Trier. Sie sind Fußballfans, stehen aber auf dem Basketballfeld. Doch ihr Blick geht sehnsüchtig auf die Rasenfläche in 50 Metern Entfernung, wo die Profis von Trabzonspor trainieren. Für die Anhänger des sechsfachen türkischen Meisters ist auf dem Moselstadiongelände die Bewegungsfreiheit momentan zeitweise eingeschränkt. Dafür sorgt ein Wachmann, der ohne Probleme auch als Türsteher vor einer Diskothek arbeiten könnte. Er koordiniert die Laufwege der Fans während der Trainingseinheiten der Mannschaft von der Schwarzmeerküste. Auf sein Kommando dürfen die Anhänger 20 Minuten nach Trainingsbeginn näher an den Platz. Die kontrollierte Rudelbildung endet am Zaun hinter der Stelle, an der früher mal das Vip-Zelt von Eintracht Trier stand.180 Kilometer Anfahrt

Zum Trainingsbesuch nehmen die Fans weite Anfahrten auf sich. Aus dem Westerwald, aus Nordrhein-Westfalen, sogar aus Italien. Muhammet Karadeniz ist in Trabzon geboren und als Zehnjähriger nach Deutschland gekommen. Er ist von Kindesbeinen an Fan von Trabzonspor. Rocky, wie er wegen seines Aussehens gerufen wird, hat seinen Spitznamen und seine Heimatstadt auf den rechten Unterarm tätowiert. Mit seinem achtjährigen Sohn Gökdeniz ist er an diesem Abend mit dem Auto aus dem 180 Kilometer entfernten Rennrod gekommen. Und gleich eingespannt. Als Dolmetscher. Deutsch - Türkisch, Türkisch - Italienisch.
Karadeniz hat schon viele Spiele von Trabzonspor gesehen. In der Türkei. Europaweit. "Hans-Peter Briegel war mal Trainer in Trabzon, und auch noch andere Deutsche", weiß er zu berichten. Der Club zählt zu den großen vier Vereinen in der Türkei. Doch die letzte Meisterschaft liegt mehr als 30 Jahre zurück (1984). Auch aktuell ist Karadeniz eher skeptisch. "Sechs Trainer in den vergangenen 18 Monaten - das ist viel zu viel." Spricht's - und eilt zum Ausgang, wo Mehmet Ekici das Training vorzeitig beendet. Ein Bild mit dem Ex-Spieler von Werder Bremen und seinem Sohn muss her. Karadeniz ist nicht der Einzige mit einem Fotowunsch. Kein Problem, der Profi steht für alle bereit, ehe er entschwindet.
Auf dem Platz geht's weiter. Gefühlt kommt fast auf jeden Spieler ein Betreuer. Alleine zwei Assistenten scheinen nur fürs Einsammeln und Verlegen von Trainingshütchen zuständig zu sein. Die Getränkebox muss nicht geschleppt werden - sie besitzt Räder.
Das Kommando gibt Shota Arveladze. Der Georgier, einst Spieler unter anderem bei Ajax Amsterdam und den Glasgow Rangers, ist seit kurzem Trainer in Trabzon. Er nimmt alles ganz genau - auch die Position des Busses von Müller-Kylltal-Reisen, mit dem die Mannschaft täglich zwischen der Unterkunft und dem Trainingsgelände kutschiert wird. Busfahrer Robert aus Igel kann davon ein Lied singen. Auch seine (im Übrigen sehr gepflegte) Kleidung war schon Kritikpunkt bei Arveladze. Robert nimmt's mit Humor - und erfreut sich stattdessen an der spannenden Erfahrung: "Ich bin Fußball-Fan. Da macht es Spaß, so ein Trainingslager einer Spitzenmannschaft zu beobachten. Ich habe auch schon Fahrdienste für die Mannschaften des FC Malaga mit dem damaligen Trainer Bernd Schuster und Fortuna Düsseldorf übernommen."
Trabzonspor weilt aus Anlass des Rückspiels in der Europa-League-Qualifikation am Donnerstag (19 Uhr, Stadion Josy Barthel) gegen den luxemburgischen Pokalsieger Differdingen in Trier. Das Hinspiel hatten die Türken mit 1:0 gewonnen. "Wir sind sehr zufrieden. Es ist sehr schön hier. Wir haben aber keinen Blick für die Stadt, wir sind hier nur zum Arbeiten", sagt Karyagdi, Can, der sich als Mitglied der Presseabteilung des Vereins zu erkennen gibt. Mit einem Charterflug war der 52-köpfige Tross am vergangenen Samstag nach Luxemburg gereist. Vor Ort in Trier übernimmt die Eintracht Koordinationsaufgaben (siehe Hintergrund). Das Trainingslager endet am 28. Juli.
An diesem Abend macht sich die Mannschaft nach rund eineinhalb Stunden auf den Rückweg ins Hotel. Nach dem Training geben sich die Spieler volksnah. Sie stehen den Fans geduldig für Autogramme und Fotos zur Verfügung. Diesmal hält sich der Wachmann im Hintergrund.