Was macht eigentlich ...Lothar Leiendecker?

Trier · Seine Fußballkarriere begann Lothar Leiendecker, ein Trierer Urgestein wie sein Bruder Helmut, bei der Eintracht. Nach der Zeit in der AS-Jugend, das "S" steht für Sonderklasse und entspricht der heutigen U-19-Regionalliga, bekam er keinen Vertrag in der 1. Mannschaft, obwohl er der beste Torschütze des Teams war. Erst mit 24 Jahren durfte er für "seinen Verein" unter Beweis stellen, über welche Qualitäten er verfügte.

Herr Leiendecker, wer war denn damals Trainer, als sie vom Jugend- in den Seniorenbereich wechselten?
Lothar Leiendecker: Das war Heinz Kassenbrock. Er hat mir offensichtlich keine gute Rolle im Kader zugetraut. Erst Hans-Dieter Roos hat mich dann in die 1. Mannschaft berufen.

Da spielten sie aber schon beim VfL Trier …
Richtig. Ich habe mich über die Bezirks- und Rheinlandliga wieder angeboten.

Die 3. Mannschaft spielte in der Reserveklasse. War das nicht deprimierend?
Ich habe das Beste daraus gemacht. Ich habe die Zeit für meine berufliche Aus- und Weiterbildung nutzen können. Das wäre in diesem Umfang bei der 1. Mannschaft nicht möglich gewesen.

Also kein Blick zurück im Zorn?
Nein, nein. Ich freue mich immer noch mit der Eintracht, wenn sie in der Liga oder im Pokal große Erfolge feiert. Ich schaue mir aber nicht mehr jedes Spiel an.

Sie haben im Sommer mit der VfL-Traditionsmannschaft gegen die Lotto-Elf gespielt. Wie kam es dazu?
Ich bin Mitglied beim 1. MMC Trier. Den hat Wolfgang "Mokka" Hilsemer gegründet. Das ist die Abkürzung für den "1.-Montag-im-Monat-Club". Da sind viele bekannte Fußballer dabei. Und wir haben damals ein Benefizspiel für die Palliativstation des Mutterhauses gemacht, das unseren Freund Dietmar Spier in seinen letzten Stunden gepflegt hat.

Fußball spielen Sie also nur noch selten?
Ja. Wir, damit meine ich meine Frau, unsere Freunde und mich, haben auch viele andere Interessen. Wir wandern sehr häufig, gehen gemeinsam essen, machen Gruppenausflüge und pflegen so ein wunderbares Miteinander. Die Wanderstrecken Traumschleifen kann ich nur jedem empfehlen. Ich laufe drei Mal pro Woche 60 bis 90 Minuten durch die Olewiger Weinberg und mache mit meinem Bruder Helmut Radtouren. Außerdem schaue ich mir immer Helmuts Auftritte an.

Sind Ihre Kinder auch sportlich aktiv?
Bei Katja und Linda sind die Interessen anders gelagert. Die Schule lässt ja auch nicht so viel Zeit für intensive sportliche Betätigungen.

Was hat sich denn im Fußball seit Ihrer aktiven Zeit geändert?
Alles. Athletik, Schnelligkeit, Technik, taktisches Vermögen - alles ist besser geworden. Wenn man sieht, welches Tempo heute angeschlagen wird und was an Kilometern pro Spiel zurückgelegt wird, dann ist das ein Unterschied wie Tag und Nacht. Es stehen derzeit viele Probleme im Fokus. Passives Abseits, Torrichter, Schutz der Topspieler usw.

Wie stehen Sie dazu?
Fußball muss einfach bleiben. Und passives Abseits ist kompliziert. Also: weg damit. Abseits ist Abseits und sonst nichts. Torrichter bringen nichts, das zeigt sich jede Woche aufs Neue. Der Videobeweis muss her oder der Chip im Ball. Topspieler müssen besser geschützt werden. Ich schaue doch lieber den Ballzauberern als den Tretern zu. Es gibt ohnehin nur wenige. Und die brauchen mehr Rückendeckung von den Schiedsrichtern.

Was hat sie als Aktiver am meisten geärgert?
Dass wir mit der Eintracht 1981 die Qualifikation zur eingleisigen zweiten Liga verpasst haben, weil wir drei Tore weniger geschossen hatten als Freiburg.

Wo haben sie ihre schönsten Jahre außerhalb Triers verbracht?
Berlin war toll. Als Stadt, aber auch sportlich gesehen. Wir sind Meister der Oberliga und Berliner Pokalsieger geworden. Und natürlich Bocholt. Ich habe in der starken Nordrhein-Oberliga 26 Tore geschossen. Vor allem aber, weil ich dort meine Frau Petra kennengelernt habe, mit der ich in diesem Jahr die Silberhochzeit gefeiert habe.
Interview: Willi Rausch
Extra

 Die Leiendeckers: Familienvater Lothar (hinten) mit Tochter Linda, Ehefrau Petra und Tochter Katja (von links). Foto: privat

Die Leiendeckers: Familienvater Lothar (hinten) mit Tochter Linda, Ehefrau Petra und Tochter Katja (von links). Foto: privat

Lothar Leiendecker wurde am 22. September 1953 in Trier geboren und schnürte mit 12 Jahren erstmals die Fußballschuhe für die Trierer Eintracht. 1975 wechselte er zum VfL Trier, 1977 zurück zur Eintracht und avancierte dort mit 61 Toren in 126 Spielen zum besten Zweitliga-Torjäger in der Geschichte der 05er. Danach spielte er noch zwei Jahre für die Spvgg. Fürth, ein Jahr für Blau-Weiß 90 Berlin und den 1. FC Bocholt, ehe er wieder nach Trier zurückkehrte. Nach zwei Jahren bei der Eintracht und fünf beim VfL beendete er 1992 mit der Meisterschaft in der Landesliga Süd seine Karriere und kickt seitdem nur noch im AH-Bereich. Lothar Leiendecker, jüngerer Bruder des Trierer Schauspielers und Musikers Helmut Leiendecker, arbeitet als Finanzbuchhalter bei der Sektkellerei Schloss Wachenheim, ist verheiratet - Ehefrau Petra lernte er in Bocholt kennen - und hat zwei Töchter (Katja, 14 Jahre alt, und Linda, 17). wir

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