Ikarus, der Müllschlucker und der Zitronenkrämerlauf

Trier · Ikarus wollte zu hoch hinaus. Das musste er schmerzhaft erfahren, als die Sonne die Wachsflügel des tragischen Helden zum Schmelzen brachte. Was das mit dem Thema Laufen zu tun hat, erklärt TV-Laufkolumnist Rainer Neubert.

Ikarus, der Müllschlucker und der Zitronenkrämerlauf
Foto: Holger Teusch

Ziele können eben nicht immer erreicht werden. Daran musste ich denken, als mein geschätzter Physiotherapeut wieder einmal einen Muskel bearbeitete, von dem ich bislang nichts wusste: Iliacus heißt der Beuger, der sich hinter dem vorderen Hüftknochen versteckt und einem Läufer in verhärteter Form ordentlich Ärger macht. Und weil der Darm direkt auf dem Muskel liegt, reagiert er nicht nur auf zu heftiges Training. Müllschlucker-Muskel wird er deshalb von Physiotherapeuten genannt.

Wenn Darmbeinmuskel Iliacus dann wieder halbwegs geschmeidig seinen Dienst tut, schleicht sich Ikarus zurück ins Gedankenspiel. Am Gipfel des gefühlt unendlichen steilen Anstiegs beim Zitronenkrämerlauf, der sich am Samstagnachmittag in Bekond wieder traditionell in den Dienst der Welthungerhilfe stellt, geht es tatsächlich auch um Leben und Tod: Ein Kreuz erinnert an den Zitronenhändler, der dort im Jahr 1687 ermordet wurde.

Ob der Mann aus Italien damals zu hoch hinaus wollte und deshalb zu Fall kam, ist nicht überliefert. Sicher ist allerdings, dass alle Läufer am Samstag nicht noch höher steigen wollen, wenn sie am Ende ihres Höhenflugs das Kreuz sehen.

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