Der Laktattest: Kleiner Pikser, große Wirkung?

Wie lässt sich das Training gut lenken? Für Ausdauersportler kann der Laktattest Anhaltspunkte liefern. Über die Aussagekraft dieses Tests wird allerdings gestritten. Aus Sicht des Gustera ther Facharztes Dr. Bernd Belles ist er weiterhin eine zuverlässige und praktikable Methode zur Leistungsdiagnostik.

Was ist Laktat? Hierbei handelt es sich um ein Stoffwechselprodukt. Es entsteht, wenn die Energiebereitstellung im Körper "anaerob" ("ohne Sauerstoff") erfolgt. Dabei ist die Belastung des Körpers so groß, dass die beanspruchte Muskulatur zur Energiefreisetzung nicht hinreichend Sauerstoff zur Verfügung hat. In Gang gesetzt werden stattdessen biochemische Prozesse, für die kein Sauerstoff notwendig ist.
Im Gegensatz dazu erfolgt bei "aerobem" Training die Verbrennung von Kohlenhydraten und Fetten zur Energiegewinnung mit ausreichend Sauerstoff, der über die Atmung aufgenommen wird.
Das Maß für Laktat ist mmol/l ("Millimol"). Der Wert beschreibt die Laktat-Menge pro Liter Blut. Bei länger dauernden anaeroben Belastungen steigt die Laktatkonzentration im Blut trotz konstanter Intensität an. Der Muskel übersäuert und ermüdet.
Wie läuft ein Laktattest ab? Der Sportler - ausgerüstet mit Brustgurt und Pulsuhr - absolviert nacheinander vorher festgelegte Distanzen, zum Beispiel auf einem Laufband oder einem Fahrradergometer. Am sinnvollsten ist eine sportartspezifische Belastung. Vor dem Start wird die Herzfrequenz festgestellt. Auf den Teilstrecken wird die Belastung (Geschwindigkeit) stufenweise nach einem festgelegten Protokoll gesteigert. Nach jeder Teilstrecke wird die Pulsfrequenz gemessen und ein Tropfen Blut entnommen, um mit einem chemischen Verfahren die Laktatkonzentration zu bestimmen.
Was wird beim Laktattest ermittelt? Die Laktatkonzentration dient in der Sportmedizin als Hinweis für die Ausdauerleistungsfähigkeit. Die höchstmögliche Belastungsintensität, bei der gerade noch ein Gleichgewicht zwischen Bildung und Abbau von Laktat besteht, bezeichnet man als anaerobe Schwelle. Als Messwert für diese Schwelle wurde in der Wissenschaft empirisch vier mmol/l Laktat festgelegt. Diese starre Festlegung entspricht aber meist nicht den individuellen Verhältnissen des Muskelstoffwechsels. Bei Untrainierten liegt der Wert an der Schwelle über vier, bei Leistungssportlern zwischen 2,5 und drei mmol/l. Exakter ist da die Bestimmung der individuellen anaeroben Schwelle mittels rechnerischen Methoden.
Zugleich wird die Herzfrequenz (Puls) an dieser Schwelle ermittelt. Daraus wiederum können - abgestimmt auf die jeweilige Sportart - Trainingsbereiche festgelegt werden.
Was wird kritisiert? Skeptiker sagen, dass mit den Laktattest-Erkenntnissen nicht erklärt werden kann, warum manche Sportler auf bestimmte Trainingsmethoden ansprechen und andere nicht (zum Beispiel auf ein Intervalltraining). Zudem gibt es für die Bestimmung der individuellen anaeroben Schwelle unterschiedliche Konzepte mit zum Teil abweichenden Ergebnissen.
Aus Sicht des Gusterather Sportmediziners Dr. Bernd Belles macht ein Laktattest (Kosten: in der Regel zwischen 100 und 250 Euro) dennoch Sinn: "Der Laktattest liefert zuverlässige Parameter zur Beurteilung der Ausdauerleistungsfähigkeit. Dank der Ergebnisse kann einem Sportler Sicherheit gegeben werden, in einem für sein Herz-Kreislaufsystem unbedenklichen Bereich zu trainieren. Zudem erlauben die Resultate die Optimierung der Trainingsbereiche und Belastungsintensitäten."
Fazit: Der Laktattest verspricht eine Hilfe zur Trainingssteuerung. Die Aussagekraft darf aber nicht überbewertet werden. Zudem gibt es Fehlerquellen: Klima, Stress, Temperatur, Tageszeit oder die Ernährung können Einfluss auf die Messergebnisse haben. Empfohlen wird daher die Kombination mit anderen Messungen, zum Beispiel der Atemgasanalyse. Ob sich der Aufwand lohnt, muss jeder Hobby- und Leistungssportler für sich selbst entscheiden. bl

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