Der Niederländer mit den deutschen Tugenden

Trier · Seit gut zwei Wochen ist Marco van den Berg der neue Trainer der Gladiators Trier. Der TV hat ihn getroffen und mit ihm über Disziplin, seine neue Heimatstadt und über eine alte Remington Schreibmaschine gesprochen.

Trier. Das erste Wort ist noch nicht gesprochen, da ist eines schon klar: Das mit der Pünktlichkeit nimmt Marco van den Berg sehr ernst. Es ist Mittwochmittag. Das Treffen mit dem neuen Trainer der Gladiators Trier ist für 13 Uhr in einem Café in der Innenstadt vereinbart. Als der TV-Redakteur den Treffpunkt um 12.57 Uhr erreicht, sitzt van den Berg bereits entspannt vor dem Café. "Hallo, wie geht's? Schön, dass das klappt!" Die freundliche Art des Niederländers wirkt authentisch. Für knapp zwei Stunden wird er sich Zeit nehmen, um über sich, seine Ziele an der Mosel, Kaderzusammenstellung und eben Grundwerte wie Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit zu sprechen.
"Die Stadt gefällt mir gut", sagt der 50-Jährige, "ich bin zwar erst zwei Wochen hier, aber was ich bisher gesehen habe, ist schön". Ex-Oberbürgermeister Helmut Schröer hat van den Berg vor zwei Wochen bereits zu den wichtigsten Punkten in der Stadt geführt. "Das war super." Van den Berg wohnt mitten in der Stadt. In der Residenz am Zuckerberg hat er eine Wohnung. "Das ist optimal, weil ich dort auch meine zwei Hunde mit in die Wohnung nehmen kann." Für die nächsten zwei Wochen, erzählt der Niederländer, besuchen ihn seine Frau und seine Tochter an der Mosel. Sie leben sonst in Groningen. Seine Frau arbeitet in der Stadt an der Nordsee als Psychologin.
Van den Berg möchte etwas mitbekommen von seiner neuen Heimat. Er möchte verstehen, wie die Menschen ticken. Das Deutsch des Niederländers ist nahezu perfekt. In der Schule hat er die Sprache über mehrere Jahre gelernt. "Außerdem habe ich einen guten Freund, der Deutschlehrer ist, das hilft natürlich sehr."
Der Niederländer kennt sich aus in der deutschen Basketballszene. Von 2011 bis 2013 ist er Trainer von BBC Bayreuth. Danach wechselt er für zwei Jahre an die Basketball Academy RTC Noord, eine Basketball-Ausbildungsakademie für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren. Die Arbeit mit den Nachwuchsbasketballern hat den ehemaligen holländischen Nationaltrainer (2006 bis 2008) geprägt. "Alle Teams, die international erfolgreich sind, setzen auf die eigene Jugend." Als Beispiele nennt er Real Madrid, Fenerbahce Istanbul oder Olympiakos Piräus. "Mit Legionären", sagt der Niederländer, "die einen Club nur als Durchgangsstation sehen, lässt sich keine gute Kultur im Team entwickeln - ich suche nach Spielern, die sich mit dem Verein und der Stadt identifizieren".
Van den Berg trinkt Kaffee und Wasser. Das Thermometer kratzt an der 30-Grad-Marke. Er möge das warme Wetter. In Holland habe er bereits genügend Regentage in diesem Jahr miterleben müssen, sagt er.
Der Jugend eine Chance


In Trier will van den Berg jungen Nachwuchsspielern eine Chance geben. "Sie sollen sehen, dass sie bei uns eine Chance haben, sich langfristig zu verbessern". In den letzten zwei Wochen hat er sich alle Spieler des Regionalligateams sowie der ehemaligen NBBL-Mannschaft angesehen. Schnell zählt er mehrere Namen aus diesen Teams auf, die er in die Profimannschaft einbauen will. In der Zeitung lesen, will er diese allerdings noch nicht.
Ohnehin hüllt er sich in Schweigen, wenn es um mögliche Kandidaten für seinen Kader geht, mit dem er ab dem 10. August in die Vorbereitung zur neuen Pro-A-Saison gehen will. "Es gibt bis zu acht Kandidaten, mit denen wir sehr weit sind, ich werde nicht nervös."
Mit Benedikt Breiling hat bisher lediglich ein Spieler für die kommende Spielzeit unterschrieben.
"Ich weiß, dass wir finanziell extrem konservativ denken müssen, das war mir bewusst - von daher werden wir auch keine deutschen Spieler mit großer Erfahrung verpflichten", sagt er. "Die Leute, auf die wir setzen, sind Spieler, die länger verletzt waren oder in ihrem Club lange auf der Bank gesessen haben und nun zeigen wollen, was sie wirklich können."
Sein Kaffee ist mittlerweile leer. Er nimmt einen letzten Schluck aus dem Wasserglas und erzählt davon, wie er um ein Haar gar nichts mit Basketball am Hut gehabt hätte. "Schriftsteller zu werden, hätte ich mir auch gut vorstellen können." Bis 2008 habe er sogar noch auf einer Remington Schreibmaschine sämtlichen Papierkram abgetippt. Studiert hat er Journalismus und Geschichte - am Ende ist er dann aber doch beim Basketball gelandet.
In drei Stunden wird er an diesem Mittwoch wieder in der Halle stehen. Bereits seit Tagen trainiert er zweimal täglich mit Nachwuchsspielern. Wenn die Saisonvorbereitung gestartet ist, will er zehnmal pro Woche in der Halle stehen.
Der Mann aus Groningen erwartet viel von seinen Jungs. Werte wie Pünktlichkeit, Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit sind ihm wichtig. "Ich bin ein Fan von Selbststeuerung. Ich muss mich auf meine Spieler verlassen können, anders geht das nicht in einem Profiverein." Er nickt, als er diesen Satz ausgesprochen hat, und fügt an: "Ich freue mich sehr auf diesen Neuaufbau hier, das ist das, was ich wollte." Es gehe auch darum, den Fans wieder ein Stück Vertrauen zurückzugeben, nach der Insolvenz aus dem Frühling. Genau aus diesem Grund hat er in diesen Tagen auch schon mehrmals zum Telefonhörer gegriffen und persönlich bei Dauerkarteninhabern angerufen, die ihr Saisonticket noch nicht verlängert haben. "Das war ganz schön aufregend für mich", gesteht van den Berg, "am Telefon ist es dann doch noch mal etwas anderes auf Deutsch zu kommunizieren, gerade weil die Leute da oft sehr schnell sprechen." Aber es hat geklappt, er habe so manchen Fan dazu bewegen können, sein Ticket zu verlängern. "Das hat mich gefreut", sagt er und lacht.

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