Nicht jeder kommt mit einem blauen Auge davon

Bad Bertrich · Dank einer ausgeklügelten Anatomie ist das menschliche Auge sehr gut vor äußeren Einflüssen geschützt. Dennoch sind Sportler vor Verletzungen in diesem Bereich nicht gefeit. Schädigungen können sich dabei als sehr gefährlich erweisen.

Bad Bertrich. An jenem Freitagabend änderte sich für Karol Bielecki binnen Sekunden das Leben. Es war der 11. Juni 2010. Der Rückraumspieler bestritt für Polen ein Handball-Länderspiel gegen Kroatien. Ein Zweikampf zwischen Josip Valcic und ihm endete alles andere als glimpflich. Ein Finger des Kroaten bohrte sich in das linke Auge von Bielecki. Zwei Mal wurde der Pole operiert, gerettet werden konnte sein linkes Augenlicht nicht. Das Schicksal des heute 30-Jährigen, der nach einer Rehabilitation weiterhin für die Rhein-Neckar-Löwen in der Handball-Bundesliga spielt, erschüttert. Gleichzeitig ist es ein extremes Beispiel für Augenverletzungen im Sport.
Serie "Sport ist Mord!...", Teil 6

 Dr. Lothar Brümmer, Facharzt für Chirurgie/Phlebologie und Notfallmedizin in Bad Bertrich. Foto: privat

Dr. Lothar Brümmer, Facharzt für Chirurgie/Phlebologie und Notfallmedizin in Bad Bertrich. Foto: privat


Gefahr durch Bälle, Schläger, Hände: Ursprung für die meisten Blessuren am Auge sind Prellungen. Sie entstehen durch auftreffende Bälle (etwa beim Squash, Tennis, Badminton, Minigolf, Fußball, Eishockey (Puck), Handball, Volleyball oder Basketball), durch Unfälle mit Schlägern (zum Beispiel in Rückschlagsport arten und im Hockey) sowie durch Stöße beziehungsweise Schläge mit der Hand oder dem Ellenbogen (Boxen, Wasserball).
Veilchen: Augenverletzungen können ein kleines oder großes Ausmaß annehmen. Ein blaues Auge ist zunächst einmal harmlos. Hierbei wird ein Hämatom - ein Bluterguss - unter der Haut sichtbar. "Bei einem Bluterguss werden durch einen Schlag, Stoß oder einen Zusammenprall Blutgefäße im Gewebe zerstört. Blut tritt in das umliegende Gewebe aus", erläutert Dr. Lothar Brümmer, Facharzt für Chirurgie/Phlebologie und Notfallmedizin in Bad Bertrich.
Beim blauen Auge platzen die Blutäderchen im Lidbereich. Es kommt zu einer Schwellung, die in den Farben rot und blau leuchtet. Ist ein Auge betroffen, wird von einem Monokelhämatom gesprochen.
Ringförmige Blutergüsse um beide Augen werden in der Medizin als Brillenhämatom bezeichnet. Häufig sind sie ein Hinweis auf eine ernste Verletzung: eine Schädelbasisfraktur.
Parallel-Verletzungen: Ein Veilchen tritt oftmals nicht isoliert auf. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass Golf-, Squash- oder Tennisbälle mit einem enormen Tempo durch die Luft fliegen können. Dr. Brümmer: "Wer einen Sportunfall am Auge erlitten hat, sollte direkt prüfen, ob er noch richtig sehen kann. Wer Beeinträchtigungen spürt, zum Beispiel ein Schlierensehen, oder eine Blutung am Auge erleidet, sollte direkt einen Arzt aufsuchen."
Durch Prellungen kann es zu Verletzungen am Augapfel und Lid sowie zu Blutungen und Rissen kommen. Sind Bälle die Ursache, gibt es interessante Unterschiede in den Fallzahlen: Kleine Bälle rufen meist Schäden im vorderen und mittleren Bereich des Auges hervor (Bindehaut, Regenbogenhaut, Hornhaut, Strahlenkörper, Linse). Große Bälle sind für Blessuren im hinteren Augenbereich (Netz- und Aderhaut, Sehnerv) verantwortlich. Auslöser für Brüche der knöchernen Augenhöhle sind Studien zufolge oftmals Schläger, aber auch Faustschläge.
"Das Ausmaß der Verletzungen am Auge ist für den Laien nicht unbedingt einzuschätzen. Wenn es bei einem Bruch der knöchernen Augenhöhle zur Einklemmung der Augenmuskeln kommt, ist eine frühzeitige Operation erforderlich. Die meisten Augenverletzungen beim Sport erfordern eine fachärztliche Behandlung. Leider verbleiben vielfach auch Dauerschäden", sagt Dr. Brümmer.
Behandlung: Blaue Augen dagegen können Betroffene selbst behandeln. Spezielle Salben und Kühlung helfen. "Der Bluterguss klingt meist binnen ein bis zwei Wochen ab", sagt Dr. Brümmer.
Schutz: Was logisch klingt, ist auch wissenschaftlich bewiesen: Untersuchungen zeigen, dass Eishockey- und Squash-Spieler ihr Verletzungsrisiko am Auge bis zu 90 Prozent reduzieren, wenn sie einen Augenschutz tragen. Deshalb verwundert der Rat von Dr. Brümmer nicht: "Es empfiehlt sich unbedingt, in gefährdeten Sportarten einen geeigneten Augen - oder Gesichtsschutz zu tragen."

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