Sprecher des TBB-Insolvenzverwalters: „Die Planungen laufen in Richtung Pro A“

Trier · Guido Joswig ist der Pressesprecher des vorläufigen Insolvenzverwalters der TBB Trier, Thomas B. Schmidt. Im Interview spricht er über die Perspektiven für die neue Saison und über die aktuelle finanzielle Lage des Vereins.

Er hat die Insolvenzen bei Eintracht Trier und Herzotgel Trier betreut. Jetzt begleitet Guido Joswig als Sprecher des vorläufigen Insolvenzverwalters Thomas B. Schmidt das vorläufige Insolvenzverfahren bei der TBB Trier. Im Interview hat Joswig mit TV-Redakteur Marek Fritzen über die Chancen eines möglichen Verbleibs von Henrik Rödl und über ausstehende Spielergehälter gesprochen.

Herr Joswig, Sie leben seit Jahrzehnten in Trier. Wie sehr schmerzt es sie persönlich, dass die TBB Trier gerade in ihrer Jubiläumsaison in einer derart schweren finanziellen Krise steckt und wohl aus der Bundesliga absteigen wird?
Joswig: Mein Herz hängt am Trierer Sport und auch am Basketball. Der Verein hat sich in den letzten 25 Jahren ein Standing in der Region und in der Basketball Bundesliga erarbeitet. Allein die Fanbegeisterung ist faszinierend. Daher sollten alle gemeinsam daran arbeiten, dass der Basketball in Trier am Leben bleibt.

Wie sieht denn die Perspektive für die nächste Saison aus? Der Bundesliga-Klassenerhalt ist so gut wie unmöglich - wie stehen die Chancen, dass die TBB in der Pro A (2. Bundesliga) antreten darf und kann?
Joswig: Die Planungen laufen in Richtung Pro A, das ist gar keine Frage. Die Lizenzunterlagen sind Ende März fristgerecht eingereicht worden. Wir stehen mit der Liga in engem Kontakt. Die Korrespondenz ist positiv. Man freut sich sicherlich auch über einen Traditionsclub wie Trier in der Pro A. Da ist Trier sicherlich ein gern gesehener Gegner.

Das heißt, eine Teilnahme an der Pro A ist so gut wie sicher?
Joswig: Sicher ist das, wenn der Lizenzantrag beschieden ist. Aber es ist sehr realistisch.

Welche finanziellen Auflagen müssen in der Pro A erfüllt werden?
Joswig: Dazu kann ich momentan noch nichts sagen. Nur so viel: Wir gehen davon aus, dass wir das alles mit der Liga positiv klären können.

Mit welchem Etat plant man in der Pro A?
Joswig: Das wird ein abgespeckter Etat werden, das ist klar. Aber Zahlen möchten wir dazu nicht nennen.

Okay, werfen wir mal einen Blick auf das Personal für die kommende Saison: Wie realistisch ist, das Coach Henrik Rödl mit der TBB in die zweite Liga geht?
Joswig: Da müssen Sie Henrik Rödl fragen. Natürlich ist er ein begehrter Mann, der in Trier mit Thomas Päch über Jahre tolle Arbeit geleistet hat - wir müssen schauen.

Wie sieht's mit den Spielern aus? Wissen Sie, ob Akteure aus dem aktuellen Kader auch in der kommenden Saison für den Verein spielen werden?
Joswig: Sicher ist natürlich nichts, aber wir gehen schon davon aus, dass es einige Spieler gibt, die auch mit in die Pro A gehen werden. Namen kann ich allerdings keine nennen.

Was viele Fans bewegt ist die Frage: Wie konnte es so weit kommen? Was sind die Ursachen für die Insolvenz. Können Sie das einmal näher erläutern?
Joswig: Es gibt bei der TBB viele Ursachen, die dazu geführt haben, dass man einen Insolvenzantrag stellen musste. Details dazu werden wir dem Insolvenzgericht in unserem Bericht bekanntgeben. Da es sich allerdings um ein nichtöffentliches Verfahren handelt, kann ich dazu momentan nichts verkünden. Das Insolvenzverfahren wird voraussichtlich am 1. Mai eröffnet.

Gibt es denn mittlerweile Anhaltspunkte dafür, dass Gelder veruntreut worden sind, oder das Insolvenzverschleppung begangen wurde?
Joswig: Auch dazu, kein Kommentar.

Okay: Ich muss dennoch mal nachfragen: Ende des Jahres 2014 vermeldet der Verein der Liga einen Überschuss von 90 000 Euro - wenige Monate später meldet die TBB dann Insolvenz an. Wie kann das sein?
Joswig: Auch hier werden wir dem Insolvenzgericht berichten, wie sich die Entwicklung dargestellt hat - daher werden wir dazu nichts sagen.

Inwieweit arbeiten Sie denn momentan mit Vorstand Sascha Beitzel und Sebastian Merten zusammen?
Joswig: Herr Beitzel ist und war Vorstand der Treveri Basketball AG. Sebastian Merten ist auf der Geschäftsstelle weiterhin tätig. Wir brauchen das Wissen und die Zuarbeit der bisher verantwortlichen Personen. Sie sind alle nach wie vor im Amt, da wir uns momentan in einem vorläufigen Insolvenzverfahren befinden. Und der vorläufige Insolvenzverwalter Thomas B. Schmidt hat die Handlungen der Treveri Basketball AG zu genehmigen oder sein Veto einzulegen. So sieht es die Insolvenzordnung vor.

Das heißt Sie stehen in engem Kontakt mit Herrn Beitzel und Herrn Merten?
Joswig: Ja, wir stehen in permanentem Austausch.

Auf der Pressekonferenz Mitte März, auf der die Vereinsspitze die Insolvenzanmeldung verkündete, hieß es plötzlich von offizieller Seite, dass Sebastian Merten plötzlich nicht mehr den Titel Geschäftsführer tragen würde und auch nicht getragen hätte - ganz schön verwirrend, oder?
Joswig: Das ist für uns im Moment nicht relevant. Da müssen Sie Herrn Beitzel und Herrn Merten fragen.

Trägt er denn momentan noch offiziell den Titel "Geschäftsführer"?
Joswig: Dazu kann ich nur sagen: Er ist für uns derzeit Angestellter und Ansprechpartner im Verein und das in gewissen Bereichen in leitender Funktion.

Wie hoch ist derzeit noch die Lücke im Saisonetat?
Joswig: Wir haben gegenüber der BBL dargelegt, dass wir die Saison zu Ende spielen können. Unter den insolvenzrechtlichen Bedingungen haben wir es geschafft, den Etat aufzustellen. Da kommt natürlich erleichternd hinzu, dass ein Teil der Lohn- und Gehaltsansprüche über Insolvenzausfallgeld bedient werden. Konkrete Zahlen zum Etat veröffentlichen wir nicht.

Haben die Spieler mittlerweile ihre ausstehenden Gehälter bekommen?
Joswig: Die Spieler haben Zahlungen im Wege der Insolvenzgeld-Vorfinanzierung erhalten und werden ihre weiteren diesbezüglichen berechtigen Ansprüche Anfang Mai nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens bekommen.

Werden die Spieler Einbußen hinnehmen müssen?
Joswig: Insolvenzgeld-Ansprüche bestehen in der Regel mit dem vollen Nettolohn-Anspruch. Wobei es allerdings für Insolvenzgeld eine Bemessungsgrenze von 6050 Euro Brutto gibt. In den letzten drei Monaten vor Insolvenzeröffnung - also die Monate Februar, März und April - wird das Gehalt der Spieler über Insolvenzgeld vorfinanziert. Was darüber hinausgeht, sind Ansprüche, die der jeweilige Arbeitnehmer in die Insolvenztabelle anmelden muss. Das heißt auch, dass sie eventuell auf gewisse Beträge verzichten müssen.

Das heißt für den Monat Januar haben die Spieler noch kein Geld erhalten?
Joswig: Auch für Januar gibt es Rückstände.

Können Sie denn mal einen groben Überblick geben über das Gehaltsgefüge der Spieler? Es ist zu hören, dass Vitah Chikoko Spitzenverdiener gewesen sein soll mit einem Bruttogehalt von 11 000 Euro ...
Joswig: Nein, Zahlen werden von uns nicht kommentiert.

In der vergangenen Woche ist zudem bekannt geworden, dass dem Nachwuchsbereich, der TBB Trier e.V., 40 000 Euro fehlen. Wie kommt diese Summe zu Stande?
Joswig: Das sind Beträge für, die die Treveri Basketball AG Kostenzusagen gemacht hat gegenüber dem Nachwuchsbereich, die die AG nun allerdings nicht mehr zahlen kann. Aus diesem Grund muss der e.V. diese Kosten jetzt selber tragen. Daher ist der Nachwuchsbereich derzeit dringend auf Spenden angewiesen.

Eltern, deren Kinder im Nachwuchsbereich der TBB aktiv sind, haben sich an uns gewandt und erklärt, sie hätten von den fehlenden 40 000 Euro aus der Zeitung erfahren. Viele haben ein ungutes Gefühl. Was sagen Sie denen?
Joswig: Man braucht kein ungutes Gefühl zu haben. Der e.V. und aus dem Vorstand Ronny Höpfner sind da sehr emsig unterwegs und setzen sich für den Nachwuchsbereich ein. Da muss niemand Befürchtungen haben, dass etwas zusammenbricht. Im Gegenteil, es gibt Pläne, den Bereich sogar noch auszubauen, um den Standort Trier für Nachwuchsspieler noch attraktiver zu machen.

Sie sind kein Trainer und kein Sportdirektor - dennoch die Frage: In der Pro A spielen finanzkräftige Teams wie Würzburg, Hamburg oder Gießen. Zudem drängen die Rhein Stars Köln weiter nach oben und in der BBL beherrschen Großstädte wie München, Berlin oder Bonn das Geschehen. Besteht die Gefahr, dass der kleine Basketball-Standort Trier nach einem Abstieg den Anschluss an die Beko BBL verliert?
Joswig: Im Fußball heißt es: Geld schießt keine Tore. Das gilt auch für den Basketball. Trier hat schon oft gezeigt, dass es mit Nachwuchsarbeit und intelligenter Kaderplanung möglich ist, in der Bundesliga mitzuhalten. Daher muss man sich auch in Zukunft sicher keine Sorgen machen, dass der Trierer Basketball in der Versenkung verschwindet.

Wie groß ist dann die Chance, dass die TBB zur Saison 2016/2017 wieder in die BBL zurückkehrt?
Joswig: Ich bin kein Trainer, aber ich bin mir sicher, dass man die Bundesliga hier in Trier nicht aus den Augen verlieren wird. Extra

Auch wenn die Chancen auf den Klassenerhalt für die TBB Trier fast bei Null liegen, geht der Spielbetrieb weiter: Heute Abend empfängt das Team die Fraport Skyliners Frankfurt in der Arena Trier. Spielbeginn ist um 20 Uhr. Die Hessen belegen Tabellenplatz sechs und haben damit gute Chancen auf die Play-offs. Bei der TBB sind bis auf Tony Canty alle Spieler einsatzbereit. Derweil haben die Moselstädter nach dem Antrag für die zweite Basketball-Bundesliga ProA wie angekündigt nun auch die Lizenz für die BBL beantragt. Die Unterlagen sind Mitte der Woche fristgerecht eingereicht worden, wie der Verein mitteilt. mfr

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