Aufstehen wie ein Opa, laufen wie ein Ass

Trier · Im Herbst 2012 erlitt Michael Pfeil einen Bandscheibenvorfall. Ein Jahr lang war der DM-Medaillengewinner, der mit 2:27:03 Stunden zweitbester Marathondebütant der Region ist von der Bild- oder besser Lauffläche verschwunden. Der vom Trierischen Volksfreund präsentierten Bitburger-Silvesterlauf ist sein erstes ernsthaftes Rennen seit fast 15 Monaten.

 Im Jubiläumsjahr 2009 erzielte Michael Pfeil (links, hier mit dem mehrfachen luxemburgischen Meister Vincent Nothum) als 20. in 24:54 Minuten sein bestes Resultat im Bitburger-Lauf der Asse über acht Kilometer.

Im Jubiläumsjahr 2009 erzielte Michael Pfeil (links, hier mit dem mehrfachen luxemburgischen Meister Vincent Nothum) als 20. in 24:54 Minuten sein bestes Resultat im Bitburger-Lauf der Asse über acht Kilometer.

Foto: Holger Teusch

Michael Pfeil lag auf dem Boden - und das nicht nur im übertragenen Sinn. Ein stechender Schmerz im Rücken, der Polizist aus Trier ließ alles fallen, was er gerade trug, und sackte zusammen, als er beim Umzug eines Freundes half. "Ich dachte zuerst, es sei ein Hexenschuss", erzählt Pfeil. Halb so schlimm halt. Nach einer Woche habe er auch wieder trainieren können. Doch an Heiligabend 2012 kam der Rückfall. Der damals 28-Jährige hatte schon beim Aufstehen so starke Schmerzen, dass er die Notaufnahme eines Krankenhauses aufsuchte. Der Schmerz wurde mit Medikamenten unterdrückt.

Alarmiert war der Läufer, der seit seiner Jugend der LG Vulkaneifel treu geblieben ist, als er zwischen Weihnachten und Neujahr 2012 mit seiner zukünftigen Frau durch die Trierer Fußgängerzone schlenderte. Beim Gehen schlief ihm ein Fuß ein. Diagnose nach der MRT-Untersuchung: Bandschabenvorfall im Lendenwirbelbereich. Jetzt begann die Leidenszeit richtig: eine Woche Krankenhaus mit Schmerzkatheter. Auch anschließend gehörte die Einnahme von Schmerzmittel für Pfeil zur Tagesroutine.

Sport treiben, wie er es seit seinem sechsten Lebensjahr fast täglich gemacht hat? Unmöglich! "Ich habe zwischendurch immer wieder versucht zu schwimmen, später auch Rad zu fahren", erzählt Pfeil. Die Alternativen zum Laufen konnten ihn allerdings nicht zufriedenstellen. Und die vorsichtigen Versuche zu joggen, 15, vielleicht einmal 20 Minuten, endeten mit verstärkten Schmerzen. "Es gab Phasen, da hatte ich gar keine Lust mehr. Da habe ich mich gefragt: Ob du überhaupt noch mal Laufen gehst?" Den ganzen Sommer hindurch sei er sportlich weitgehend inaktiv gewesen. "Ich habe mich auf andere Sachen konzentriert", erzählt Pfeil. Im August heiratete er. Die Vorbereitungen lenken ab.

Was ließ ihn wieder die Laufschuhe schnüren? "Ich habe in der ganzen Zeit etwa sechs Kilo zugelegt. Irgendwann kann man sich selbst nicht mehr leiden", erzählt Pfeil. Um gegen ein bisschen Bauchspeck anzugehen, versuchte er es doch noch einmal mit Laufen. Und nach der langen Pause funktionierte es endlich schmerzfrei.

Nur, um wieder etwas Wettkampfluft zu schnuppern lief der in Schüller in der Eifel aufgewachsene Sportler Anfang November beim Deulux-Lauf in Langsur mit. 35:45 Minuten waren für den ehemaligen Jugend-DM-Teilnehmer, der schon mehr als vier Minuten schneller war (Bestzeit: 31:32) kein überragendes Resultat. Aber Pfeil war glücklich: "Ich hatte Tränen in den Augen."

Zum Läufer wurde Michael Pfeil durch einen verschossenen Elfmeter beim Fußballspiel. "Ausschlaggebend war ein verlorenes Aufstiegsspiel in der C-Jugend. Das haben wir im Elfmeterschießen verloren. Das war mein letztes offizielles Spiel", erzählt der ehemalige Mittelfeldspieler, der bereits mit sechs Jahren den Ball hinterherrannte. Von diesem Tag an konzentrierte sich Pfeil auf die Leichtathletik. Dort sah Pfeil die Chance, sich für Deutsche Meisterschaften zu qualifizieren. Das gelang ihm 2000, gleich in seinem ersten Jahr in der U18-Jugend.

Das Gefühl mit den besten Deutschen um nationale Titelehren zu laufen, erlebte Pfeil mehrmals. "Die Meisterschaft, mit der ich am zufriedensten bin, war die Junioren-DM 2005 in Rostock. Ich bin im Vor- und Endlauf fast exakt die gleiche Zeit gelaufen und Neunter geworden", erzählt Pfeil, der sich auch immer gerne an die DM-Teilnahmen mit der 3 x 1000-Meter-Staffel erinnert. Vor acht Jahren gewann er zusammen mit Marc Kowalinski und Carlo Schuff DM-Bronze. 2004 wurde die LGV mit Pfeil sogar deutscher U23-Vizemeister mit dem Halbmarathon-Team.

Seine Verletzung habe ihn für seinen Rücken sensibilisiert. "Das fängt schon beim Aufstehen an. Ich rolle mich über die Seite aus dem Bett wie ein Opa", sagt Pfeil lachend. Getränkekisten hebt er nur noch rückenschonend aus den Knien heraus. Auch das Rückentraining, unter Anleitung von Physiotherapeut Sebastian Bethge und seinem Team behält er bei. "Davon profitiert man auch beim Laufen", sagt Pfeil. Wie sehr, wird man im Bitburger-Lauf der Asse am Silvesternachmittag sehen. Um Traillauf-Vizeweltmeister Florian Neuschwander (Trierer Stadtlauf e.V.) die SWT-Bezirkswertung streitig zu machen, wird es wohl nicht reichen. "Der Silvesterlauf ist mein erster ernsthafter Wettkampf, bei dem ich alles geben werde", verspricht Pfeil allerdings.

Zu Person Michael Pfeil:
Geboren am 7. November 1984 in Gerolstein, aufgewachsen in Schüller (Vulkaneifelkreis)
Beruf: Polizist
Bestleistungen:
400 m: 51,58 Sekunden (2003)
800 m: 1:53,43 Minuten (2004)
1000 m: 2:30,44 Minuten (2003)
1500 m: 3:54,79 Minuten (2005)
3000 m: 8:33,70 Minuten (2009)
5000 m: 14:37,89 Minuten (2010)
10.000 m: 31:32,91 (2012)
10 km: 31:32 Minuten (2010)
Halbmarathon: 1:08:24 Stunden (2010)
Marathon: 2:27:03 Stunden (2010)

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