"Höhepunkt der letzten Jahrzehnte"

Luxemburg · Fußball-WM-Qualifikation: Während Luxemburg über den sensationellen Punktgewinn in Frankreich jubelt, sorgt bei Oranje ein Video für Unmut.


Luxemburg (AF/dpa) Eigentlich war seine Länderspielkarriere schon beendet, nach 85 Einsätzen für Luxemburg. Aber Torhüter Jonathan Joubert, 37, ließ sich doch noch mal von Nationaltrainer Luc Holtz überzeugen. Der hatte vor den WM-Quali-Duellen gegen Weißrussland und in Frankreich massive Verletzungssorgen, nicht nur im Tor. Joubert kehrte zurück - und wie! Kein Gegentor beim 1:0 gegen die Weißrussen und dem sensationellen 0:0 in Toulouse am Montagabend. Und vier Punkte mehr - auch dank der überragenden Reflexe des Torhüters von Düdelingen. "Wir haben mit unseren eigenen Waffen gespielt, nämlich Herz und Leidenschaft", sagte Joubert nach seinem wohl endgültigen Nationalelf-Abschied. Schon vor der Frankreich-Partie hatte er gegenüber der Zeitung L'Essentiel angekündigt: "Das Schicksal wollte wohl, dass ich für diese beiden Spiele zurückkomme." Das luxemburgische Tageblatt kommentierte nach dem ersten Erfolgserlebnis gegen Frankreich seit über 100 Jahren: "Luxemburgs talentierte Generation (...) wehrte sich mit allem, was man zu bieten hatte. Am Ende stand der Höhepunkt der letzten beiden Jahrzehnte. Legendär!"
Beim Punktgewinn in Frankreich war zwar etwas Glück im Spiel. Andererseits hatten die Roten Löwen bei einem Konter zehn Minuten vor Schluss die Möglichkeit, das Spiel bei einem potenziellen WM-Mitfavoriten sogar zu gewinnen. Der eingewechselte Gerson Rodrigues traf frei vor Torrhüter Hugo Lloris nur den Pfosten. "Frankreich ist zurück auf dem Boden", meinte France Football am Montag und L'Équipe prophezeite gar einen "heißen Herbst". 34 Torschussversuche, kein Treffer der Mannschaft von Didier Deschamps. Lloris mahnte: "Wir müssen ruhig bleiben." Am Donnerstag hatten die Franzosen noch mit 4:0 die Niederländer abgefertigt.
Für Oranje lief es am Sonntag zwar etwas besser. Aber auch dort blieb die Freude über den zwingenden Pflichtsieg auf dem Weg zur WM nicht ungetrübt. Ein Video aus der Kabine nach dem 3:1 (1:0) gegen Bulgarien am Sonntag in Amsterdam sorgte für Unverständnis. Denn gedreht und per Twitter veröffentlicht wurde es von Co-Trainer Ruud Gullit. "Das finde ich sehr seltsam, und das werde ich ihm auch sagen", betonte Oranje-Chefcoach Dick Advocaat. Ein ernstes Wort scheine ihm angebracht zu sein. Die Kabine ist Heiligtum.
"Ein fantastisches Spiel", hatte Gullit völlig begeistert in seine Handy-Kamera gesagt und einige der nur noch mit ihren kurzen Hosen bekleideten Oranje-Stars gefilmt. Die Stimmung in der Kabine im Stadion von Amsterdam war ansonsten gut, aber auch nicht überschwänglich. Denn gewonnen haben die Holländer trotz des Sieges noch nichts. Der Kolumnist des Algemeen Dagblad findet: Oranje sei wie eine junge Ente, "lahm auf dem rechten Flügel, während sie mit dem linken mutig flattert."
Ein echter Höhenflug wird aber vom Team um Kapitän und Torschütze Arjen Robben nötig sein, um dem kleineren Nachbarn Belgien, der als sechstes Team das Ticket für die WM 2018 in Russland löste, zu folgen. Dritter sind sie in Gruppe A mit 13 Punkten.

Vor den Niederländern stehen die Schweden um Leipzigs Emil Forsberg. Sie zeigten sich nach der 2:3-Pleite gegen Bulgarien beim 4:0 über Weißrussland bestens erholt. Schweden einen Punkt hinter Frankreich und drei vor Robben & Co. Auch eine gefährliche Konstellation. "Bleibt uns der Jubel im Hals stecken?", fragte Aftonbladet am Montag. Am zehnten Spieltag kommt es am 10. Oktober in Amsterdam zum Showdown mit den Niederländern.
So wie zwischen Europameister Portugal und der Schweiz - in Gruppe B geht es zwischen diesen beiden Nationen in Portugal dann allerdings um Platz eins. Die Schweizer feierten mit dem 3:0 in Lettland den achten Sieg im achten Spiel. Portugal kommt dank des mühevollen 1:0 gegen die Ungarn auf 21 Punkte. "Sehr wichtiger Sieg", schrieb Ronaldo bei Insta gram.
Pressestimmen nach dem 0:0 gegen Luxemburg.L'Equipe "Europa wird sich lustig machen und wir werden uns Sorgen machen. (...) Nie hätte man sich vorstellen können, dass Frankreich so tief sinken könnte.” Le Monde "Die Franzosen haben alles versucht gegen Luxemburg. (...) Die Verteidigung des Großherzogtums war homogen und mutig." Tageblatt (Luxemburg) "Die 100 mitgereisten Fans feierten mit ihren Helden - aus Niederkorn, Düdelingen oder Differdingen. Nicht aus Barcelona, Paris oder Monaco. Es war ein historischer Abend, der wohl für lange Zeit seinesgleichen suchen wird."

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