Eine legendäre Niederlage und vier große Jahre

In der Serie "Elf Freunde" rücken Traditionsvereine der Region in den Fokus. Der FSV Trier-Kürenz war nach dem Zweiten Weltkrieg kurzzeitig die Nummer eins der Region, spielte in der gleichen Liga wie die legendäre "Walter-Elf". Der damalige Spielertrainer Klaus Müller (87) erinnert sich.

Trier-Kürenz. Es gibt Rekorde, die sind für die Ewigkeit. Wie gemeißelt ins steinerne Guinness-Buch. An den "deutlichsten Sieg in der höchsten deutschen Fußball-Liga" mag sich der 1. FC Kaiserslautern gern erinnern. Ein 20:0 (!) im Jahr 1947 in der Oberliga Südwest. Wenn die Intenet-Statistik nicht lügt, gingen allein die ersten zehn Tore aufs Konto von Ottmar und Fritz Walter. Aber auch der Verlierer, der FSV Trier-Kürenz, kann sich wohl mit der Guinnessbuch-Ewigkeit arrangieren. Denn sie dokumentiert, dass für eine kurze Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg der Stadtteil-Club die Nummer eins in der Region war, der einzige Oberligist. Die Nottar-Elf, so wurde sie genannt, nach dem Clubchef: Nikolaus Nottar, Schneidermeister und Fußballverrückter. Ein Macher und ein Mäzen. Einer, der vor einer wichtigen Partie auch mal ein halbes Dutzend neuer Spieler im Schlepptau hatte. Von denen viele dann so schnell verschwanden, wie sie gekommen waren.

"Ach ja, der Nikel-Nottar, das war schon ein Typ!", sagt Klaus Müller und lächelt. "Der war seiner Zeit um 20 Jahre voraus." Er sitzt mit seiner Frau Hildegard im Arbeitszimmer des gemütlichen Ein-Familien-Hauses in Heiligkreuz. An den Wänden hängt die Porta Nigra in Ölfarben, ein gerahmtes Schwarz-Weiß-Bild von Müller mit dem alten Freund und Gegner, Fritz Walter. Ein anderes Foto zeigt Müller beim Fallrückzieher. "Ich glaube, das war noch für Kürenz."

Klaus Müller, klar: Das ist eine Eintracht-Ikone, Vereinsmitglied seit 1932, bei Eintracht 06 (fusionierte später mit Trier 05). Ein "Trierer Jung" aus dem Maarviertel, Ehrenmitglied. Und immer noch bei Wind und Wetter mit seiner Frau bei allen Spielen im Moselstadion. Gehört zum Leben wie das "Abo" beim Theater und der tägliche Frühsport. Auch mit bald 88 Jahren. Aber die Nachkriegskarriere begann in Kürenz.

Hildegard Müller, fünf Jahre jünger, blättert durch ein Fotoalbum. "Schauen Sie, das ist der Nottar, bei unserer Hochzeit. Er war unser Trauzeuge", sagt sie. Nottar starb bereits 1953, vier Jahre nach der Hochzeit. Die große Zeit des FSV Kürenz in der Oberliga war damals schon vorbei. Der FSV hielt sich von 1946 bis 1950 in der höchsten Liga, spielte dort gegen die Topclubs wie Kaiserslautern, Neuendorf, Pirmasens oder Worms.

Nottar hatte dafür gesorgt, dass Klaus Müller nach dem Krieg und Jahren in Bamberg und Staffelstein - dort lernte er Hildegard kennen - in seine Heimat zurückkehrte. Nicht zu seinem Heimatverein, sondern als Trainer und Mittelfeld-Allrounder nach Kürenz.

300 Mark im Monat und drei Zimmer in Trier-Ost



1948, Müller erinnert sich. An die 300 Mark Lohn im Monat, die Drei-Zimmer-Wohnung in der Helenenstraße. Nottar verhalf Müller zudem dank der guten Verbindungen zum Verband zu einer Toto-Annahmestelle in der Simeonstraße: "Die erste war beim Hochstetter, da hatte Nottar seine Schneiderei."

Beim legendären 0:20 gegen den FCK war Müller nicht dabei. Aber hohe Niederlagen erlebte auch er mit dem FSV. Siege waren eher die Ausnahme, Kürenz war ein Kellerteam. "Wir haben mal 0:18 auf dem Betzenberg verloren - oh je!" Das war in der gleichen Oberliga-Saison 1949/50, in der Kürenz aber immerhin gleich zwei Mal die Eintracht besiegte. Zu Hause gab es sogar ein 6:1. Wenn man denn von Heimspiel sprechen mag - denn sowohl die Eintracht als auch Kürenz spielten damals im Moselstadion. Kürenz stieg trotzdem ab - und kam anschließend nie mehr auch nur in die Nähe der höchsten Liga.

Nur Müller blieb erstklassig, in der Oberliga Südwest: Er wechselte nach dem Abstieg zur Eintracht. Dort gewann er auch mal gegen seinen Kumpel Fritz Walter - im September 1951, beim 2:1 gegen den Deutschen Meister 1. FC Kaiserslautern vor 18 000 Zuschauern im Moselstadion.

DER FSV KÜRENZ 1920 ... … hat 140 Mitglieder. Jugendmannschaften gibt es derzeit nicht. Den Hartplatz auf dem Petrisberg teilen sich die Kürenzer mit dem Polizei-SV. … weiß auch, wie sich ein 20:0-Sieg anfühlt. Den gab es mal 1959 gegen den VfL Trier II. Der Zeitungsartikel hängt noch im Vereinshaus. … hatte früher immer wieder viele Franzosen im Team: Soldaten, die in Trier stationiert waren. … spielt aktuell in der Kreisliga C Saar. Dort reichte es zuletzt trotz im Schnitt drei geschossenen Toren pro Spiel nur zu Platz sechs. (AF)

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