EM-Experten-Kolumne: Was der Linze Paul nicht mehr hören kann

Ich kann das ganze negative Gerede darüber, dass die EM durch die Aufstockung auf 24 Teams an Qualität eingebüßt hat, so langsam nicht mehr hören. Natürlich gab es ein paar langweilige Spiele in der Vorrunde, aber die vielen vermeintlich "kleinen" Fußballnationen haben auch jede Menge Positives gebracht.

Länder wie Wales, Irland oder Ungarn sorgen durch ihre Fans für super Stimmung in und um die Stadien. Außerdem sind Wales und Ungarn in ihren Gruppen sogar Tabellenerste geworden, sie haben also auch sportlich für einige Höhepunkte gesorgt. Irland hat im Achtelfinale gegen Frankreich jetzt mal so gar nichts zu verlieren. Die Franzosen stehen unter enormem Druck, sie müssen unbedingt gewinnen. Irland dagegen kann ganz locker aufspielen. Wer weiß, vielleicht sorgen sie ja für eine Überraschung - was gibt's denn Schöneres?

Natürlich hätte ich vor kurzem auch niemals gedacht, dass sich Wales und Nordirland im Achtelfinale einer EM treffen. Am Samstag werde ich mir das Duell aber auf jeden Fall anschauen. Es wird sicher nicht der qualitativ beste Fußball zu sehen sein, aber beide Teams werden kämpfen bis zum Umfallen und auf den Rängen wird die Stimmung super sein. Deutschland wird sich gegen die Slowakei locker durchsetzen. Ich rechne mit einem 3:0. Ich habe das Gefühl, dass die Jungs so langsam richtig heiß werden und die Chancen, die sie sich gegen Nordirland herausgespielt haben, nun auch verwandeln werden. Besonders freue ich mich im Achtelfinale auf die Partie Kroatien gegen Portugal.

Die Kroaten haben eine unglaublich hohe Qualität im Team - Mandzukic, Modric, Rakitic, Perisic. Ich habe die auf dem Zettel, mit ein bisschen Glück können die bei der EM noch Großes erreichen. Was mich in den letzten Tagen ziemlich genervt hat, war die Debatte über Joachim Löw und seinen Griff in die Hose. Die Debatte ist lächerlich. Als Trainer steht man am Seitenrand so unter Druck, dass man manchmal gar nicht merkt, was man da so alles macht. Während meiner Zeit als 2. Liga-Trainer stand man auch schon unter Beobachtung, wenn auch nicht in diesem Maße wie heute. Aber auch damals hieß es dann oft: "Muss der Linz so oft auf den Boden spucken?" Ich finde es schlimm, dass die Trainer so unter Beobachtung stehen - ich bin froh, dass das in der Oberliga anders ist.

Paul Linz (60) spielte als Aktiver unter anderem für Werder Bremen, Waldhof Mannheim und den VfL Osnabrück. Als Trainer führte er Eintracht Trier 2002 in die zweite Bundesliga. Auch bei LR Ahlen, den Stuttgarter Kickers und dem SV Meppen stand der Trierer als Trainer unter Vertrag. Aktuell trainiert Linz Oberligist FSV Salmrohr. In der täglichen TV-Experten-Kolumne schreiben Klaus Toppmöller, Paul Linz, Philipp Wollscheid, Jeff Strasser, Sven Voss, Herbert Fandel und Edgar Schmitt abwechselnd über die EM 2016. Hier geht es zu allen Beiträgen.

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