Wettskandal: Spieler melden sich beim DFB

Trier · Im Zuge der Ermittlungen im europäischen Fußball-Wettskandal haben sich laut Theo Zwanziger inzwischen Spieler beim Deutschen Fußball-Bund gemeldet. In welcher Rolle, lässt der DFB-Präsident im Interview mit TV-Redakteur Mirko Blahak offen.

(bl) Dass Theo Zwanziger bei einer Pressekonferenz zum Wettskandal den Namen von Mario Basler, Trainer des Regionalligisten Eintracht Trier, fallen ließ, hat für Aufruhr gesorgt (der TV berichtete). Der DFB-Präsident bemüht sich um Aufklärung.

Haben Sie damit gerechnet, dass Ihre Aussage zu Mario Basler solche Wellen schlägt?

Zwanziger: Ich wollte mit meinen Worten nur sehr deutlich machen, dass der Deutsche Fußball-Bund bei Fragen rund ums Wetten wachsam ist. Ich habe auf Kommentare reagiert, nach denen der DFB aus seiner Schlafmützigkeit erwachen solle und wenigstens einmal Wettverbote festhalten müsse. Wir überwachen das aber schon seit vielen Jahren. Und ich habe darauf hingewiesen, dass es einen Trainer gab, den wir auf die Problematik hingewiesen haben, die entstehen kann, wenn er sich werblich mit Wetten in einem Wettbewerb befasst, in dem seine eigene Mannschaft spielt. Wir haben ihn nicht abgemahnt. Bei der Nachfrage eines Journalisten, wer denn der Trainer sei, habe ich einen Moment überlegt, denn es gab zwei Möglichkeiten: Du nennst den Namen oder du nennst ihn nicht. Im zweiten Fall wird spekuliert. Das wollte ich verhindern. Die Nennung ist nicht ehrenrührig für Mario Basler. Wir haben direkt im Anschluss an die Pressekonferenz telefoniert, die Sache ist für uns beide aus der Welt geräumt.

In der Folge wurde Mario Basler aber in der Öffentlichkeit in den Zusammenhang mit dem Wettskandal gebracht. Bereuen Sie das?

Zwanziger: Wenn der DFB-Kontrollausschuss vorbeugend sagt: ,Passen Sie auf, was Sie machen, damit Sie nicht mit den Statuten in Konflikt geraten!', dann ist das doch eine gute Sache. Verbindungen zum Wettskandal habe ich nicht hergestellt. Das wäre auch eine Frechheit. Nichtsdestotrotz habe ich Mario Basler im Telefonat gesagt, dass mir die Unannehmlichkeiten leidtun. Wir haben sofort klargestellt, dass er nichts mit dem Wettskandal zu tun hat.

Verstehen Sie dennoch die Wut einiger Eintracht-Fans, die sich mit Protestschreiben an den DFB gewandt haben?

Zwanziger: Ich verstehe die Verärgerung bei jedem, der meint, jemand habe Mario Basler in Verbindung mit dem Wettskandal gebracht. Ich habe aber nie eine Verbindung dazu hergestellt. Für ihn und mich ist die Sache erledigt. Ich hoffe, dass gilt auch für die Fans.

Ist dem DFB die Zusammenarbeit Baslers mit dem privaten Wettanbieter digibet ein Dorn im Auge?

Zwanziger: Wir haben überhaupt kein Problem damit. Alles andere ist Spekulation. Er kann werbend tätig sein. Die einzige Wahrheit ist, dass der DFB mit Schreiben wie jenem an Basler sichtbar macht, dass er auf die Wettverbote aufpasst, die Trainern auferlegt sind. Und zwar auch vorbeugend und zum Wohle der Betroffenen. Das ist unsere Pflicht.

Im Wettskandal hat der DFB nun eine Einsatz-Gruppe eingerichtet. Gilt hier das Motto: Wenn ich nicht mehr weiter weiß, gründe ich einen Arbeitskreis?

Zwanziger: Unterschätzen Sie das Gremium nicht! Bei uns melden sich inzwischen Spieler, weil sie zu uns vielleicht mehr Vertrauen haben als zur Staatsanwaltschaft. Wir kooperieren eng mit der Staatsanwaltschaft, damit die Sachverhalte schnell und präzise bewertet werden. Die Task Force ist eine Art Lagezentrum, in dem jeden Tag die neuen Informationen zusammengeführt werden.

Melden sich Spieler als Kronzeugen? Oder Akteure, die angeworben wurden beziehungsweise beichten wollen, dass sie Dreck am Stecken haben?

Zwanziger: Da kann ich im Moment verständlicherweise keine Einzelheiten nennen.

In welchen Ligen sind die Spieler, die sich melden, aktiv?

Zwanziger: Die Bundesliga ist nicht betroffen. Mit 1000 Euro kannst du keinen Bundesligaspieler bestechen. Gefährdete Ligen sind vor allem die Oberligen und Regionalligen. Dort will man professionell arbeiten, aber die wirtschaftlichen Bedingungen sind nicht so wie in der zweiten oder ersten Liga. Dort ist die Anfälligkeit generell am größten.

Bislang ist die Rede von 32 betroffenen Spielen in Deutschland. Welche sind das?

Zwanziger: Wir im DFB haben noch keine Erkenntnisse über die einzelnen Partien und involvierte Spieler.

Wie groß ist der Schaden für den deutschen und internationalen Fußball?

Zwanziger: Die möglichen Folgen — man muss bedenken, dass noch keine Manipulation bewiesen und niemand verurteilt ist — hätten eine gigantische internationale Dimension. Manipulationen im Fußball hinterlassen generell schwere Schäden. Aber Betrug im Leben gibt es auch anderswo. Wir müssen sichtbar machen, dass wir ernsthaft mit den Dingen umgehen. Dass wir sie nicht bagatellisieren, dass wir mit Nachdruck Schuldige, wenn sie denn ermittelt werden können, be strafen und sie aus dem Sport ausschließen. Wir brauchen eine knallharte Bestrafung der Täter und der Hintermänner. Dann finden die Leute wieder sehr schnell Vertrauen zu diesem Sport.

Wären lebenslange Sperren die richtige Antwort?

Zwanziger: Was Schiedsrichter betrifft, auf jeden Fall. Sie haben eine besondere Rolle, und Trainer in ihrer Vorbildfunktion natürlich auch. Bei Spielern sage ich: Wenn jemand einmal gesündigt hat und reuig ist, dann kann man das vielleicht etwas anders bewerten.

Nach bisherigen Erkenntnissen soll unter anderem über asiatische Anbieter auf deutsche Spiele gewettet worden sein. Gibt es eine Chance für einen globalen Schutzschirm vor Betrug?

Zwanziger: Das wird sehr schwierig sein. Eine absolute Sicherheit wird es nicht geben können. Aber das entbindet uns als Verband doch nicht von der Verantwortung, das Mögliche zu tun. Unser Ziel muss es sein, Frühwarnsysteme weiter zu verbessern, soweit das technisch möglich ist. Aber es gibt menschliche Schwächen, und es gibt technische Schwächen. Wenn das zusammenkommt, hat die Kriminalität eine Chance, sich im Fußball einzunisten. Dagegen müssen wir dauerhaft und mit aller Vehemenz vorgehen, damit dies möglichst wenig geschieht.

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