Sport Spochtipedia - Alles was Sport ist: Bodybuilding statt Chips und Couch (Video)

Trier/Wittlich · Was bringt einen dazu, mit dem Bodybuilding anzufangen? Der TV hat einen Europameister getroffen und so manch Überraschendes über den Sport erfahren.

Stärker gemacht hat ihn das alles. Das steht fest. Klingt irgendwie abgelutscht diese Formulierung, so nach tausend Mal gelesen. Den einen hat das stärker gemacht, den anderen das - blabla, denkt man sich, ist klar.

Im Fall von Manuel Meyer aber, da trifft es zu. Und wie. Manuel Meyer ist stärker geworden, seitdem ihm das alles passiert ist - ja, sicher auch seelisch, aber darum soll es in diesem Text hier nicht gehen. Nein, Meyer ist im wahrsten Sinne des Wortes stärker geworden, seitdem die Beziehung mit seiner Ex-Freundin damals im Jahr 2011 so plötzlich auseinanderbrach. Sein Körper ist ein anderer geworden. Mehr Muskeln, weniger Fett. "Das Beziehungsende", erzählt Manuel Meyer, "das war damals ein echter Knackpunkt. Da hat sich für mich was verändert. Ich wollte einfach etwas anders machen". Meyer macht alles anders. Doch dass er gut sechs Jahre später, im Juni 2017, mal Europameister im Classic Bodybuilding werden würde, das hätte er damals niemals gedacht.

Bis 2011 hat Meyer nicht viel am Hut mit Sport. Chips, Pizza, Abende auf der Couch - so sah das häufig aus beim heute 30-Jährigen. Dann beschließt er, sich im Fitnessstudio anzumelden. Erst mal, so erzählt der staatlich geprüfte Maschinenbautechniker, um sich das alles nur mal anzuschauen. "Ich hatte nicht den Plan, Bodybuilder zu werden, wollte einfach nur mal ein bisschen locker trainieren." Doch aus dem "locker trainieren" wird schnell mehr. Meyer findet Gefallen an der Arbeit mit den Gewichten, daran, wie sich seine Muskeln aufbauen, sein Körper immer athletischer wirkt. "Ich habe gemerkt, dass ich sehr empfänglich bin für den Muskelaufbau", erzählt der Wittlicher. Nicht jeder sei dafür gemacht, die Genetik, so betont Meyer, die sei das A und O. "Einen eher dünnen Läufertypen wirst du nur schwer zum Bodybuilder machen können."

Doch er hat die Gene. Seine 1,68 Meter, seine Arme, seine Beine - das alles sei wie gemacht fürs Bodybuilden, kriegt er in der Anfangszeit immer wieder zu hören. "Da habe ich mir irgendwann gesagt: Komm, du probierst das jetzt auch mal aus, ziehst das mal durch mit einem Wettkampf." 2013 ist das. Gesagt, getan: Manuel Meyer sucht sich einen eigenen Trainer in Hessen - "den brauchst du, denn so eine Vorbereitung alleine durchzuziehen, ist enorm schwer" (Meyer) - und bereitet sich gemeinsam mit ihm auf die Hessen- und Rheinland-Pfalz-Meisterschaft 2014 im hessischen Friedberg vor.

Vier Monate lang läuft die Vorbereitungsphase. Meyer kriegt einen Trainingsplan, arbeitet täglich eine Stunde im Fitnessstudio an den Geräten und muss alle drei Wochen bei seinem Coach in Hessen zum Formcheck auf der Matte stehen.

Doch da ist etwas, was ihn gerade in der Anfangszeit viel mehr mitnimmt: das dazugehörige Ernährungsprogramm. "In der sogenannten Diätphase, den Monaten vor einem Wettkampf", berichtet Meyer, "da verändert man seine Ernährung grundlegend, um das Körperfett zu reduzieren". In dieser Phase muss Meyer weniger essen, als der Körper verbraucht.

Gegensätzlich dazu die sogenannte Off-Season, die Zeit, in der mal kein Wettkampf ansteht. Diese wird dann dazu genutzt, Muskeln aufzubauen. Alle drei Stunden stehe eine Mahlzeit an, das Ganze bis zu achtmal am Tag - das ist auch in der Diät-Phase der Fall, nur in deutlich geringeren Portionen. "Wichtig ist in der Off-Season, mehr Nahrung aufzunehmen, als der Körper verbraucht." Meyer schwört auf sogenanntes Clean-Food, unverarbeitete Lebensmittel wie Reis oder Brokkoli. Hinzu kommen Eiweiß-Shakes.

Morgens um 7.30 Uhr steht die erste Mahlzeit an, um zehn Uhr die nächste, um 12 Uhr wieder eine und so weiter und so weiter. "Das letzte Mal nehme ich dann um 21 Uhr was zu mir, Quark mit Früchten und Proteinpulver zum Beispiel", erzählt der 30-Jährige. Zu Wettkampfzeiten wiegt Meyer um die 68 Kilogramm, in der Off-Season werden es schon mal 83 Kilogramm. Disziplin und eine gesunde Ernährung - das sei das Wichtigste. "Nur wenn du dich strikt an den Ernährungsplan hältst, kannst du etwas reißen, wenn nicht, kannst du es direkt vergessen. Du brauchst Willen und einen großen Anteil an Eigenmotivation." Meyer hat den Willen und die Eigenmotivation. Er zieht seine erste Wettkampf-Vorbereitung 2014 durch. Er lässt sich nicht abschrecken vom täglichen Training, auch nicht vom strikten Ernährungsplan und auch nicht vom Entwässerungs-Programm. "Das Entwässern beginnt eineinhalb Tage vor einem Wettkampf", berichtet Meyer, "es geht darum, das Wasser unter der Haut auszuscheiden, damit die Muskeln besser zur Geltung kommen".

Die Haut bekomme dann häufig die Konsistenz von Zeitungspapier, sagt Meyer. "Man kann sie dann richtig weit abziehen, das sieht schon immer sehr interessant aus - geht aber nicht anders." Um diesen Effekt zu erreichen, täuscht der Bodybuilder seinen Körper. Über mehrere Tage hinweg trinkt er bis zu zwölf Liter Wasser pro Tag, nimmt zudem Salze zu sich und muss dementsprechend häufig auf die Toilette. "Mein Körper denkt sich: ‚Oh, ich muss gar nichts mehr speichern, da kommt so viel rein.'" Doch dann, eineinhalb Tage vor dem Wettkampf, stoppt Meyer die hohe Flüssigkeitsaufnahme abrupt, trinkt plötzlich nur noch einen Liter am Tag. "Mein Körper realisiert das allerdings nicht so schnell, scheidet weiterhin viel Flüssigkeit aus, und ich trockne sozusagen langsam aus".
Mittlerweile hat sich der 30-Jährige europaweit einen Namen in seinem Sport gemacht. Spätestens seitdem er im Juni in Holland den Amateurtitel im Classic-Bodybuilding eintütete. Auch wenn er nicht von seinem Sport leben kann - "in Deutschland ist das fast unmöglich, für einen Wettkampf-Titel kriegt man im Amateurbereich vielleicht mal 200 Euro" (Meyer) - ist das Bodybuilding ein Teil seines Lebens geworden. Steht mal kein Wettkampf an, trainiert er sechsmal die Woche im Fitnessstudio Shape in Trier-Quint und achtet auf seine Ernährung. Meyer kennt die Bestandteile von Brokkoli, weiß, worauf es bei einem selbst gemachten Milchreis ankommt. "Das hat mich früher nie interessiert", gesteht der Mann aus Wittlich. Auch auf Zigaretten und Alkohol verzichtet er seit Jahren.

Wenn er jetzt bei einem Wettkampf auf die Bühne steigt, dann weiß er genau, was die Jury und sein Trainer und Förderer Ronnie Schürzeberg sehen wollen. "Mehrere Punkte sind wichtig", betont Meyer, "die Präsenz, die Posen, die Proportionalität der Muskelverteilung, das athletische Erscheinungsbild sowie als Letztes die Vaskularität, das ist die Sichtbarkeit der Blutgefäße. Es ist wichtig, dass die Adern gut zu sehen sind." Von großer Bedeutung seien zudem die antrainierten und sichtbaren Querstreifen auf den Muskeln. "Wenn du die nicht hast, dann hast du schon verloren."
Posen, Präsenz, Vaskularität, gesunde Ernährung - alles schön und gut. Aber wie steht Meyer denn zum Thema Doping? Sind illegale Mittel im Bodybuilding nicht an der Tagesordnung? Schließlich häufen sich die Meldungen über ambitionierte Hobby-Bodybuilder, die sich anabole Steroide auf Rezept in den Apotheken abholen und sich diese dann einwerfen oder spritzen, nur um schnell viele Muskeln aufzubauen.

Meyer hingegen betont: "Ich halte davon gar nichts, würde so etwas niemals nehmen." Zwar sei auch ihm schon mal Illegales angeboten worden, doch er sagt: "Wenn du diesen Sport ernsthaft betreibst, wenn du Ziele hast und dir die nötige Zeit dazu nimmst, dann brauchst du so ein Zeug nicht."

Genau das ist es auch, was er einem mit auf den Weg gibt, der so gar nichts mit Sport am Hut hat, so wie er damals, 2011, als es zu jenem Knackpunkt kam, der ihn bis heute so viel stärker gemacht hat: "Wenn sich einer überlegt, mit dem Bodybuilding anzufangen, dann sollte er sich Zeit nehmen, langsam anfangen und sich in einem Fitnessstudio einen Trainer suchen, der ihm in der Anfangszeit Tipps geben kann."Extra: WISSENSWERTES RUND UMS BODYBUILDING

(mfr) Arnold Schwarzenegger und Ralf Möller - wer denkt nicht an diese beiden Herren, wenn's ums Thema Bodybuilding geht. Sowohl Schwarzenegger als auch Möller übten den Sport jahrelang aus, bevor sie ihre Schauspielkarrieren starteten. Beide konnten allerdings nichts daran ändern, dass Bodybuilding weltweit nach wie vor ein Nischen-Dasein pflegt. Auch wenn es mittlerweile Teil der sogenannten World Games ist, eines mehrtägigen Wettkampfes in Sportarten, die nicht zum Wettkampf-Programm der Olympischen Spiele gehören. Reich werden Bodybuilder nicht durch ihren Sport. Auf den 17 weltweit wichtigsten Turnieren soll 2011 ein Gesamtpreisgeld von lediglich rund 1,3 Millionen Euro ausgeschüttet worden sein. Aus diesem Grund schließen viele Bodybuilder Sponsorenverträge ab oder eröffnen Fitnessstudios und Geschäfte für Nahrungsergänzungsmittel, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Die Sportler präsentieren ihre Körper im Rahmen von Wettbewerben. Dazu treten sie in unterschiedlichen Gewichts- und Größenklassen, getrennt nach Geschlecht und Alter, als Amateure und Profis an, bekleidet mit einem Posingslip bzw. einem Bikini. Dachverband in Deutschland ist der Deutsche Bodybuilding und Fitness Verband e.V. Infos unter www.dbfv.de sowie auf der Facebook-Fanseite von Manuel Meyer www.facebook.com/Ma.Me.official/



Der Sport von A bis Z:
Der TV stellt in der Serie "Spochtipedia - alles, was Sport ist!" jede Woche eine davon vor. Wie es geht, was man braucht und wie viel es kostet, erfahren Sie bei uns. Ganz nebenbei lernen Sie auch noch einige interessante Persönlichkeiten kennen. Lesen Sie am Mittwoch, 23. August, warum man beim Golfen immer schön locker bleiben soll.

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