Im Kindergarten wird es manchmal laut

Amsterdam/Gelsenkirchen · Befindlichkeiten hier, beleidigte Spieler dort: Der Umgang mit Fußballprofis - vor allem den erfolgreichen - ist nicht immer leicht. Das bekommen gerade auch die Bundesligaclubs Borussia Dortmund und FC Schalke 04 zu spüren.

Amsterdam/Gelsenkirchen. Im Erfolg, so scheint es, entstehen erst die richtigen Probleme. Diese Erfahrung macht der FC Bayern München seit mehr als drei Jahrzehnten immer wieder einmal. Die Bezeichnung FC Hollywood wurde sogar ein Synonym für den Rekordmeister, bei dem seinerzeit Stars wie Jürgen Klinsmann den Verantwortlichen auf der Nase rumtanzten. Uli Hoeneß & Co. kennen das Getue der Stars und nehmen das oftmals egoistische Verhalten mit größtmöglicher Gelassenheit hin. Das regelmäßige Tohuwabohu hat den FC Bayern neben den Titeln auch zu dem gemacht, was er ist: ein großer Club mit Unterhaltungswert.
Die Revier-Rivalen Borussia Dortmund und Schalke 04 sehen sich neuerdings auch einem derartigen Zirkus verstärkt ausgesetzt, doch es fällt zusehends schwerer, die Ruhe im Kader zu wahren. Besonders in Dortmund scheren Spieler immer öfter aus, seitdem der Meister das nationale Geschehen seit zweieinhalb Jahren bestimmt. Jüngst meckerte Ivan Perisic über mangelnde Einsatzzeiten und brach die im Verein festgeschriebene Omerta. Nichts darf nach außen dringen. Jürgen Klopp wurde deutlich. "Fresse halten" sei besser, alles andere "Kindergarten", schimpfte er. Noch habe sich niemand in die erste Elf geredet, sagte er und stellte Perisic dennoch gegen Fürth überraschend in der Stammformation auf.

"Bei einer Ansammlung sehr guter Spieler, wo auf jeder Position ein Konkurrenzkampf herrscht, gibt es immer einige, die unzufrieden sind. Man muss damit nur sehr professionell umgehen und nicht den Weg über die Medien suchen. Das haben wir klargestellt", sagte Sportdirektor Michael Zorc. BVB-Geschäftsführer Hans Joachim Watzke ist sich sicher, der Vorfall sei "eine einmalige Sache". "Unsere Spieler müssen akzeptieren können, dass es Konkurrenzsituationen gibt und nicht jeder immer spielen kann", sagte er.
Die Kaderplanung und das Handling des Personals sind im Erfolgsfall dynamische Prozesse. Für hoch talentierte Spieler wie seinerzeit Shinji Kagawa ist es anfänglich anregend, regelmäßig vor über 80 000 Zuschauern zu spielen. Aber nach drei Titeln wurde es dem Japaner zu eng. Manchester United hört sich noch schöner an als Borussia Dortmund, dieser Club findet in Japan noch mehr Beachtung als der BVB.
Nuri Sahin, einer der Meisterhelden von 2011, war vorher dem Ruf von Real Madrid gefolgt. Ohne dort glücklich geworden zu sein, landete der vor zwei Jahren noch als bester Bundesliga-Spieler gefeierte Mittelfeldmann beim nur noch mittelmäßigen FC Liver pool, wo er auch nicht zum Stammpersonal gehört.
Zeichen stehen auf Abschied


Zu eng scheint es nun auch Robert Lewandowski zu werden. Der Torjäger ist in das Visier englischer Clubs geraten. In seinem Fall nimmt der Berater keine Rücksicht, dass er mit Abwanderungswünschen seines Klienten für Unruhe beim aktuellen Arbeitgeber sorgt. Lewandowski spielte den Unwissenden: "Manchmal ist mir das ein bisschen zu viel von beiden Seiten. Ich weiß gar nicht, wer da mit wem gesprochen haben soll." Es deutet sich an, dass Lewandowski seinen bis 2014 laufenden Vertrag nicht verlängern wird. Nach den Regeln der Branche muss er dann schon 2013 gehen, damit noch eine Ablöse kassiert werden kann.

Beim Rivalen Schalke läuft es bei wichtigen Personalfragen ebenfalls nicht wie erwünscht. Torschützenkönig Klaas-Jan Huntelaar hat seinen Vertrag bis zum Saisonende noch nicht verlängert. Englische Spitzenclubs haben Interesse angemeldet. Und auch Lewis Holtby, Sohn eines Engländers, zögert mit der Vertragsverlängerung, weil er in den Fokus der Premier League geraten ist. Manager Horst Heldt behauptet, er sei bei den Verhandlungen "in der Endphase", aber das sagte er bei Huntelaar auch schon einmal. Ein Störfaktor wie in der vorigen Saison, als monatelang der Verbleib von Raul fraglich war, soll vermieden werden. Dabei muss sich Heldt auch noch um den Trainer kümmern, da Huub Stevens Vertrag am 30. Juni 2013 endet.
Letztlich geht es allen, die ihre Clubs hinhalten, vor allem um eines: Ihr Zögern soll ihren Preis treiben und ihr Einkommen mehren.
Die Champions-League-Partien von Borussia Dortmund und dem FC Schalke 04 waren bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht beendet.

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