"Wir wurden alle vor vollendete Tatsachen gestellt"

Quakenbrück/Trier · Die Nachricht hat am Sonntag viele Basketballfans überrascht: Die Artland Dragons Quakenbrück ziehen ihr Team aus der Bundesliga zurück. Auch der Ex-Trierer Andi Seiferth hat bis zum Wochenende für die Niedersachsen gespielt. Der TV hat sich mit ihm über die Situation in Quakenbrück und die Zukunft der Basketball-Bundesliga unterhalten.

Quakenbrück/Trier. So langsam, sagt Andi Seiferth scherzhaft, werde er zum Umzugsexperten. Nachdem der Basketball-Nationalspieler im Sommer 2014 nach drei Jahren bei der TBB Trier seine Zelte an der Mosel abgebrochen hatte und nach Niedersachsen zu den Artland Dragons Quakenbrück gewechselt war, muss er nun schon wieder Umzugskisten packen: Denn sein neuer Arbeitgeber hat am Sonntag überraschend bekannt gegeben, dass er sein Team aus der Basketball-Bundesliga zurückzieht (der TV berichtete).
Für Seiferth bedeutet das: Seine Zeit bei den Dragons ist nach nur einem Jahr beendet. Der 2,09-Meter-Mann steht vor einer überaus ungewissen Zukunft. Erstmal geht\'s für ihn zurück in die Heimat nach Berlin. "Die Wohnung in Quakenbrück ist schon leer, ich habe alles gepackt", erzählt der 24-Jährige dem Trierischen Volksfreund. "Ich werde jetzt ein paar Tage die Beine hochlegen und nächste Woche nach Tel Aviv zu Nate Linhart fliegen und ihn ein paar Tage besuchen."
Linhart und Seiferth kennen sich aus ihrer gemeinsamen Zeit bei der TBB Trier. Der US-Amerikaner spielt mittlerweile bei Maccabi Tel Aviv.
Die letzten Tage verliefen turbulent für Seiferth. Erst die verpasste Play-off-Teilnahme mit dem ambitionierten Team, dann der plötzlich verkündete Rückzug der Dragons. "Ich hatte mir das auch anders vorgestellt", gesteht Seiferth. "Aber für uns Spieler kam die Entscheidung genau so überraschend wie für die Fans." Am Sonntagmorgen habe die Clubführung zu einer Mannschaftssitzung geladen. Dort erhielten die Spieler dann die bittere Nachricht. "Es gab seit längerem Gerüchte, dass Mäzen Günter Hollmann sich vielleicht irgendwann zurückziehen werde", sagt Seiferth. "Aber dass es nun tatsächlich so gekommen ist, ist ein krasser Schock für uns Spieler und alle, die an den Dragons hängen. Wir wurden alle einfach vor vollendete Tatsachen gestellt."
Als Begründung habe die Mannschaft zu hören bekommen, dass der Verein den gewachsenen Ansprüchen in der Liga nicht mehr gerecht werden könne und dass man mit dem gegebenen Etatspielraum in Zukunft keine Chancen auf Titel in der Bundesliga sehe.
"Es bleiben trotzdem viele Fragen offen", gesteht Seiferth. "Besonders hart ist die Situation jetzt natürlich für die Angestellten im Back-Office, sie stehen vor dem Nichts." Zwar wäre Seiferths Vertrag bei den Dragons ohnehin in diesem Sommer ausgelaufen, doch er hätte sich nach eigener Aussage eine Verlängerung durchaus vorstellen können. "Aber darüber muss ich mir ja jetzt sowieso keine Gedanken mehr machen."
Über die Entwicklungen in der BBL macht sich der gebürtige Berliner allerdings so seine Gedanken. Er sagt: "Mit Trier und Quakenbrück verschwinden jetzt auf einmal zwei Traditionsvereine aus der Bundesliga. Das ist richtig schade für diese basketballverrückten Städte und auch für die Liga." Einen Dominoeffekt erwarte er durch diese beiden Fälle aber nicht.
Allerdings halte er die seit längerem immer wieder diskutierte Verkleinerung der Bundesliga auf 16 Teams für sinnvoll. "Es würde vor allen Dingen die größeren Vereine, die von der Doppelbelastung durch Spiele auf internationalem Parkett betroffen sind, entlasten und den Spielplan ein wenig entzerren."
Außerdem, so glaubt Seiferth, könne die Liga durch eine Verkleinerung von 18 auf 16 Teams zukünftig verhindern, dass Teams plötzlich in die Insolvenz rutschen. "In den vergangenen Jahren war oft ein Team pro Saison dabei, dass finanzielle Probleme hatte. Wenn man jetzt sagt: Es spielen nur noch 16 Teams in der Bundesliga, die sich das auch wirklich leisten können, dann würde das der Liga sicher guttun."
Ob er persönlich in der nächsten Saison selbst ein Teil der Bundesliga ist, könne er noch nicht sagen. "Durch die Situation in Quakenbrück weiß ich momentan überhaupt noch nicht, wo ich kommende Saison spielen werde. Ob im Ausland oder in der BBL, ist völlig offen."

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