre Philosophie, Jungs aus der Region zu fördern?
vdB: Also von Marian wussten wir, dass er für sein Studium nach Köln geht. Er ist ein großartiger Junge, aber für ihn wird es schwierig sein, dauerhaft als Vollprofi zu spielen. Zu Benedikt habe ich gesagt: "Du kannst bleiben, aber nicht mit den Versprechungen aus der letzten Saison." Er ist ein sehr guter Distanzschütze, aber wenn ein Distanzschütze nicht trifft, dann wird es eine schwierige Geschichte. Ich konnte ihm keine Spielzeit garantieren. Zu Nico: Er hat von sich aus gesagt, dass er nicht mehr bei uns weiterspielen will. Aber der Trierer Weg geht weiter. Wir setzen auf den Nachwuchs.

Zum Thema Nachwuchs passen die Verpflichtungen von Christian Held und Dominic Dörr - ist das ein Schritt in Richtung Nachwuchsakademie?
vdB: Ohne Zweifel, jetzt brauchen wir nur noch eine eigene Halle, in der wir dauernd trainieren können. Das ist nicht nur meine Vision, sondern auch die von Michael Lang (Gladiators-Manager, Anm. d. Red.) und Achim Schmitz (Gladiators-Geschätfsführer, Anm. d. Red.). Dörr und Held zu verpflichten, war die erste Sache, die die beiden nach der Saison angegangen sind. Es wurde nicht zuerst geguckt: Wo können wir in Spieler investieren? Stattdessen wurde die Nachwuchsabteilung ausgebaut. Das ist sehr vernünftig und sehr langfristig gedacht.

Die Konkurrenz rüstet kräftig auf - Hanau, Köln, Hamburg alle investieren sehr stark - wo sehen Sie die Gladiators?
vdB: Dazu ein Beispiel: Wir waren im Sommer an Laurynas Samenas dran, haben ihm ein Angebot gemacht, aber Gotha konnte das Doppelte bieten. Auch wenn er am Ende nicht nach Gotha gegangen ist, kann man daran sehen, wie die Realität aussieht. Aber Geld ist nicht alles, es garantiert keinen Erfolg - man braucht eine Philosophie. Die haben wir. Wenn wir von großen Verletzungen verschont bleiben, können wir jedes Team in der ProA schlagen. Mein Ziel ist es, einfach besser zu werden, als in der vergangenen Saison. Wofür das am Ende reicht, kann ich nicht sagen. Ziel ist erst mal das Erreichen der Playoffs.

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