"Stadionbesuch muss zum Erlebnis werden"

Bei Eintracht Trier ist in der Vergangenheit viel Porzellan zerschlagen worden. Nach dem sportlichen Abstieg in die Oberliga muss in erster Linie auf dem Platz die Wende geschafft werden. Aber auch daneben gibt es Baustellen. Ziel ist, eine neue Vertrauensbasis zu schaffen. Mit neuen Gesichtern und mit neuen Ideen.

Trier. (bl) Die Fans sind frustriert, Sponsoren machen sich Sorgen, das Vereinsklima war schon mal besser: Eintracht Trier steht vor großen Herausforderungen. Für den TV kamen die Vorstandsmitglieder Ernst Wilhelmi und Roman Gottschalk sowie Michael Berger, der sich künftig mit ins Tagesgeschäft einklinken wird, an einem Tisch zusammen. Vorstandsmitglied Harry Thiele fehlte urlaubsbedingt. Im Interview mit TV-Redakteur Mirko Blahak erläutert das Trio die Pläne für die Zukunft.

Nach dem sportlichen Absturz der Regionalliga-Mannschaft ist bei Eintracht Trier ein Neuanfang nötig. Warum zieht der Vorstand nicht Konsequenzen aus eigenen Fehlern und nimmt seinen Hut?

Wilhelmi: Ein Rücktritt wäre verantwortungslos. Wir stehen in der Pflicht, etwa bei Bürgschaften. Wir haben als Vorstand dem Aufsichtsrat die Vertrauensfrage gestellt. Sie wurde positiv beschieden. Gleichzeitig sind wir heilfroh, dass Michael Berger und weitere namhafte Unternehmer aufgestanden sind und mithelfen wollen. Michael Berger wird fortan bei jeder Vorstandssitzung dabei sein, voll in das Tagesgeschäft einsteigen und Mitspracherecht haben. Das hat der Aufsichtsrat abgesegnet.

Den Vereins-Souverän bilden die Mitglieder. Ist dieses Vorgehen satzungskonform?

Berger: Ja. Der Vorstand ist berechtigt, zur Erledigung bestimmter Aufgaben Dritte heranzuziehen und mit entsprechender Vollmacht auszustatten.

Herr Berger, Sie sind unter anderem Lizenz-Nehmer mehrerer Burger King-Filialen und bilden die Speerspitze jener Gruppe von Unternehmern, die sich zusätzlich einbringen will. Wie sieht die Mitarbeit in der Praxis aus?

Berger: Wir werden für die Leute, die Lust an einer Mitarbeit haben, einen Beirat schaffen. Die Vereinssatzung gibt ein solches Gremium her. In ihm soll projektbezogen gearbeitet werden. Zum jetzigen Zeitpunkt definitiv im Beirat sein werden Ingo Popp (Konzertveranstalter, Anm.d.Red.), Bernhard Bender (Betriebsleiter Pizza Hut Trier, Anm.d.Red.) und Frank Dier, der das Vip-Zelt am Moselstadion betreibt. Weitere Mitglieder werden nach und nach integriert. Ziel ist auch, über den Beirat Interessierte für eine spätere Vorstandsarbeit zu gewinnen.

Der Verein muss sich in Teilbereichen konzeptionell neu aufstellen. Wo ist die größte Baustelle?

Berger: Mein dringlichstes persönliches Anliegen ist, die sportliche Wende zu schaffen. Des Weiteren gilt es, neues Vertrauen bei den Sponsoren aufzubauen. Jeder, der uns sein Geld zur Verfügung stellt oder dies künftig hoffentlich tun wird, soll es gut angelegt sehen. Ich spreche mal aus meiner Vergangenheit als Eintracht-Partner. Wenn es hieß, bist du bereit, uns Geld zu geben, dann war meine Frage: ,Was bekomme ich denn dafür?' Da musste ich oftmals mit Eigenkreativität ans Werk gehen, um den Erfolg für mein eingesetztes Kapital zu sehen. Das muss sich ändern.

Daneben brauchen wir vertrauensbildende Maßnahmen bei den Mitgliedern, bei den Jahreskarteninhabern, bei allen Fans und allen Ehrenamtlichen, die dem Verein zur Seite stehen. Wir arbeiten zurzeit an entsprechenden Ideen.

Was soll Sponsoren denn geboten werden?

Berger: Wir wollen zum Beispiel im Backsteingebäude hinter dem Moselstadion eine Lounge errichten, als Treffpunkt für Sponsoren. Zudem sollen sie sich am Rande von Spielen auf dem Stadiongelände besser präsentieren können. Das Vip-Zelt soll bleiben — und besser werden. Wir wollen die Sponsoren emotional besser an den Verein binden. Das geht über den Fußball hinaus. Auch hier wollen wir Angebote machen.

Die Fans sind enttäuscht, sie fühlen sich nicht ernst genommen. Wie soll Vertrauen der Anhänger zurückgewonnen werden?

Berger: Es wird einen Fan-Abend geben. Dort müssen gemeinsam Ziele und Ideen erarbeitet werden. Wir brauchen einen regelmäßigen Austausch mit den Fans. Eine Möglichkeit ist, bei einem Fanabend die neue Mannschaft und die Pläne des Clubs vorzustellen. Eine weitere Idee ist ein Stadionfest. Es geht darum, den Besuch eines Eintracht-Spiels wieder zu einem Erlebnis zu machen. Dazu gehört in erster Linie attraktiver und erfolgreicher Fußball. Aber auch die Stadion-Moderation, die Ansprache der Zuschauer und die Bewirtung müssen stimmen.

Sind die Ideen finanzierbar?

Berger: Klar ist, die ersten 20 Ideen sollten am besten kaum Geld kosten.

Wie ist der Verein grundsätzlich finanziell aufgestellt?

Wilhelmi: Die Kosten für den Spielbetrieb in dieser Saison sind gedeckt. Der Etat für die nächste (Oberliga-)Saison steht. Allen Verpflichtungen wird nachgekommen. Mit 60 Prozent der bestehenden Sponsoren haben wir bislang bereits neue Abschlüsse für die nächste Saison erzielen können. Gleichzeitig suchen wir weiterhin einen neuen Trikotsponsor.

Infolge eines Oberliga-Abstiegs muss gespart werden. Inwieweit kann die jetzige Jugendarbeit aufrechterhalten bleiben?

Gottschalk: Wir dürfen dort die Mittel nicht groß runterfahren. In den Eintracht-Teams spielen derzeit 175 Jugendliche. 25 lizenzierte Trainer, Physiotherapeuten und Mitarbeiter kümmern sich um sie. Die Eintracht stellt momentan drei Spieler in erweiterten DFB-Nationalkadern. Wir haben in Zusammenarbeit mit dem Landessportbund ein Internat und Schulkooperationen. In Sachen Jugendarbeit ist Eintracht Trier im Südwesten mit Saarbrücken, Mainz und Kaiserslautern unter den Top vier. Die Jugendarbeit ist die Lebensversicherung für den Verein.

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