Geisterstadt-Champions

Keine 2000 Einwohner hatte die Gemeinde Salmtal, als der Ortsteil-Club FSV Salmrohr 1986 in die zweite Fußball-Bundesliga aufstieg. Damit ist Salmrohr bis heute der kleinste Ort, der in der eingleisigen zweiten Liga unterwegs war - wenn auch nur für ein Jahr.

Deutlich weniger Einwohner hat Agdam, 4000 Kilometer südöstlich von Salmtal gelegen. 360 sollen es aktuell sein, aber das weiß wohl niemand so genau. Trotzdem kennen viele Fußball-Fans inzwischen den Ort, zumindest den Namen: Der FK Karabach Agdam spielt in dieser Saison sensationell in der Champions League - in einer Gruppe mit dem FC Chelsea, dem AS Rom und Atletico Madrid. Das ist ein kleines Fußball-Wunder: Es ist der erste aserbaidschanische Club in der Königsklasse. Agdam Karabach warf in den Play-offs den FC Kopenhagen aus dem Wettbewerb. Reiselustige Chelsea- oder Roma-Fans müssen Agdam aber gar nicht erst auf der Karte suchen. Der Club ist seit Jahren in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku zu Hause, nur der Name erinnert an die ursprüngliche Heimat. Der Umzug hat einen ernsten Hintergrund: Agdam wurde 1993 von armenischen Truppen besetzt - und die Stadt, die damals knapp 30 000 Einwohner hatte, wurde fast vollständig verlassen. So gilt Agdam inzwischen als Geisterstadt. Den Namen wird man aber trotzdem immer wieder hören - zumindest bis die Gruppenspiele in der Champions League vorbei sind.
a.feichtner@volksfreund.de

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